Die Psychanalyse Freuds: Verteidigung und kritische Bemerkungen

Front Cover
Deuticke, 1911 - Psychoanalysis - 110 pages
 

Other editions - View all

Common terms and phrases

Popular passages

Page 98 - ... dabei tätigen psychischen Mechanismen nichts prinzipiell Neues bedingt. Natürlich sind die drei Assoziationsweisen nicht scharf getrennt und wirken sie in concreto niemals einzeln, sondern zusammen. Beim logischen Denken bestimmt die Affektivität das Ziel. Da es genau genommen niemals identische, sondern nur ähnliche Erfahrungen gibt, sind auch die einfachsten Schlüsse, die man praktisch zu machen hat, in Wirklichkeit nur Analogieschlüsse, beruhen also auf Ähnlichkeitsassoziationen usw....
Page 81 - Wird nun aber auch die ursprünglich sexuelle Libido zu künstlerischer oder wissenschaftlicher Betätigung verwendet, so heißt das noch nicht, daß die Sexualität in ganz neuen Bahnen laufe und etwas schaffe, in etwas verwandelt sei, was vorher nicht vorhanden war. Hinter manchen Aussprüchen von Schülern Freuds scheint diese Ansicht zu stecken. Ich kenne aber für sie noch keinen Beweis. Es ist mir im Gegenteil wahrscheinlicher, daß die wissenschaftlichen oder ästhetischen Bestrebungen primär...
Page 77 - Konversionssyraptomen oder Zwangsideen usw. äußert. Den beiden Anschauungen liegen ungefähr die gleichen Tatsachen zugrunde; die spätere wird aber der dynamischen Vorstellung der Affekte leichter gerecht. Dagegen hat sie eine andere Konsequenz, die vielen nicht annehmbar erscheint : der Affekt wird also oft gar nicht als solcher übertragen, sondern nur die Quantität Energie, die er vertritt; unterdrückter Haß soll so zur Verstärkung der Liebe dienen können. Ich bin nun gegen einzelne Fälle...
Page 42 - Deutungen im wesentlichen von den Patienten selbst gegeben werden, durch eine Menge von Zusammenhängen mit den Symptomen verbunden sind, und auch darin, daß sie bis zu einem gewissen Grade von Patient zu Patient den gleichen Typus repräsentieren. Den nämlichen Irrtum begeht Weygandt, wenn er — übrigens mit anderen — meint, man könne dieselben Behauptungen wie von der Hysterie und der Dementia praecox, auch von anderen Psychosen aufstellen. Man kann es eben nicht, und wir schließen daraus...
Page 12 - Wenn es mir heute einfallen wollte, mit mathematischen und physikalischen Deduktionen zu behaupten, das Cystoskop sei ein falsch gebautes Instrument, das zu trügerischen Ergebnissen führen müsse, wäre es da eine Widerlegung, zu behaupten: ich verstände nicht zu cystoskopieren? Es müssten doch wohl vorerst die prinzipiellen Einwürfe geprüft werden.
Page 8 - Es ist mir nun sehr unwahrscheinlich, daß schon die erste Hälfte des Satzes richtig sei. Meines Wissens habe ich einen derartigen Vergleich zuerst gebraucht1), aber in einem ganz andern Sinne: Ich habe gesagt, unsere Gegner benehmen sich wie die Gegner von Semmelweis, die einfach verdammten, ohne nachzuprüfen. Und dieser Vergleich ist absolut zutreffend, wie ich nun an drei Beispielen gezeigt habe und noch weiter an anderen zeigen werde. Und...
Page 41 - ... würde hier, wo der zugrunde liegende Komplex der Störungen doch offenbar in dem Kohlendiebstahl zu suchen ist, wahrscheinlich die Lähmung in eine innere Beziehung zu der gleichzeitigen Festhaltung des Mannes gesetzt werden. Die halbseitigen Symptome müßten sich aus der Tatsache erklären, daß die Frau in Gemeinschaft mit ihrem Manne, als dessen Ehehälfte, die Delikte beging, das Kriechen unter das Bett würde auf die Flucht *) Diese Vergleiche stelle ich nicht an, um zu sagen, daß die...
Page 79 - Freud akzeptiert hat, macht man es ihm zum Vorwurfe, daß er Ethik, Religion, Kunst von der Sexualität ableitet. Vor Freud haben das aber ungestraft schon andere getan, z. B. v. Krafft-Ebing. Trotz allem dem bin ich noch nicht überzeugt, daß jede Betätigung in einer nicht direkt dem Broterwerbe dienenden Sache respektive die Begeisterung dafür ausschließlich auf sublimierten Affekten beruhe, die eigentlich der Sexualität angehören, aber von dieser auf andere Gebiete übertragen worden sind....
Page 93 - ... auch dann nicht, wenn sie in allerlei Konversionen und anderen Symptomen sich betätigen oder auf bewusste Ideen übertragen worden sind. Hier ist mir noch manches nicht klar. Dass sie sich bei der Dementia praecox nicht usurieren, weiss ich aus Krfahrung. Aber auch die Komplexe, die im Bewusstsein bleiben, können sich da von der Zeit der ersten Liebe bis ins höchste Alter erhalten. Das ist mir also kein Beweis für die Freud sche Auffassung.
Page 105 - Jahrbuch f. ps. u. ps. Forsch. 1910, S. 724 ff. bin noch nicht überzeugt, daß die Bedeutung des Traumes darin bestehe, den Schlaf zu hüten. Der Traum an sich, dh der Umstand, daß man träumt, kann für mich1) bis jetzt auch ein bloßes Ausfallssymptom sein. Der Inhalt des Traumes allerdings läßt sich nur im Sinne der Tiefenpsychologie erklären. Ich kann auch den Einwand eines Gegners nicht recht entkräften, daß die Traumarbeit nicht viel nutze, wenn, wie so oft*) die unangenehmen Affekte...

Bibliographic information