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tung besagter Wörter in Betracht kommen soll: denn die Zeit, der tyrannische Gebrauch, und der noch zehnmal årgere Mißbrauch haben auch Gewalt über sie gehabt: Noth und dringende Ume` stånde wollen oft von keinem Gebote, von keiner rechten Ordnung und alten Regel etwas wissen, ja, viele Ausleger, denen insonderheit die Ton-Wissenschaft abgehet, richten sich nach dergleichen Zufäl len oft nur gar zu sehr, und lassen das wahre Wesen fahren. Wenn z. B. ein Lob-Gesang in Privathäusern oder Kammern, ohne dazu gehörige Instrumente, hat angestimmet werden müssen; so folget daraus nicht, daß ein solcher viele hundert Jahr vor Mose, hernach zu Davids Zeiten, und endlich im salomonischen Tempel, da die Musik noch am höhesten blühete, auch eben so aufgefüh ret worden. Nein, da war es ganz anders und nach der göttlichen Vorschrift bestellet. Wie die ersten Christen ihre Gesänge in unterirdischen Höh len anstimmeten, konnten sie freylich die erforderte Begleitung nicht haben. Aber daraus läßt sich kein Schluß machen. Laßt uns demnach kürzlich ansehen, was eine jede Musik-Gattung, nach ihrer Natur, Stiftung und Benennung, sagen will.

§. 75.

Psalm bedeutet demnach vornehmlich ein Spies len; Hymnus ein Loben; Canticum oder Öde ein Singen. Das erste Wort zeiget eigentlich an, daß die den Gesang verstärkende und begleitende Instrumente sich oft allein dabeyn hören lassen; Lob-Gesang oder Halleluja, daß die Singe Stimmen

Stimmen bisweilen, auch ohne Instrumente, fort gehen, und ihre Zwischenspiele haben, größestentheils aber zusammen arbeiten. Psalm-Lied* ist, wenn die Instrumente den Anfang mit einer Symphonie machen; Lied-Psalm**, wenn die Sånger vorangehen †. Kurz und überhaupt zu fagen: Ohne Spielen hat das Singen, weder vormals, noch iko, einen festen Klang-Grund, rechte Art und Abwechselung. Deswegen sind auch die Wörter Pfalters und Lobe-Buch von gleicher Kraft, als die da beyde vom Spielen herstammen. Nun zum Werke!

§. 76.

Froblocken, Jauchzen, Singen, adev, Preisen, Dichten, Verkündigen und Beten, find, in diesem Fall, sieben solche Ausdrücke, die größestentheils von einer musikalischen Bewerkstellung, durch leibliche Glieder allein, verstanden werden. Folgende fünf aber: Loben, aivev, Lobfingen, Parλev, Danken, Ehren und Rühmen, zeugen gemeiniglich von einer solchen Verrichtung, wobey die Zuziehung aufserlich angenommener klingenden Werkzeuge erfordert wird. Der Beweis und die Erempel sehen so aus, nach Ordnung der Pfalmen.

·S. 77.

Wie lange, frågt David Pf. 4. soll meine Lh

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*.Pf. 66. 67. 68. 76. 83. 87. 88. 92. x.

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re geschåndet werden? Da verstehet der Prophet durch das Wort Ehre nichts anders, als seinen Psalm, da er Gott mit ehret, und also was instrumentalisches. Wie es denn auch Luther, in der Gloffe, selber also ausleget. Desgleichen im 16. Pf. meine Ehre ist fröhlich, u. a. m.

S. 78.

Ich will dich in der Gemeine rühmen, Ps. 22. Dieses Rühmen deutet hier ebenfalls ein Spielen beym Singen an. In der Epistel an die Hebr. 2. wo derfelbige Spruch wieder vorkommt, heißt es also: Ich will Dir mitten in der Gemeine lobsingen. Und vorher stehet dieses: Ich will Deinen Namen verkündigen meinen Brüdern. Das ist vokal; lobsingen aber instrumental mit. Und alles beydes beziehet sich persönlich auf den Sohn Gottes felbst.

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79.

Ich preise Dich, HErr! So lautet der Anfang des zum Singen vornehmlich bestimmten 30. Ps. wie dessen klare Ueberschrift bezeuget. Folglich geschiehet ein solches Preisen größestentheils mit Menschen-Stimmen.

§. 80.

Daselbst stehet auch im lehten Verse: Auf daß Dir lobsinge meine Ehre. Weil nun das Wort, Ehre, vorzüglich ein Saiten-Spiel anzeiget, welches David Gott zu Ehren erklingen läßt; so erhellet deutlich genug, daß sich das Lobsingen auf. eine Instrumental-Musik zugleich mit beziehet. Luther ist wiederum hiemit einig, und schreibet

dabey:

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dabey: "Meine Ehre, das ist, meine Zunge, und "mein Saiten-Spiel, da ich Dich mit ehre. Denn die Zunge thut auch bey gewissen Klingzeugen, die man blåset, die besten Dienste so wohl, als bey dem Singen, welches jedoch nirgends gångs lich ausgeschlossen ist.

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S. 81.

Ich wollte gerne wallen zum Hause Gottes mie Froblocken, Pf. 42. ist vokal. Und mit Dan= ken, ist instrumental. Auf der Harfen danken. Pf. 43. Ferner: Pf. 45. Mein Herz dichter ein feines Lied, ich will singen von einem Könige. Ist beydes vokal. Wenn es aber im 47. Pf. heiffet: Sroblocket mit Hånden, und jauchzet Gott mit fröhlichem Schalle, in voce exultationis; so scheinen diese merkwürdige Wörter vor andern ganz ungemein stark beseßte Sing-Chöre anzudeuten, dabey nicht selten ein Emporheben der Hånde, oder gar ein Klatschen derselben, es sey zur Führung des Tacts o. d. gl. Statt findet. Wie denn noch iso ben großen Concerten und Tänzen, ja, auf der Kanzel selbst, das Aufheben der Hånde und Schlagen mit demselben, eben nichts ungewöhnliches ist. Vom Jauchzen aber stehet insonderheit zu wissen, daß es auch oft ein Geschrey, ein Rufen 2c. genannt wird, und zwar, um dadurch ein überaus starkes Getdne auszudrucken, woben gleichwohl die Menschen-Stimmen allemal das Hauptwesen ausmachen. Esaias sagt im 44.Rap. Jauchzer, ihr Himmel! 2c. Das hat die gründliche, engländische Dollmetschung so gegeben: Sing, break

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break forth into Singing! D. i. Singet, brecht mit Singen aus! nämlich, ihr Einwohner des Himmels, ihr Engel und Auserwählte.

§. 82.

Wer Dank opfert, der preiser mich, und das ist der Weg, daß ich ihm zeige das Heil Gottes. Pf. 50. Es macht also das Danken und Preis fen den Weg zum göttlichen Heil aus, und solches besteher im Spielen oder Danken, und Singen oder Preisen, zu Gottes Ehren. Wer nun meynen follte, es dürfte ja darum eben keine förmliche Mus fik seyn, der lese doch, nebst dem bereits angeführten 30. Pf. insonderheit das 42. Rap. Esaid, worüber Luther schreibt: Der Prophet_mahne uns zum Danken an, in den Worten: Singer dem HErrn ein neues Lied 2c. Und hier bedeutet das Singen auch ein Spielen. (f. §. 96.)

§. 83.

Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, daß ich singe, vokal; und lobe, instrumental. Pl. 57. Zu mehrer Bekräftigung muntert der königliche Dichter sein eignes Werkzeug auf, und spricht: Wache auf, meine Ehre! ja, er legt seine Meynung noch deutlicher an den Tag, mit den Worten: Wache auf, Psalter und Harfe! Denn diese und dergleichen Instrumente sind es, wie auch Luther solches zum viertenmal erinnert, womit Gott geehret seyn will. Ich will Dir danken unter den Völkern, ich will Dir lobsingen unter den Leuten: ist beydes vorzüglich instrumental. Gott, man lobet Dich in der Stille, Pf. 60.

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