Deutsche Rundschau, Volume 60

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Rudolf Pechel
Gebrüder Paetel, 1889 - German literature
 

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Popular passages

Page 401 - Die erste Seite, die ich in ihm las, machte mich auf zeitlebens ihm eigen, und wie ich mit dem ersten Stück fertig war, stund ich wie ein Blindgeborener, dem eine Wunderhand das Gesicht in einem Augenblick schenkt. Ich erkannte, ich fühlte aufs lebhafteste meine Existenz um eine Unendlichkeit erweitert; alles war mir neu, unbekannt, und das ungewohnte Licht machte mir Augenschmerzen.
Page 394 - Auch nach den Mustern der Alten die Sache zu entscheiden, ist Shakespeare ein weit größerer tragischer Dichter als Corneille, obgleich dieser die Alten sehr wohl und jener fast gar nicht gekannt hat.
Page 407 - Woher nehmt ihr denn aber das große gigantische Schicksal, Welches den Menschen erhebt, wenn es den Menschen zermalmt?
Page 394 - Corneille kömmt ihnen in der mechanischen Einrichtung und Shakespeare in dem Wesentlichen näher. Der Engländer erreicht den Zweck der Tragödie fast immer, so sonderbare und ihm eigene Wege er auch wählet; und der Franzose erreicht ihn fast niemals, ob er gleich die gebahnten Wege der Alten betritt. Nach dem Oedipus des Sophokles muß in der Welt kein Stück mehr Gewalt über unsere Leidenschaften haben als Othello, als König Lear, als Hamlet etc.
Page 406 - Einer Einzigen angehören, Einen Einzigen verehren, Wie vereint es Herz und Sinn! Lida! Glück der nächsten Nähe, William! Stern der schönsten Höhe, Euch verdank ich, was ich bin ; Tag' und Jahre sind verschwunden, Und doch ruht auf jenen Stunden Meines Wertes Vollgewinn.
Page 117 - Ich hatte, nach Büchern herumspürend, in der Leihbibliothek unserer Stadt einen Roman des Jean Paul in die Hände bekommen. In demselben schien mir plötzlich alles tröstend und erfüllend entgegenzutreten, was ich bisher gewollt und gesucht oder unruhig und dunkel empfunden...
Page 395 - Ich liebe ihn mit allen seinen Fehlern. Er ist fast einzig darin, die Menschen, die Sitten, die Leidenschaften nach der Natur zu malen; er hat das köstliche Talent, die Natur zu verschönern, ohne dass sie ihre Verhältnisse verlöre.
Page 402 - Wenigen ward es gegeben, einen Babelgedanken in der Seele zu zeugen, ganz, groß und bis in den kleinsten Teil notwendig schön, wie Bäume Gottes...
Page 400 - Wir ehren heute das Andenken des größten Wandrers und tun uns dadurch selbst eine Ehre an. Von Verdiensten, die wir zu schätzen wissen, haben wir den Keim in uns.
Page 401 - Zeit lebte, wo ich ihn begreifen konnte, und wo Du, mein Freund, der Du Dich bei diesem Lesen erkennstund fühlst, und den ich vor seinem heiligen Bilde mehr als einmal umarmt, noch den süßen und Deiner würdigen Traum haben kannst, sein Denkmal aus unseren Ritterzeiten in unserer Sprache, unserem so weit abgearteten Vaterlande herzustellen. Ich beneide Dir den Traum, und Dein edles Wirken laß...

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