Satiren, Volumes 1-2

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Page 13 - ... wir würden, wenn diese strengen Regeln beobachtet werden sollten, ein paar hundert Satirenschreiber weniger haben. Aber, das ist auch in der Tat alles, was man dem Vaterlande nur wünschen kann. Solange dieser Wunsch unerhört bleibt, so lange haben die Verfasser die meiste Schuld, daß die Satiren so vielen Lesern verdächtig sind. Kein Pasquillant ist zu lasterhaft, er flüchtet sich hinter die Satire. Er schämt sich nicht, dem Unschuldigen Laster anzudichten, aber ein Pasquillant zu heißen,...
Page 127 - Besonders zweyerley wird dabey erfordert. Sie müssen in die Augen fallen, und unerwartet seyn. Jenes geschieht, wenn man sagt, was andre schon gesagt haben, oder kunstmäßig zu reden, wenn man die Alten und Neuen fein häufig anführt, und die Gelehrten, welche gegen alle vier Winde wohnen, citirt. Das Unerwartete hingegen besteht darinnen, wenn ich Sachen sage, welche kein Mensch in meinen Anmerkungen suchen würde.
Page 4 - eine Schmähschrift, wo man, ohne sich zu nennen, den ehrlichen Namen des andern zu verunglimpfen und ihm Laster oder Verbrechen anzudichten sucht" ; (dagegen suche die Satire) „nur die Laster der Menschen und das Lächerliche einer thörichten Aufführung durch Spotten kennbar zu machen, um anderen einen Ekel davor beizubringen und womöglich die Lasterhaften selbst tugendhaft zu machen
Page 33 - Nachwelt zu schreiben) erlangen? Ich glaube es nicht. Unsre Satire wird nur denen gefallen, welche den lächerlichen Menschen kennen, den wir züchtigen. Wollen wir diesen Thoren mit verewigen? Wird die Nachwelt, die von ihm nichts mehr weis, als was wir von ihm gesagt haben, mit eben dem...
Page 18 - es giebt in allen Standen Thoren, aber die Klugheit erfordert, daß man nicht alle tadle; ich werde sonst durch meine Uebereilung mehr schaden als ich durch meine billigsten Absichten nützen kann. Der Verwegenheit Derer will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel bis an den Thron des Fürsten dringen und die Aufführung der Oberen verhaßt oder lächerlich machen wollen. Ist es nicht ein innerlicher...
Page 35 - Toren ihrer Zeit. Schildre ich das Laster allgemein, so liest der Enkel den Charakter eines Lasterhaften, er vergißt, daß dieser schon vor hundert Jahren gestorben ist, und sucht ihn in seiner Stadt.
Page 12 - Beschimpfung die Person desjenigen auszustellen, welcher lasterhaft ist, und noch tugendhaft werden kann. Er muß eine edle Freude empfinden, wenn er sieht, daß sein Spott dem Vaterlande einen guten Bürger erhält, und einen andern zwingt, daß er aufhöre, lächerlich und lasterhaft zu seyn.
Page 187 - Versen ab ; und wenn ich dieses that, so empfand ich bey mir selbst eine doppelte Wohllust. Allein, meine Ehrlichkeit, mein Eifer für die Wahrheit, meine billigsten Absichten wurden schlecht belohnt. Man mied meine Gesellschaft, man verachtete, man verspottete, man verabscheute mich, und ich erfuhr, daß einige sich verschworen hatten, mich öffentlich zu beschimpfen.
Page 225 - Ein fleißiger Mann. Er war in Sammlung und Lesung alter Bücher unermüdet, lebte in seiner Studierstube zwey und siebenzig Jahre, und ward nach seinem Tode nicht vermißt, weil er in seinem Leben der Welt mit nichts genutzt hat. Unter seinen Papieren hat man einen Aufsatz gefunden, welcher den Titel führet: Unumstößlicher Beweis, daß ein gründlich Gelehrter nicht für andre Leute, sondern nur für sich erschaffen...
Page 12 - Bürger erhält, und einen andern zwingt, daß er aufhöre, lächerlich und lasterhaft zu seyn. Er muß die Welt und das ganze Herz der Menschen, aber vor allen Dingen muß er sich selbst kennen. Er muß liebreich seyn, wenn er bitter ist. Er muß mit einer ernsthaften Vorsicht dasjenige wohl überlegen, was er in einen scherzhaften Vortrag einkleiden will.

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