Sagen polnischer Juden

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B. Harz, 1920 - History - 220 pages
 

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Popular passages

Page 13 - Berge, holte tchm und verkaufte ihn an die Dorfleute; damit verdiente sie ihren tebensunterhalt, während der Mann, der tagelang fastete und sonst auch nichts als trockenes Brot aß, fast nichts brauchte. Die Gegend, in der sich der junge Bescht aufhielt, war herrlich : inmitten hoher Felswände, dunkler Wälder tiefer Taleinschnitte, reißender Ströme und Wasserfälle, weicher grüner Wiesen, Angesicht zu Angesicht mit der Natur verbrachte er seine Tage in voller Einsamkeit, in tiefe Gedanken versunken;...
Page 14 - Rutower versuchte, den Schwager in seinem Hause zu beschäftigen; da er aber auch dazu nicht taugte, pachtete er für ihn ein Wirtshaus in der Nähe von Rutow, am Ufer des Pruts. Die Frau versah die Wirtschaft, und der Mann verbrachte wieder ganze Tage und Nächte in der Einsamkeit, in einer Hütte, die er sich im Walde am Prutufer gebaut hatte, im Gebet und im Studium der Rabbala. Manchmal kam er nach Hause, half seiner Frau in der Wirtschaft und bediente die Reisenden wie ein gewöhnlicher Gastwirt....
Page 92 - Da du keine Bitte an mich hast, so möchte ich dich um etwas bitten, aber du sollst mir meine Bitte nicht abschlagen." Und der Pächter sprach: „Ich werde ganz gewiß alles tun, was ich für den Rabbi tun kann.
Page 17 - Gedanken von allen unvollkommenen und zufälligen Dingen zur Wurzel und zum Urquell aller Dinge — zu Gott zu erheben. Darauf beruht Beschts Optimismus: es gibt nichts Böses, denn alles kommt von Gott. Was wir für das Böse halten, ist nur eine niedere Stufe des Guten. Daher muß der Mensch immer freudig sein, er darf seinen teib nicht peinigen und muß Gott in Frohsinn und nicht in Tränen dienen; nur solche Tränen sind gut, die aus übervollem Herzen kommen. Diese Anschauung war ein Protest...
Page 94 - Und alle lachten darüber, doch der Scherz wurde zur Wahrheit. Es kamen Iungen aus der Großen Schul gelaufen und riefen: „Gut Glück! Die und die teute sind zu Gemeindevorstehern erwählt worden." Der Pächter fragte noch einmal nach den Namen und hörte die gleichen Namen, die auf dem Briefe standen. Und er war sehr verwundert und beriet mit den teuten, was er nun tun solle. Und die alten teute sagten ihm: „Warte eine Weile, bis die Gemeinde sich aus der Gemeindestube entfernt hat, wohin man...
Page 20 - Bedauert mich nicht: ich gehe zu der einen Türe hinaus und zu einer andern Türe hinein. Doch ihr seid zu bedauern, denn euer Verlust ist unermeßlich.
Page 17 - Religiosität erfüllt war. 4. Nicht das Thora- und Talmudstudium ist erstrebenswert, sondern die innige Verschmelzung mit Gott; nicht die peinliche Befolgung der zahllosen rituellen Vorschriften und Verbote, von denen das ganze jüdische Leben umgarnt ist, ist gottgefällig, sondern nur die innerliche, heiße Inbrunst. Doch, die Wissenschaft ihrer selbst wegen betrieben, das Studium zwecks Schärfung des Geistes, ist eine kalte und trockene Sache und stammt vom Satan, der auf diesem Wege jüdische...
Page 15 - Es muß leider festgestellt werden, daß der Erfolg Rabbi Baal-Schems unter der großen Masse der Iudenschaft mehr auf seinem Wunderwirken als auf den ideellen Seiten seiner tehre beruhte. Darin glich er wohl allen großen Religionsstiftern. Rabbi Israel stand mit seinem ganzen Wesen der großen Masse des Volkes nahe. Er war von dem Glauben an die Wunderwirkung des vom Reinen und Frommen angerufenen göttlichen Namens, ebenso wie an das eigene Vermögen, die göttlichen Rräfte zu lösen, tief durchdrungen....
Page 204 - Er sagte ihm, daß die Hochzeit noch in dieser Woche sein müsse und daß daher keine Zeit bleibe, neue Brautkleider anzufertigen. Der Rabbi tröstete ihn und sagte, daß der Herr, gelobt sei sein Name, ihm sicher helfen werde, die gestohlenen Sachen wiederzufinden. Der Brautvater fuhr heim und hoffte den ganzen Montag, die Sachen wiederzubekommen. Am Dienstag fuhr er wieder zum Rabbi und sagte, daß er die Sachen noch immer nicht gefunden habe und daß die Hochzeit morgen oder übermorgen stattfinden...
Page 32 - Reise anzutreten. Er hatte aber gar kein Geld und wanderte daher zu Fuß von Stadt zu Stadt, bis er in Razimierz anlangte, wohin ihn der heilige Rabbi geschickt hatte. Es ist ja allgemein Sitte, daß, wenn ein Armer in eine Stadt kommt, er sich zuallererst in ein Bethaus begibt, um dort auszuruhen. Und wie der Gelehrte in ein Bethaus kam, traf er dort sehr viele Menschen, und er begann sie sofort nach dem Handwerker auszufragen, von dem ihm Baal-Schem gesprochen hatte. Die teute sagten ihm aber:...

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