August von Kotzebues ausgewaehlte prosaische Schriften: die Romane, Erzaehlungen, Anekdoten, Miszellen, Volume 26

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I. Klang, 1843
 

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Popular passages

Page 169 - Nie 168 weder vor- noch nachher, ist mir wieder eine solche Fülle von Gedanken und Bildern zugeströmt, und ich glaube, daß es unleugbar Gattungen von Krankheiten gibt (worunter wohl besonders diejenigen gehören, welche die Reizbarkeit der Nerven vermehren) , die die Geisteskräfte höher als gewöhnlich spannen; so wie, der Sage nach, die kranke Muschel eine Perle ansetzt.
Page 137 - Er hat das vermuthlich schon längst vergessen, ich aber werde es nie vergessen; denn jedes seiner Worte war mir höchst merkwürdig, und machte einen tiefern Eindruck auf mich, als die schulgerechten Ermahnungen meines Conrectors.
Page 130 - Vsop reden, indessen Musäus, die Hände auf den Rücken geschlagen, schweigend auf und nieder ging. Hatte der Dichter geendigt, so wurde sein Machwerk vom Lehrer kritisirt, doch nie so abschreckend, als seine Herren Kollegen in der großen Schule der Welt zu thun Pflegen. Wenn keiner mehr da war, der das Schulpublikum mit eigenen Gedichten zu unterhalten sich erbot, so traten diejenigen auf, die fremde Gedichte auswendig gelernt hatten, und sie hersagten, um sich in der Deklamation zu üben.
Page 137 - Wenn ich nun des Morgens um sechs Uhr, auch wohl noch früher hinauswanderte, um zu sehen, ob ich einen Krammsvogel, oder ein Nothkelchen erbeutet hätte, so kam er oft zu mir herab, unterhielt sich freundlich mit mir, und munterte mich auf zum Fleiße.
Page 126 - Idee zu dem letztern war von Musäus). Was die Schauspiele auf meine Empsindung, das wirkten die Ballete auf meine Sinne, und ich dachte bald auf Mittel, auch diese nachzuahmen. Zu dem Ende schuf ich mir selbst ein kleines Theater, anfangs nur von Wachs, dann von Papier, und endlich gar von Holz. Wer malen konnte, mußte mir Dekorationen pinseln, Mutter und Tanten mußten mir seidene Lappen liefern, um meine Puppen zu kleiden. Sie tanzten ihre Solo's und p...
Page 128 - ... Kirche so ziemlich verloren habe. Kurz darauf berichtet er mit großer Begeisterung von seinen ersten Theatererlebnissen. Dann folgen einige Sätze, die sowohl für das Selbstverständnis Kotzebues als auch für die geistesgeschichtliche Erklärung des ,moralischen Theaters' aufschlußreich sind198: „Sollte hier irgend ein Frömmling aufstehen, und mit verdrehten Augen ausrufen: ,welch ein gottloser Mensch! er warnt vor der Kirche, und preist dagegen das Schauspiel an!
Page 150 - Stadtcmekdötchen hinein verwebt, ein Umstand, der dem Dinge mehr Beifall verschaffte, als es verdiente. Dieser Beifall kitzelte den muthwilligen Iüngling, und erzeugte vielleicht in ihm jenen unseligen Hang zur Satyre, dem er zwar selten, und wahrlich ! nie aus hämischen Absichten den Zügel schießen lassen, der ihm aber doch als Mann eine Reihe von Iahren verbittert hat. Die Satyre ist ein Bienenstachel, der Gestochene leidet wenig davon ; der Stechende aber läßt ihn zurück, und fühlt es...
Page 137 - Ich habe nachher nichts wieder davon gehört noch gesehn, würde es ihm auch sehr verargen, wenn er seine Zeit damit verdorben hätte. Indessen war dieser geistreiche Mann in meinem Knabenalter doch immer sehr gütig gegen mich. Er erlaubte mir, in seinem Garten Vögel in Schlingen zu fangen, denn ich war damals schon ein leidenschaftlicher Jäger. Wenn ich nun des Morgens um sechs Uhr, auch wohl noch früher, hinauswanderte, um zu sehen...
Page 168 - Im Herbst 1787 überfiel mich eine Krankheit, die mich mehrere Jahre lang zwischen Tod, und dem was vielleicht schlimmer ist als Tod, zwischen düsterer Melancholie schwebend erhielt. Auf der höchsten Staffel dieser Krankheit schrieb ich Menschenhaß und Reue und gleich nachher die Indianer in England; beide Stücke waren das Werk eines Zeitraums von acht bis neun Wochen.
Page 128 - Sollte hier irgend ein Frömmling aufstehen, und mit verdrehten Augen ausrufen: ,welch ein gottloser Mensch! er warnt vor der Kirche, und preist dagegen das Schauspiel an!' - dem würde ich mit Achselzucken antworten: guter Freund! ist es meine Schuld, daß Predigt und Schauspiel, zwei Dinge, die zu gleichem Zwecke erdacht wurden, nicht beide ihre Bestimmung erfüllen? was die Sittlichkeit des Menschen befördert, ist mir heilig, es heiße wie es wolle. Könnt ihr durch eine Predigt die nämliche...

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