Historische Zeitschrift, Volume 90

Front Cover
R. Oldenbourg, 1903 - History
 

Other editions - View all

Common terms and phrases

Popular passages

Page 59 - Widerspruch zu stehn schien, indem ich mir sagte, daß entweder Gott selbst, nach seiner Allgegenwart, Alles, also auch jeden meiner Gedanken und Willen, hervorbringe, und so gewissermaßen durch mich zu Sich Selbst bete, oder daß, wenn mein Wille ein von dem Gottes unabhängiger sei, es eine Vermessenheit enthalte, und einen Zweifel an der Unwandelbarkeit, also auch an der Vollkommenheit, des göttlichen Rathschlusses, wenn man glaube, durch menschliche Bitten darauf Einfluß zu üben.
Page 58 - Geburtstage keinen andern Glauben als einen nackten Deismus, der nicht lange ohne pantheistische Beimischungen blieb. Es war ungefähr um diese Zeit, daß ich, nicht aus Gleichgültigkeit, sondern...
Page 65 - Es stellte sich bei mir fest, sagt er. daß Gott dem Menschen die Möglichkeit der Erkenntnis versagt habe, daß es Anmaßung sei, wenn man den Willen und die Pläne des Herrn der Welt zu kennen behaupte, daß der Mensch in Ergebenheit erwarten müsse, wie sein Schöpfer im Tode über ihn bestimmen werde.
Page 66 - Erkenntnis versagt habe, daß es Anmaßung sei, wenn man den Willen und die Pläne des Herrn der Welt zu kennen behaupte, daß der Mensch in Ergebenheit erwarten müsse, wie sein Schöpfer im Tode über ihn bestimmen werde, und daß uns auf Erden der Wille Gottes nicht anders kund werde als durch das Gewissen, welches er uns als Fühlhorn durch das Dunkel der Welt mitgegeben habe.
Page 84 - Wie habt Ihr doch meist so wenig Vertrauen in Euern Glauben, und wickelt ihn sorgfältig in die Baumwolle der Abgeschlossenheit, damit kein Luftzug der Welt ihn erkälte...
Page 58 - Nach einem unregelmäßig besuchten und unverstandenen Religionsunterricht, hatte ich bei meiner Einsegnung durch Schleiermacher, an meinem löten Geburtstage keinen andern Glauben, als einen nackten Deismus, der nicht lange ohne pantheistische Beimischungen blieb.
Page 63 - Altertums, unverstandene Hegelsche Schriften und vor allem Spinozas anscheinend mathematische Klarheit, in denen ich Beruhigung über das suchte, was menschlichem Verstande nicht faßlich ist.
Page 61 - Die Sonne geht täglich auf und erleuchtet die Welt, aber nur wenigen fällt es ein, daß dieses wunderbar sei, und nur selten nimmt jemand davon Veranlassung, an die Allmacht des Schöpfers zu denken,' erschlägt aber der Blitz einen Menschen, so werden die, welche es sehen, mit Staunen und Ehrfurcht erfüllt und preisen die wunderbaren Wege des Herrn.
Page 71 - ... hatte ich nie bezweifelt, aber der Glaube läßt sich nicht geben und nehmen, und ich meinte in Ergebung abwarten zu müssen, ob er mir werden würde. Ich fühlte mich bald heimisch in jenem Kreise und...
Page 61 - Viele der berührten Zustände sind eingealtert, und wir haben uns an sie gewöhnt; es geht uns damit, wie mit allen den Wundern, welche uns täglich 24 Stunden lang umgeben, deshalb aufhören uns wunderbar zu erscheinen, und niemand abhalten, den Begriff des «Wunders» auf Erscheinungen einzuschränken, welche durchaus nicht wunderbarer sind, als die eigne Geburt und das tägliche Leben des Menschen.

Bibliographic information