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deshalb kann man die blosse Copia dem Bezogenen weder zur Annahme noch zur Zalung präsentiren. Der Inhaber der Copia hat daher nach Vorschrift des Artikels 69. Nr. 1 durch den Protest blos zu beweisen, er habe das Original vom Verwahrer gefordert, aber nicht erlangen können." Im Besitze eines solchen Protestes kann er gegen jene Indossanten, deren Originalunterschriften auf der Copie vorkommen, den Regress nehmen, u. z. Regress auf Sicherstellung vor der Verfallszeit, Regress auf Zalung, wenn die Verfallszeit des Wechsels eingetreten ist. Es darf aber auch hier nicht vergessen werden, dass ein solcher Protest Mangels Zalung im Sinne des Artikels 41 längstens den zweiten Werktag nach dem Zalungstage erhoben werden muss.

XI. Abhanden gekommene Wechsel.

Art. 73. Der Eigenthümer eines abhanden gekommenen Wechsels kann die Amortisation desselben bei dem Gerichte des Zalungsortes beantragen.

Das Gericht, bei welchem ein Gesuch um Amortisation eines Wechsels überreicht worden ist, hat hierüber ein Edict mit der Aufforderung an den Inhaber des Wechsels, denselben dem Gerichte vorzulegen, zu erlassen, darin die Frist auf 45 Tage zu bestimmen, und den Anfang derselben, wenn der Wechsel noch nicht fällig ist, auf den ersten Tag nach der Verfallszeit des Wechsels festzusetzen.

Nach Einleitung des Amortisationsverfahrens uud nach der Verfallszeit des Wechsels kann der Eigenthümer vom Acceptanten Zalung fordern, wenn er bis zur Amortisation des Wechsels Sicherheit bestellt. Ohne eine solche Sicherstellung ist er nur die Deposition der aus dem Accept schuldigen Summe bei Gericht zu fordern berechtigt.

Der zweite Absatz dieses Artikels befindet sich blos in der allgem. österreichischen und nicht in der deutschen Wechselordnung.

Hier muss wieder der „Inhaber" vom „Eigenthümer eines Wechsels unterschieden werden, wozu bereits im Art. 36 die nöthige Erklärung vorausgeschickt wurde.

Das Gesuch um Amortisation eines Wechsels muss beim Handelsgerichte des Zalungsortes oder beim dortigen Gerichtshofe, dem die Handelsgerichtsbarkeit in erster Instanz zusteht, eingereicht werden. Verliert daher z. B. Jemand in Prag einen in Wien zalbaren Wechsel, so muss er das Amortisations-Gesuch beim Wiener Handelsgerichte einreichen. (Kais. Pat. vom 20. Nov. 1852. Nr. 251.)

Die Frist, binnen welcher der Inhaber den Wechsel dem Gerichte längstens vorlegen muss, wird im Edikte auf 45 Tage festgesetzt. Dabei muss auch berücksichtigt werden, ob der Wechsel schon verfallen ist oder nicht. Ist der Wechsel noch nicht verfallen, so werden die 45 Tage von dessen Verfallstage gerechnet, z. B. das Edikt wäre ausgegeben am 23. Juli, der verlorene Wechsel wäre aber fällig am 2. August, so wird die Frist von 45 Tagen vom 2. August gerechnet, so dass dieselbe mit dem 16. September abgelaufen ist. Wäre jedoch der verlorene Wechsel bereits fällig, so wird die Frist von 45 Tagen vom Datum des Ediktes gerechnet.

Ist die anberaumte Frist von 45 Tagen verstrichen, ohne dass sich der Inhaber des amortisirten Wechsels beim Gerichte gemeldet und sein Eigenthumsrecht nach Art. 36 durch die ununterbrochene Reihe von Indossaments bewiesen hat, so kann der Eigenthümer, welcher den Wechsel amortisiren liess, von dem Acceptanten Zalung fordern. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass man dem Acceptanten die auf dem verlorenen Wechsel geleistete Annahme beweisen muss, wenn er solche in Abrede stellt. Man wird sodann zu solchen Beweismitteln greifen, die uns gerade zu Gebote stehen. War z. B. der Wechsel mehrmals indossirt oder ist derselbe mit Accept versehen, überhaupt durch mehrere Hände gegangen, so kann man durch die Vormänner den Zeugenbeweis gegen den Acceptanten führen, in Ermangelung anderer Beweismittel wäre auf den Haupteid anzutragen etc.

Hat aber der Acceptant den Werth des Wechsels dem. Aussteller oder demjenigen, für dessen Rechnung er acceptirte, blos in Rechnung genommen, ohne solchen insbesondere erhalten zu haben, so wird er keinen Anstand nehmen, den amortisirten Wechsel einzulösen. Hat er nämlich die Zalung nicht geleistet, so muss er ja den Wechsel in der Rechnung seines Committenten wieder abschreiben (er muss seinen Committenten dafür wieder entlasten). Er hätte also blos dann Ursache, dem Eigenthümer des verlorenen und amortisirten Wechsels alle möglichen Hindernisse hinsichtlich dessen Bezalung in den Weg zu legen, wenn er inzwi

schen über die Vermögensverhältnisse des Comittenten, für dessen Rechnung er acceptirte, ungünstige Nachrichten erhielt, und sonst bei ihm zu fordern hätte.

Ist die Frist von 45 Tagen noch nicht vorüber, wol aber die Verfallszeit des Wechsels, dessen Amortisationsverfahren bereits eingeleitet wurde, eingetreten, so kann der Eigenthümer unter den obigen Umständen vom Acceptanten Zalung fordern, wenn er ihm bis zur erfolgten Amortisation Sicherheit leistet; dieses geschieht aus dem Grunde, damit der Acceptant für die geleistete Zalung gedeckt ist, wenn der Wechselinhaber vor Ablauf der 45 Tage sein Eigenthumsrecht auf den Wechsel nachträglich beweisen könnte, und der Acceptant zur nochmaligen Zalung an diesen gehalten sein sollte. Ohne solche Sicherstellung kann der Eigenthümer, der den Wechsel amortisiren liess, blos verlangen, dass der Acceptant die Wechselsumme bis zum Ablauf der obigen Frist beim Gericht deponire.

Gegen die Indossanten und den Trassanten kann aber aus einem verlorenen, wenn selbst amortisirten Wechsel kein Regress genommen werden, weil zu dessen Verwahrung unbedingt nothwendig ist, dass der Wechsel dem Bezogenen zur Zalung präsentirt und Mangels Zalung protestirt werde (Art. 41). Daher würde man durch Amortisirung einer verlorenen nicht acceptirten Tratte den Zweck nicht erreichen, und der Verlusttragende ist nur darauf angewiesen, sich von den Vormännern ein Duplicat dafür geben zu lassen (vgl. I. Theil §. 45. 46, S. 70 und §. 116, S. 157 u. f.) Dagegen ist der Aussteller des amortisirten eigenen Wechsels in gleicher Weise wie der Acceptant verpflichtet (Art. 98. Nr. 9).

Siehe übrigens I. Theil §. 116, Seite 157 u. f.

Art. 74. Der nach den Bestimmungen des Art. 36 legitimirte Besitzer eines Wechsels kann nur dann zur Herausgabe desselben angehalten werden, wenn er den Wechsel in bösem Glauben erworben hat, oder ihm bei der Erwerbung des Wechsels eine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.

Weiset sich demnach der Inhaber des Wechsels laut Art. 36 durch eine ununterbrochene Reihe von Indossaments als dessen Eigenthümer aus, so kann er zu dessen Heraus

gabe nicht angehalten werden, wenn auch ein Vormann denselben amortisiren liess, ausser wenn dieser beweisen kann, dass der Inhaber den Wechsel im bösen Glauben erworben hat, oder dass ihm bei dessen Erwerbung eine grobe Fahr lässigkeit zur Last fällt.

Im bösen Glauben könnte Jemand den Wechsel erworben haben, wer denselben z. B. gefunden oder gestohlen, und überdiess das letzte Indossament, sofern es in bianco gewesen wäre, auf sich ausgefüllt hat u. s. w. Eine grobe Fahrlässigkeit könnte man dem Wechselinhaber zur Last legen, wenn er z. B. zur Zeit, als er den Wechsel kaufte, wissen konnte, es sei dessen Amortisations-Verfahren bereits eingeleitet worden, oder er habe bei dessen Erwerbung die gewöhnlichen Vorsichtsmassregeln ausser Acht gelasen u. s. w.

Will sich aber der Inhaber eines Wechsels, dessen Amortisationsverfahren eingeleitet wurde, im Sinne des Art. 36. durch eine ununterbrochene Reihe von Indossaments als dessen Eigenthümer vor dem Gerichte legitimiren, so muss die Unterschrift seines unmittelbar vorhergehenden Indossanten echt sein, da er sonst durch eine falsche Unterschrift das Eigenthumsrecht auf den Wechsel nicht erworben hätte, daher den Wechsel dem rechtlichen Eigenthümer (der solchen amortisiren liess) herausgeben müsste. Inwiefern sein Eigenthumsrecht auf den Wechsel in Zweifel gezogen werden kann, wenn zwar die Unterschrift seines unmittelbar vorhergehenden Indossanten echt, aber eines früheren Vormannes falsch ist, muss von dem Umstande abhängen, ob man ihm zur Last legen kann, er habe den Wechsel im bösen Glauben erworben oder er habe sich bei dessen Erwerbung eine grobe Fahrlässigkeit zu Schulden kommen lassen.

Auch hier ist es also ersichtlich, dass Blanco-Indossaments, wo sie nicht unbedingt nothwendig sind, vermieden werden sollen.

XII. Falsche Wechsel.

Art. 75. Auch wenn die Unterschrift des Ausstellers eines Wechsels falsch oder verfälscht ist, behalten dennoch das echte Accept und die echten Indossamente die wechselmässige Wirkung.

Art. 76. Aus einem mit einem falschen oder verfälschteu Accepte

oder Indossamente versehenen Wechsel bleiben sämmtliche Indossanten und der Aussteller, deren Unterschriften echt sind, wechselmässig verpflichtet.

Die Unterschrift auf dem Wechsel kann falsch oder verfälscht sein. Falsch wird die Unterschrift genannt, wenn dieselbe von fremder Hand auf den Wechsel geschrieben wurde, mag solche der echten Unterschrift ähnlich gemacht worden sein oder nicht. Verfälscht ist hingegen die Unterschrift, wenn an derselben von fremder Hand Etwas geändert wurde, z. B. aus der echten Unterschrift J. M. Mayers Sohn hätte Jemand fälschlich „J. M Mayer & Sohn" gemacht.

Auf dem Wechsel können aber auch als Aussteller, Acceptant oder ein früherer Indossant Namen fingirter Personen oder Firmen figuriren, während erst die späteren Unterschriften darauf echt sind. Solche Namen fingirter Personen auf dem Wechsel müssen gleichfalls als falsche Unterschriften angesehen werden.

Viele Häuser haben aus blosser Gewohnheit einen fingirten Namen gewählt, der auf allen ihren Tratten als Aussteller figurirt, während sie selbst darauf als Bezogene und Acceptanten vorkommen, und solche dem darauf richtig genannten Remittenten einsenden, oder sie machen sich darauf zu Remittenten und senden solche dem richtig genannten Bezogenen ein, welcher sie acceptirt und ihnen wieder zurückschickt (vgl. I. Theil §. 21 S. 32).

Hierher gehören auch sogenannte „Kellerwechsel", worauf gewisse Namen erdichteter Personen, oder falsche, wenn auch nicht nachgeahmte Unterschriften wirklicher Firmen vorkommen, und erst die Unterschriften der späteren Indossanten echt sind. Die Unterschrift des Acceptanten kann gleichfalls echt oder falsch sein. Der Urheber eines solchen Kellerwechsels hat nicht gerade die betrügerische Absicht, dessen Nehmer um sein Geld zu bringen, er will ihn vielmehr durch die vielen vorangehenden Unterschriften täuschen, und sich aus seiner Geldverlegenheit helfen, da er Wechsel mit seiner blossen Unterschrift nicht so leicht an Mann zu bringen weiss. Ist ein solcher Kellerwechsel fällig, so löst ihn in der Regel derjenige, von dem er

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