Page images
PDF
EPUB

Es bestand mithin ein Drittel des abgeschiedenen Rohkresols aus Reinkresolen. Fast die Hälfte siedete in höheren Grenzen und dürfte als ein Gemisch der isomeren Kresole mit Xylenolen anzusehen sein.

Nach den Untersuchen von Fischer und Koske (Arb. a. d. Kaiserl. Gesundheitsamte 1903) unterscheidet sich das Rohkresol (rohe Karbolsäure 95-100%) von den anderen rohen Karbolsäuresorten des Handels (25-30% und 50--60%) dadurch, daß es arm an Xylenolen, d. h. höher siedenden Anteilen, ist. Zur Herstellung des Creolins hat also eine rohe Karbolsäure (25-60%) Verwendung gefunden.

Der Schwefelgehalt betrug nur 0.053%, kresolsulfosaure Verbindungen waren demnach nicht vorhanden.

Wurde das Creolin mit Äther verdünnt und mit Natriumkarbonatlösung ausgeschüttelt, so ging in letztere keine Spur einer Kresolverbindung über.

Vorstehende Untersuchungsergebnisse bestätigen die Feststellungen früherer Analysen, wonach Creolin Pearson eine Lösung (Zubereitung) einer kresolhaltigen rohen Karbolsäure in Steinkohlente erölen und Harzseife ist (vgl. hierzu die Verordnung des Fürstlich Lippeschen Staatsministeriums vom 13. August 1906, Apotheker-Zeitung, 71, 753, sowie 72, 766).

21. Anna Csillags Haarwuchsmittel. 1)

Von J. Kochs.

Folgende Präparate von Anna Csillag, Fabrik von Haar- und Bartwuchsmitteln, Berlin, Friedrichstraße 56, gelangten zur Untersuchung: 1. Eine Kruke Pomade, Inhalt etwa 60 g, Preis 3 M.

2. Ein Stück Toilettenseife, Gewicht 100 g, Preis 1 M.
3. Ein Karton Anna Csillag-Tee, Inhalt 55 g, Preis 1 M. (!)

ཇ.

Die Haarwuchspomade war von weißgrauer Farbe und roch vorwiegend nach Bergamottöl. Sie war von schmalzartiger Konsistenz, in dünner Schicht erschien sie etwas körnig. Unter dem Mikroskop waren neben vereinzelten gelben Fetttröpfchen zahlreiche feine nadelförmige Fettkrystalle zu erkennen, welche vielfach in Büscheln oder Drusen angeordnet waren. Wie ein Versuch ergab, war die Pomade zum größten Teile verseifbar.

Die Untersuchung der Pomade auf starkwirkende Bestandteile, wie Kantharidin und Pilokarpin, wurde in gleicher Weise wie bei J. CravenBurleighs Haarwuchsmittel (Apotheker-Zeitung, 1906, Nr. 54) eingeleitet.

1) Apotheker-Zeitung, 1906, Nr. 57.

96

J. Kochs. Anna Csillags Haarwuchsmittel.

Beim Ausschütteln der schwefelsauren Lösung mit Chloroform hinterblieb ein bräunlicher, teilweise krystallisierter, schmierig harzartiger Rückstand, der deutlich nach Perubalsam roch. Zur Entfernung etwaiger Fettbestandteile wurde er mit wenig Petroleumbenzin digeriert, der Rückstand sodann, welcher eventuell Kantharidin enthalten konnte, mit wenig Natronlauge versetzt und zur Trockne verdampft. Hierauf wurden mit absolutem Alkohol, worin die kantharidinsauren Salze nur schwer löslich sind, die harzartigen Bestandteile möglichst entfernt. Der in Alkohol unlösliche Anteil wurde mit wenig Wasser aufgenommen und mit verschiedenen Reagentien geprüft. Mit Kupfervitriol, Bleiacetat, Quecksilberchlorid und Silbernitrat entstanden zwar Fällungen, nicht aber mit Chlorcalcium und Chlorbaryum. Letztere Reaktionen werden charakteristisch für Kantharidin gehalten.

Nach dem Verdunsten des Petroleumbenzins hinterblieb ein geringer Rückstand, der teilweise aus feinen, weißen Nadeln bestand, teilweise etwas schmierig war; er roch vanillin-benzoeartig, schien also dem Perubalsam zu entstammen.

Ein Teil des bräunlichen Chloroformrückstandes wurde, mit wenig Öl verrieben, auf seine blasenziehende Wirkung geprüft. Es trat weder eine Hautrötung ein, noch hatte sich eine Blase gebildet.

Zwecks Prüfung auf Pilokarpin wurde die von der Chloroformausschüttelung verbliebene, wässerige, schwefelsaure Lösung alkalisch gemacht und mit Äther ausgeschüttelt. Der kaum bemerkbare Rückstand gab mit den bekannten Gruppenreagentien auch nicht in Spuren eine Fällung.

Anna Csillags Haarwuchspomade ist demnach frei von stark wirkenden Stoffen wie Kantharidin und Pilokarpin, sie ist unter Verwendung von tierischen Fetten, Perubalsam und Bergamottöl hergestellt.

2.

Anna Csillags Seife, bezeichnet als beste Seife der Welt", ist eine pilierte, sehr harte, braunrote Toilettenseife. Die Untersuchung ergab:

[merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small]

Die Seife kann als fast neutral und sehr fettsäurereich bezeichnet werden.

3.

Der Anna Csillag-Tee bestand lediglich aus Flores Chamomillae sine calycibus. Eine Abkochung davon in Wasser soll als Kopfwaschwasser unter Verwendung obiger Seife dienen.

22. Dattel-Sirup. 1)

Von J. Kochs.

Dem Pharmazeutischen Institut wurden zwei Proben Dattel-Sirup übersandt.

Probe Nr. 1. Ali Babas Dattel-Sirup, garantiert rein, aus feinsten Bagdad-Datteln. Aug. Engber & Co., Hamburg, Preis 1 M.

Probe Nr. 2. Dattel-Sirup, Sirup. Dactyli, nur aus feinsten Datteln bereitet. Berliner Fabrik pharm. Präparate, Berlin SW. 12.

Beide Säfte waren fast blank, von brauner Farbe, mit einem Geruch und Geschmack, der etwas an braunen Melassesirup erinnerte. Auf Zusatz von Alkohol entstand eine flockige Abscheidung von Pektinstoffen, die sich bei einem nur unter Verwendung von Zucker und Farbstoff hergestellten Safte nicht bilden würde. Die polarimetrischen und gewichtsanalytischen Bestimmungen ergaben, daß bei beiden Proben Rohrzucker zur Herstellung mitverwandt worden war.

[blocks in formation]

Wurden die Säfte mit Benzol ausgeschüttelt, dieses mit konzentriertem Ammoniak versetzt und etwas erwärmt, so trat eine Färbung des Ammoniaks nicht ein. Abführmittel wie Aloë, Rhabarber, Senna, Rhammus, die sich in geringster Menge noch durch Rotfärbung des Ammoniaks erkennen lassen, waren mithin in den Proben nicht enthalten. Auch Purgen, welches neuerdings viel als Abführmittel gebraucht wird, konnte nicht zugegen sein.

Was zunächst die Frage betrifft, ob die Bezeichnung Sirup für ein Präparat, welches aus an und für sich sehr zuckerreichen Früchten noch unter Zuhilfenahme von Rohrzucker hergestellt ist, richtig gewählt wurde, oder ob man unter Dattelsirup, oder z. B. auch Feigensirup, ein Präparat versteht, welches nur aus den betreffenden Früchten ohne Verwendung von Zucker bereitet wird, so daß also der Zusatz von Zucker eine Verlängerung des natürlichen zuckerhaltigen Fruchtsaftes bedingen würde, so besteht unserer Ansicht nach die Bezeichnung Sirup für solche Präparate mit Recht, bei denen sich eine reichliche Menge des natürlichen in den Früchten vorhandenen, also direkt reduzierenden Zuckers neben Rohrzucker nachweisen läßt. Denn Sirup nennt man einen unter Verwendung von Rohrzucker lege artis eingekochten Pflanzenauszug. Wäre der Zuckerzusatz nicht erfolgt, so würde das Präparat nur ein eingedickter Früchteauszug sein, wofür wir eben die Bezeichnung Succus haben. Übrigens zeigen derartige, nur Invertzucker in sehr reichlichem Maße enthaltende Pflanzensäfte leicht Neigung, körnig zu werden, sie krystallisieren aus, wie z. B. der Schleuderhonig.

Anders würde der Fall liegen, wenn die Präparate nicht Dattelsirup, sondern Dattelhonig benannt worden wären. Hierunter versteht

1) Vgl. Apotheker-Zeitung, 1906, Nr. 26.

Arb. a. d. Pharm. Institut. IV.

7

98

J. Kochs. Dattel-Sirup. Diabeteserin.

man eben ein ganz bestimmtes Präparat, welches nach König (vgl. Chemie d. Nahrungs- und Genußmittel, II, 1003) in folgender Weise gewonnen wird: Die Dattelart Gharz genannt ist bei der Reife so sehr mit Saft angefüllt, daß das Übermaß desselben, um einer Gärung vorzubeugen, entfernt werden muß. Zu dem Zweck häuft man die Datteln auf Hürden, welche aus Palmblättern angefertigt sind, und setzt sie so dem Sonnenlichte aus; der Saft fließt durch den eigenen Druck der Masse aus, wird in Behältern gesammelt und bildet den sogenannten Dattelhonig. Dieses Produkt soll nach einigen Angaben einen Geruch und Geschmack besitzen, welcher an den von Melassesirup erinnert.

Jedenfalls darf reiner Dattelhonig keinen Rohrzucker enthalten.

Nach der Verordnung, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln vom 27. Januar 1890, Verz. A, Abschnitt 5, waren „Fruchtsäfte, mit Zucker eingekocht" als Heilmittel dem freien Verkehr überlassen worden; vorstehender Passus ist in der Verordnung vom 22. Oktober 1901 in „Obstsäfte, mit Zucker, Essig oder Fruchtsäuren eingekocht" umgeändert worden. Diese Einschränkung dürfte wohl deswegen erfolgt sein, weil eben sonst die Sirupe aus sämtlichen pharmazeutisch wichtigen Früchten hergestellt als Heilmittel freigegeben waren. Unseres Erachtens gehören Datteln den Obstarten an.

23. Diabeteserin. 1)
Von J. Kochs.

Unter dem Namen „Diabeteserin" bringt die Fabrik pharmazeutischer Präparate, Wilhelm Natterer - München, ein neues Antidiabetikum in Pastillenform zur Behandlung des Diabetes mellitus in den Handel.

Das Mittel ist auf Veranlassung von Dr. med. Fraenkel entstanden, es soll neben geringen Mengen eines Eserinsalzes die Salze des Trunecekschen Serums enthalten.

Trunecek-Prag behauptet nämlich, daß die Kalkinfiltration, welche die Arteriosklerose charakterisiert, die Folge davon sei, daß der im Blutserum enthaltene phosphorsaure Kalk niedergeschlagen würde. Das Trunecek sche Serum enthält nun die Alkalisalze des Blutserums, es ist daher eine Lösung von Alkalichloriden, Sulfaten, Phosphaten und Karbonaten in Wasser, angeblich in dem natürlichen Mischungsverhältnis, und soll subkutan injiziert gegen Arteriosklerose dienen.

Auf Grund anatomischer und physiologischer Beobachtungen will Fraenkel zu der Überzeugung gelangt sein, daß dem Nervus vagus eine wichtige Rolle an der Entstehung der Zuckerkrankheit zuzuschreiben sei; er erwähnt gleichzeitig die Möglichkeit einer Beeinflussung des Vagus durch Eserin. Durch Unterdrückung der Arteriosklerose mittels Trunecekschen Serums einerseits, deren enge Beziehung zum Diabetes neuerdings durch Croner, Noorden u. a. festgestellt ist, und durch die Beeinflussung des Nervus vagus andererseits mittels Eserin, glaubt nun Fraenkel eine Methode zur Bekämpfung des Diabetes mellitus gefunden zu haben.

1) Vgl. Apotheker-Zeitung, 1906, Nr. 50.

Zur Feststellung der in diesen Tabletten enthaltenen Bestandteile wurden mehrere Röhrchen Nr. I und Nr. II in Originalpackung übersandt. Es waren in jeder Röhre 25 Tabletten im durchschnittlichen Gewicht von 0.457 g pro Tablette enthalten. Diabeteserin I war mit roter Farbe, Diabeteserin II mit blauer Farbe signiert. Beide Etiketten trugen den Aufdruck: „Vorsicht“, ferner die Firmenbezeichnung und die Gebrauchsanweisung: Wenn nicht anders verordnet, 3mal täglich 1-2 Tabletten zu nehmen.

Die anorganischen Bestandteile waren bei beiden Arten die gleichen. Es wurden gefunden: Na, Ca, Cl, SO3, P2 0, und CO,. Die Pastillen lösten sich bis auf einen geringen Anteil, der sich als aus Calciumphosphat und etwas Talkum bestehend erwies, in Wasser auf; die wässerige, stark alkalische Lösung war schwach rötlich gefärbt, auf Zusatz von Säuren trat fast völlige Lösung ein. Das Filtrat einer kalt bereiteten wässerigen Lösung wurde mit Essigsäure übersättigt, erhitzt und mit Ammonoxalat versetzt. In geringerer Menge wurde Kalk abgeschieden; glyzerinphosphorsaurer Kalk ist bekanntlich in kaltem Wasser löslich.

Pro Tablette waren enthalten:

Natrium chloratum

carbonicum siccum

0.2171 g .0.1560,

Calcium glycerino-phosphoricum. 0.0216,
Natrium sulfuricum siccum . . . 0.0187 „

Die Vorschrift zum Trunecek schen Serum lautet hingegen: Natriumsulfat 0.44 g, Natriumchlorid 4.92 g, Natriumphosphat 0.15 g, Natriumkarbonat 0.21 g, Kaliumsulfat 0.4 g, Aq. dest. 95 g. Hiernach ist die Originalvorschrift Truneceks nicht genau innegehalten worden, wie es übrigens der Fabrikant teilweise selbst zugibt, indem er schreibt: Die Kaliumsalze wurden wegen ihrer schädlichen Wirkung durch die Natriumsalze ersetzt. . . . . und Calcium glycerino-phosphoricum verwendet.“

Zur Prüfung auf Eserin wurde die Lösung einer größeren Anzahl Tabletten mit Ammoniak versetzt und im Scheidetrichter mit Äther ausgeschüttelt. Nach Entwässerung des Äthers hinterblieb ein Rückstand, der bei Nr. I pro Tablette 0.0003 g betrug. Er gab sämtliche für Physostigmin charakteristischen Reaktionen. Der beim Eindampfen mit NH, verbliebene blaue Rückstand löste sich in Alkohol mit blauer Farbe, die Lösung wurde beim Übersättigen mit Essigsäure rot und fluoreszierte. Ebenso ging der blaue ammoniakalische Rückstand auf Zusatz von wenig konzentrierter Schwefelsäure in Grün über, nach Hinzufügung von Alkohol in Rot, doch trat die Grünfärbung nach Verdunsten des Alkohols wieder hervor. Aus der von der Ausschüttelung mit Äther verbliebenen wässerigen Lösung konnte durch Ausschüttelung mit Äther-Petroläther nach vorheriger Ansäuerung Salizylsäure erhalten werden.

Bei Nr. II betrug der Rückstand der ätherischen Ausschüttelung pro Tablette 0.00033 g. Neben 0.0003 g Eserin sollen sich in diesen Tabletten noch 0.00005 g Atropin befinden. Die oben erwähnten Eserinreaktionen traten auch bei diesem Rückstand scharf ein, nicht jedoch die Vitalische Reaktion auf Atropin. Eserinlösungen werden bekanntlich durch Alkalien rot gefärbt; da nun Eserin hier in einer bedeutend größeren

« PreviousContinue »