Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft, Volume 10

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Popular passages

Page 276 - Ebenso war mir ein Volksmärchen in die Hände gefallen, wo die letzte Enkelin eines alten Geschlechtes vermöge ihrer Ähnlichkeit mit der als Gespenst umwandelnden Urmutter zu den schauerlichsten Verwechslungen Anlaß gab, indem ihr Liebhaber einmal das Mädchen für das Gespenst, dann wieder, besonders bei einer beabsichtigten Entführung, das Gespenst für das Mädchen nahm.
Page 73 - Wünsche weichen scheu zurück; Und wie der Mann, der Abends blickt gen Himmel, Im Zwielicht noch, und nichts ersieht als Grau, Farbloses Grau, nicht Nacht und nicht erleuchtet; Doch schauend unverwandt, blinkt dort ein Stern Und dort ein zweiter, dritter, hundert, tausend, Die Ahnung einer reichen, gotterhellten Nacht, Ihm nieder in die feuchten, selgen Augen. Gestalten bilden sich und Nebel schwinden, Der Hintergrund der Wesen...
Page 78 - Keinem ist beständig das Glück. Am wenigsten dem Übermütigen, auch nicht dem Ängstlich bemühten es zu erhalten. Die Enttäuschungen beider sind bitter. Am gelindesten nimmt es noch Abschied von dem, der sich in den Lauf der Dinge fügt, und ohne Unrecht genießt.
Page 40 - Sag: er war Alles ! Was noch übrig blieb, Es sind nur Schatten; es zerfällt; ein Nichts. Sein Atem war die Luft, sein Aug die Sonne, Sein Leib die Kraft der sprossenden Natur, Sein Leben war das Leben, deines, meins, Des Weltalls Leben. Als wirs ließen sterben, Da starben wir mit ihm. Komm, läßger Freund, Komm, laß uns gehn mit unsrer eignen Leiche.
Page 276 - Mandrin, glaub' ich, die Art seiner Gefangennehmung gelesen. Von den Häschern verfolgt, flüchtete er in ein herrschaftliches Schloß, wo er mit dem Kammermädchen ein Liebesverhältnis unterhielt, ohne daß diese, ein rechtliches Mädchen, ahnte, welch einem Verworfenen sie Kammer und Herz geöffnet hatte. In ihrem Zimmer wurde er gefangen. Der tragische Keim in diesem Verhältnis, oder vielmehr in dieser Erkennung, machte einen großen Eindruck auf mich«').
Page 272 - Die Griechen waren weit entfernt, mit der Idee von Fatum einen bestimmten abgeschlossenen Begriff zu verbinden.
Page 61 - Nicht die Ideen machen den eigentlichen Reiz der Poesie aus: der Philosoph hat deren vielleicht höhere: aber daß die kalte Denkbarkeit dieser Ideen in der Poesie eine Wirklichkeit erhält, das setzt uns in Entzücken. Die Körperlichkeit der Poesie macht sie zu dem, was sie ist, und wer sie, wie die Neuern, zu sehr vergeistigt, hebt sie auf.
Page 54 - Theorie; die Kritik muß mir jetzt selbst den Schaden ersetzen, den sie mir zugefügt hat — und geschadet hat sie mir in der Tat; denn die Kühnheit, die lebendige Glut, die ich hatte, ehe mir noch eine Regel bekannt war, vermisse ich schon seit mehreren Jahren.
Page 121 - Schillers fruchteten zu nichts; er wollte diesem sogar- seine Gründe auf das breiteste auseinandersetzen. Das brachte Schiller aus seiner würdevollen Ruhe heraus und er rief voller Zorn: „Ei was! mache Sie's, wie ich's Ihne sage und wie's der Goethe habbe will. Und er hat Recht — es ischt 10 ä Graus, des ewige Vagiere mit dene Hand und das Hinaufpfeife bei der Rezitation!
Page 114 - ... aufgemuntert, er leidet vielmehr dadurch und sieht selbst recht wohl ein, daß die Quelle dieser Verehrung nicht die reinste ist; denn diese eiteln Menschen bedienen sich seines Namens nur als eines Paniers gegen ihre Feinde, und es ist ihnen im Grunde nur um sich selbst zu tun. Dieses Urteil, das ich Ihnen hier niederschreibe, ist aus Goethes eigenem Munde, in diesem Tone wird zwischen ihm und mir von den Herren Schlegel gesprochen.

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