Das neue Geschichtenbuch: ein Almanach

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K. Wolff, 1918 - German fiction - 171 pages
 

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Popular passages

Page 105 - ... zauberhaft, eines langweilig, eines rührend, eines gottvoll, eines kindlich, eines sehr schlecht, eines tierisch, eines befangen, eines unerlaubt, eines unbegreiflich, eines abstoßend, eines reizend, eines gemessen, eines großartig, eines gediegen, eines nichtswürdig, eines arm, eines unaussprechlich und eines kann nichts mehr sein, denn es sind nur zwanzig einzelne Gedichte, welche aus meinem Mund eine, wenn nicht gerade gerechte, so doch schnelle Beurteilung gefunden haben, was mich immer...
Page 52 - ... Motiv wie eine kleine Welle, frisch, grün und ganz klar; dann kräuselte sich die Oberstimme des Klaviers zu spielenden Schaumketten, die Unterstimme verspätete das Thema um einen Takt — und im Vorwärtsdringen der Geige, mit Veränderung, Wiederholung und Tausch der Führung baute sich der Satz auf, ganz einfach in den Mitteln, ganz schlicht in der Ordnung, aber von einer Klarheit und verjüngenden Bewegtheit...
Page 95 - Nhein her, und die Luft ringsum zitterte von den unaufhörlich fallenden Flocken. Wie ein riesiger weißer Zuckerhut stand die alte Mühle da, als die Sonne wieder herauskam. Man sah ihren einen letzten Flügel kaum mehr, so hatte ihn der Schnee mit seiner weichen Last zugedeckt. Und so schlief sie den ganzen kalten langen Winter hindurch, ein alter Posten, das Gewehr in der Hand, und träumte von vielen heißen Schlachten, die sie einst mit dem Wind geschlagen hatte. Der laue Vorfrühling traf den...
Page 97 - Mühe in ganz kurzer Zeit an die Frau. Mein leitender Gedanke bei dieser Handlungsweise war: ich wollte das Leben aus der Perspektive eines eigenen Wagens, einer Opernloge, eines ungeheuer teuren Bettes gesehen haben.
Page 92 - Land/ philosophierte sie weiter, .sie waren mir geradezu überflüssig und unbequem und unnötig geworden/ so wie einer, der ein Auge oder ein Bein verloren hat, sich schließlich überreden und einbilden kann, er habe bisher viel zu gut gesehen und gelaufen. Immerhin behielt unsere Mühle seit dem Tage dieser ihrer Verletzung einen durchaus erklärlichen Haß gegen die Menschen, die sie einstmals so geliebt hatte, in sich. Wenn sie sie auf der Landstraße mit den Peitschen vorüberklatschen hörte,...
Page 96 - Mäuse zu fangen. Und es entspann sich ein Streit zwischen ihm und den beiden Eulen, die auf ihr Vorrecht pochten, und es gab ein Rauschen und Fauchen und Kreischen und Schreien in der Nacht in der Mühle, desgleichen man noch niemals bis ins Dorf hinein gehört hatte. Der Fuchs blieb Meister im Streit und hauste seitdem als unumschränkter Iagdherr in der verfallenen Mühle. Ein alter Bauer aber, der neugierig ob des Höllenlärms sich am...
Page 104 - Er zerbricht sich mit großer Mühe den Kopf, was das wohl für ein Etwas ist, das über oder um seine Poesien schwebt. Er drückt, aber es kommt nichts heraus, er stößt, aber es geht nichts hinaus, er zieht, aber es bleibt alles wie es ist, nämlich dunkel. Er legt sich ganz auf das geöffnete Buch in seine verschränkten Arme und weint. Dagegen beuge ich mich nun, der Schelm von Verfasser, über sein Werk und erkenne mit unendlich leichtem Sinn das Rätsel der Aufgabe. Es sind ganz einfach zwanzig...
Page 100 - Sie ließ sich widerwillig pflegen von mir, suchte dabei immer mit den Augen in mir. Sie verachtete mich, weil ich noch bei ihr aushielt. Sie begehrte mich, weil sie mich nicht begriff. Sie hatte manchmal Grauen, manchmal stürmisches Verlangen, manchmal Haß. Sie quälte mich, ganz glücklich, noch ein wenig böse sein zu dürfen, noch einen Schatten von Rache zu haben für das, was mit ihr geschah. Dann weinte sie an meiner Schulter. Und wieder suchten ihre Augen in mir: warum ich sie noch liebe....
Page 86 - Windmühle. /^ie war längst schon außer Betrieb gesetzt, die alte ^-^ Windmühle. Die Menschen waren zu ungeduldig geworden, sie wollten nicht mehr warten, bis der Wind kam und ihre Flügel blies und die Räder drehte und das Mehl zermahlte. Namentlich an den langen Sommertagen, wenn die Felder in der Hitze schliefen und der Atem der Natur, der Wind, sich kaum regte und nur dann und wann wie ein Schatten, ein Hauch über die Ähren lief, war es den Leuten zu still in der Mühle geworden. Wasser...
Page 97 - Wirklichkeit schmachtet. Ich schritt an der Seite einer schicken, ringsum begehrten, mir gnädigen Dame nur wie neben den zerfließenden Schleiern meiner Sehnsucht . . . Wenige Tausende lagen noch in meiner Brieftasche, da öffnete ich sie unvorsichtigerweise eines Nachts auf einem öffentlichen Ball unter den Augen eines jungen Mädchens. Sie lud mich ein, und ich folgte ihr weitab in ein kelleriges Haus mit schlüpfrigen Treppen und mit Wänden, von denen es troff. Ich hatte soeben meinen Rock...

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