Der erste Grundsatz von Fichtes 'Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre' (1794)

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GRIN Verlag, Mar 10, 2004 - Philosophy - 24 pages
Zwischenprüfungsarbeit aus dem Jahr 1996 im Fachbereich Philosophie - Philosophie des 17. und 18. Jahrhunderts, Note: sehr gut (1,3), Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Philosophisches Seminar), Veranstaltung: Interpretationskurs Fichte, Sprache: Deutsch, Abstract: Der § 1 der 'Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre' kann als Fokus jenes Denkens gelten, das die programmatische Bezeichnung einer "Grundsatzphilosophie" trägt. Ist es doch der Grundsatzcharakter selbst, der hier zum Grundsatz erhoben wird. Wie aber muss ein systembegründender Grundsatz beschaffen sein? Fichtes 'Begriffsschrift' nimmt ihren Ausgang bei dem Postulat, es müsste in einer Wissenschaft "mindestens Ein Satz gewiss seyn, der etwa den übrigen seyne Gewissheit mittheilte". Doch wird diese erste Bedingung noch erweitert: Der aufzustellende Grundsatz "kann seine Gewißheit nicht erst durch die Verbindung mit den übrigen erhalten, sondern muss sie vor derselben vorher haben." Erst "ein solcher vor der Verbindung vorher und unabhängiger von ihr gewisser Satz heisst ein Grundsatz". Sofern ein Grundsatz der absolut-erste eines Denksystems sein soll, muss er demnach nicht nur Gewissheit, sondern unbedingte, ja, schlechthin unbedingte Gewissheit vermitteln. Dieses letztgültig zu leisetn, stellt sich der § 1 der 'Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre' zur Aufgabe: "Wir haben den absolut-ersten, schlechthin unbedingten Grundsatz alles menschlichen Wissens aufzusuchen. Beweisen oder bestimmen läßt er sich nicht, wenn er absolut-erster Grundsatz sein soll." Es liegt notwendig im Begriff der Unbedingtheit, unmittelbar gewiss, nicht deduzierbar, lediglich auffindbar zu sein, denn ein Grundsatz, der sich begründen ließe, wäre nicht Grund-, sondern bereits Folgesatz und somit bedingt. Nun soll der gesuchte Grundsatz eine "Tathandlung" ausdrücken, und zwar eine solche, "die unter den empirischen Bestimmungen unseres Bewußtseins nicht vorkommt". Auch dies ist eine zwingende Bedingung des Unbedingtheitsattributs - wie nämlich könnte ein auf dinglich-objektiver Erfahrung beruhendes Wissenschaftsprinzip jemals unbe-ding-t sein? Andererseits muss dieses Wissensprinzip ein wissbares, d.h. bewusstseinsfähiges sein, soll es doch Gewissheit systematisierbar und nicht etwa Intuition erahnbar machen. Also darf Fichtes erster Grundsatz zwar nicht empirisch sein, er muss aber doch "allem Bewußtsein zum Grunde" liegen, es transzendental ermöglichen.
 

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