Untertanendisziplinierung durch weltliche Strafjustiz? Zur Kriminalitätsgeschichte der Frühen NeuzeitStudienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,0, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Sprache: Deutsch, Abstract: EINLEITUNG Unter Berufung auf Max Webers Rationalisierungstheorie hat der deutsche Historiker Gerhard Oestreich (1910 – 1978) in den späten 1960er Jahren die Frühe Neuzeit als eine Epoche der „Sozialdisziplinierung“ charakterisiert, an deren Ende die Lebensführung eines jeden Untertanen nahezu vollständig den rigorosen Normen der neuen territorialstaatlichen Policeygesetze unterworfen worden sei. Aus dem Arsenal der herrschaftlichen Implementierungsmaßnahmen habe wiederum besonders die verschärfte strafrechtliche Sanktionierung von abweichenden Verhaltensweisen dazu beigetragen, dass der sich ab dem 16. Jahrhundert herausbildende „Polizei- und Ordnungsstaat“ vorrangig die untersten Schichten der Bevölkerung dauerhaft zu einem gottesfürchtigen und obrigkeitskonformen Lebenswandel zu erziehen vermochte.1 Auf den folgenden Seiten soll nun erörtert werden, ob dieses lineare Disziplinierungskonzept auch einer kriminalitätsgeschichtlichen Überprüfung standhält. Als ein Zweig der allgemeinen Sozialgeschichte befasst sich die historische Kriminalitätsforschung mit der Untersuchung devianten Verhaltens in der Vergangenheit, wobei ihre Aufmerksamkeit vor allem den Spannungen zwischen „Normen, Instanzen und Medien sozialer Kontrolle“ auf der einen und „gesellschaftlichen Handlungsdeterminanten und sozialen Lagen“ auf der anderen Seite gilt. Zugleich dient ihr das variable soziokulturelle Konstrukt „Kriminalität“ als ein wesentlicher Indikator zur Ermittlung von gesamtgesellschaftlichen Zuständen und geschichtlichem Wandel. Angeregt durch entsprechende Arbeiten englischer bzw. französischer Sozialhistoriker hat seit Anfang der 1990er Jahre auch die deutsche Kriminalitätsgeschichtsforschung ihre einstige „Staatszentriertheit“ zunehmend abgestreift und sich stattdessen verstärkt kultur- und sozialgeschichtlichen Fragestellungen zugewandt. Ihre bisher veröffentlichten, erstmals insbesondere auf der Auswertung von Gerichtsakten basierenden Studien über einzelne Regionen, Territorien, Städte oder Gemeinden gewähren mittlerweile immerhin einige exemplarische Einblicke in die Kriminalitätsgeschichte des Alten Reiches. |
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Absolutismus Aktenkundig und gerichtsnotorisch Alten Reiches Andreas BLAUERT Außergerichtliche Einigungen Beiträge zur Sozial Bevölkerung Delinquenten Diebe Dieter SIMON Hg Dörfliche Gesellschaft DÜLMEN Ehebrecher wie Anm Forschungen 47 FRANK Frankfurt am Main frühmodernen Staates frühneuzeitliche Staat Frühneuzeitliche Staatlichkeit Gauner und Räuber Gerd SCHWERHOFF Hg Gerhard Oestreichs gerichtsnotorisch wie Anm Geschichte der Gauner Gesetze HÄRTER Helga Herrschaftspraxis in Württemberg historischen Kriminalitätsforschung HOLENSTEIN Jahrhundert Köln im Kreuzverhör Konstanz Kreuzverhör wie Anm Kriminalität Kriminalitätsgeschichte KRUG-RICHTER Kulturgeschichte der Vormoderne leute zuhause hangen liche lokale Herrschaftspraxis Magd Metz Mörder Mörderin wie Anm müßte keine leute nachbarrechtlicher Neuzeit Niedergerichte Normen obrigkeitlicher örtlichen Patrimonialgerichten Policey Räuber wie Anm rechter hungersnodtt Rituale der Vergeltung RUBLACK Rügegerichten SCHLUMBOHM SCHNABEL-SCHÜLE Sozialdisziplinierung soziale Kontrolle sozialer Sanktion Staatlichkeit und lokale Stelen inn rechter Strafen im Territorialstaat strafrecht Strafvollzug Territorialstaat wie Anm Territorien des Reiches Theater des Schreckens Überwachen und Strafen Ulinka Untertanen Vergeltung wie Anm Verordnete Schande weltliche Strafjustiz WETTMANN-JUNGBLUT Zuchthäuser