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hierauf folgten im offenen, von einer Abtheilung Linien-Kosaken umgebenen Wagen Se. Majeftät mit Baron Lieven, fodann Graf Andraffy und das militärifche Gefolge Sr. Majeftät, fowie die Repräsentanten der Ortsbehörde. Der Zug bewegte fich vom Bahnhofe der Warfchau-Wiener Eifenbahn gegen die Citadelle, und zwar durch die Strafsen und Plätze: Jerusalemer Allee, die Neue Welt, die Krakauer Vorftadt, den Sächfifchen Platz, die Wierzbowa-Gaffe, den Theaterplatz, die Senatorftrafse, die Methgaffe, die Lange Gasse, die Breite und Schmale Fretgaffe und fchliesslich durch die Zakroczymer Strafse. Nicht nur der ganze Weg, welchen der Kaifer vom Bahnhofe der Warfchau-Wiener Eisenbahn in die Citadelle und später von dort zum Bahnhofe der Warschau-Petersburger Eisenbahn zurücklegte, sondern fast die ganze Stadt war mit ruffischen und öfterreichischen Reichsflaggen gefchmückt; auch waren längs der ganzen Strecke der Durchfahrt Lampions angezündet, den Weg weithin beleuchtend. Obschon es im Momente der Ankunft Sr. Majestät noch dämmerte, waren trotz der Morgenftunde alle Strafsen von der Bevölkerung besetzt, welche den Kaifer mit lauten Hurrah-Rufen begrüfste. Einige Gebäude waren schön geschmückt, so das Rathhaus, das Theater, die Alexander-Kaferne in der Citadelle; zumeist jedoch erglänzte das Gebäude der Sapieha'schen Kaserne in der Zakroczymer Strafse, wo das Petersburger Grenadier-Regiment König Friedrich Wilhelm III. fich befindet. Auf dem Balcon und auf den eifernen Fensterbrüftungen dieser Kaserne waren Verzierungen aus gelbem und fchwarzem Tuche, über dem Portale dagegen die Initialen des Namens des Kaifers mit einer Krone angebracht. Bei der Einfahrt Sr. Majeftät in die Citadelle wurden Sr. Majeftät die militärifchen Ehren, entsprechend den Beftimmungen des Gefetzes über den Garnifonsdienft, erwiefen; es wurden die Kanonen in der Citadelle gelöft und 21 Schüffe abgefeuert. In der Citadelle selbst, und zwar auf dem AlexanderPlatze, wurde Se. Majestät von dem Commandanten der Citadelle, Generalmajor Zajćew begrüsst, welcher dem Kaiser die Meldung über den Stand der Citadelle erstattete. Nach Entgegennahme des Rapportes begab Sich Se. Majeftät zu dem Seinen Namen

führenden Keksholmer Grenadier-Regimente, welches vollständig auf dem Platze vor der Alexander-Kaserne in Doppelabtheilungen aufgeftellt war.

Als Sich Se. Majestät näherte, präsentirte das Regiment auf Commando des Regimentschefs das Gewehr, die Musik spielte die österreichische Volkshymne und die Soldaten riefen „Hurrah!“ Se. Majestät schritt die Fronten ab und liefs das Regiment vorbeidefiliren, wobei die Liniencompagnien fich in langsamem, die Jägercompagnien dagegen in raschem Tempo bewegten. Das ganze Regiment war in Gala ausgerückt. Se. Majeftät trug die Uniform des Keksholmer Grenadier-Regimentes. Nachdem die Truppen vorbeidefilirt waren, wurden die Regimentsftandarten im Beifein Sr. Majeftät in die Wohnung des Regimentschefs getragen, worauf Se. Majestät die Alexander-Kaserne, in welcher fich das Keksholmer Grenadier-Regiment befindet, befichtigte. Der Kaiser geruhte vor Allem das Regimentsspital, hierauf das Local der Schule der Cantoniften zu befichtigen; die letzteren begrüfsten Se. Majestät mit der öfterreichischen Volkshymne. Se. Majestät besuchte hierauf in der Kaserne mehrere Compagnien des Regimentes. Zum Schluffe geruhte der Kaiser den Speisesaal der Officiere zu befichtigen, wofelbft fich zur Begrüfsung Sr. Majeftät alle Stabs- und Ober-Officiere des Regimentes versammelt hatten und vom Regimentschef Sr. Majestät vorgestellt wurden. Se. Majestät begrüfste diefelben und geruhte fämmtlichen Stabsofficieren, fowie dem Regimentsadjutanten die Hand zu reichen. Se. Majestät verabschiedete Sich von Allen, begab Sich von der Citadelle zum Bahnhofe der Warschau-Petersburger Eisenbahn und nahm den Weg durch die Zakroczymer Strasse, die Fretgaffe, Lange Gaffe, Methgaffe und Senatorftrafse, den Schlofsplatz und die Alexander-Brücke. Sämmtliche Officiere des Keksholmer Grenadier-Regimentes begleiteten zu Wagen Se. Majeftät den Kaifer von der Citadelle zum Bahnhofe der Warfchau-Petersburger Eisenbahn, wofelbft fie bis zum Momente der Abreife Sr. Majestät verblieben.

Der Bahnhof der Warschau-Petersburger Eifsenbahn war mit den ruffischen und öfterreichischen Reichsflaggen, die

Corridors und die Säle mit frifchen Blumen und Gewächfen gefchmückt.

Sämmtliche Generale und Corpscommandanten waren bei der Ankunft Sr. Majestät auf dem Bahnhofe der Warschau-Wiener Eisenbahn und bei der Abfahrt des Kaifers auf dem Bahnhofe der Warschau-Petersburger Eisenbahn zugegen.

Im Bahnhofe angelangt, geruhte Se. Majestät die Ehrenwache des volhynifchen Leibgarde-Regimentes zu befichtigen, fowie den geheimen Rath Nabokow und zwei Deputationen, die eine bestehend aus fechs Perfonen aus der Mitte der angefehenften Bewohner der Stadt Warfchau, die andere, entfendet von den in Warschau anfäfsigen öfterreichischen Unterthanen, zu empfangen.

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Se. Majeftät der Kaifer von Rufsland hatte felbft angeordnet, wo Ehrenwachen zur Begrüfsung Sr. Majestät aufgeftellt werden follen, und aus welchen Abtheilungen fie zu beftehen haben. Nach dem ursprünglichen Befehle follte die Ehrenwache im Bahnhose der Warschau-Wiener Eisenbahn bei der Ankunft Sr. Majestät in Warschau aus einer Abtheilung des Keksholmer GrenadierRegimentes bestehen und fich hierauf mit ihrem Regimente vereinigen; da indefs Se. Majestät der Kaiser auf Seiner Durchreife durch Warschau Sich dafelbft nur 2 Stunden aufhalten follte, fo hatte der Generaladjutant Baron Lieven gleich nach feiner Ankunft in Warschau auf telegraphischem Wege die Entschliefsung des Kaisers von Rufsland dahin erbeten, dafs die Ehrenwache auf dem Bahnhofe der Warschau-Wiener Eisenbahn bei Ankunft Sr. Majeftät des Kaifers aus einer Abtheilung des lithauischen Leibgarde-Regimentes und nicht des Keksholmer Grenadier-Regimentes gebildet werde, wozu der Generaladjutant Baron Lieven gleichfalls auf telegraphischem Wege die Zustimmung Sr. Majestät des Kaifers von Rufsland erhielt.

In dem Saale des Bahnhofes geruhte Se. Majestät das vorbereitete Frühstück einzunehmen.

Nach beendigtem Frühstücke, zu welchem faft alle Perfonen,. die fich bei der Begrüfsung des Kaisers auf dem Bahnhofe der Warschau-Wiener Eisenbahn befanden, fowie die Herren aus dem Gefolge des Kaisers mit einer Einladung beehrt wurden, geruhte

Se. Majeftat Schlag 9 Uhr die Reise in kaiserlichen Waggons nach St. Petersburg fortzusetzen.

Mit Sr. Majeftät dem Kaifer fuhren auch der Chef des Keksholmer Grenadier-Regimentes Generalmajor Bremsen, sowie der Hauptmann vom Regimentsstabe Reichenbach, der Erftere, um an der Seite des Kaisers während der ganzen Dauer der Anwesenheit Sr. Majestät im Bereiche Russlands zu verbleiben, der Letztere hingegen als ftändiger Ordonnanzofficier bei Sr. Majestät dem Kaiser.

Se. Majestät der Kaiser nahmen das Diner im Waggon um 5 Uhr Nachmittags ein, als der Zug die Station Poretsche verlassen hatte. Ausser der kaif. ruffifchen Suite hatten Ihre Excellenzen Graf Andrásy, Freiherr v. Braun, Freiherr v. Hofmann und mehrere Herren der Suite die Ehre, dem Diner bei Sr. Majeftät beigezogen zu werden. Das Wetter war den ganzen Tag über schön und weithin erglänzte die Schneelandschaft, hie und da von Ortschaften und Wäldern coupirt, im Sonnenlichte.

DREIZEHNTER FEBRUAR.

Seine Majeftät der KAISER langte um 10 Uhr 50 Minuten Vormittags in Luga an. Se. Excellenz der k. und k. österreichischungarische Gefandte General der Cavallerie Freiherr v. Langenau mit einem Theile des Perfonales der Gefandtschaft, sowie der Gouyerneur von St. Petersburg Geheimrath Lutkowski, erwarteten in Luga Se. Majeftät und hatten die Ehre, nebft der Suite dem Dejeuner beigezogen zu werden, welches Se. Majeftät der Kaifer im Waggon einnahm. Der Aufenthalt in Luga dauerte zwanzig Minuten.

Seine Majeftät Kaifer ALEXANDER von Rufsland hatte sich am 12. Februar nicht ganz wohl gefühlt, und es war Anfangs in Frage gestellt, ob Derselbe Seinem hohen Gaste entgegenfahren würde. Se. Majeftät hatte Sich jedoch glücklicher Weife wieder erholt und. begab Sich um II Uhr 30 Minuten mittelft Extrazuges nach Gatfchina, um Se. Majeftät den Kaifer dort zu empfangen. In Begleitung Sr. Majeftät des Kaifers von Rufsland befanden fich: Ihre kaiferlichen Hoheiten der Grofsfürft - Thronfolger CESAREWITSCH, die Grofsfürften WLADIMIR und ALEXIS ALEXANDROWITSCH und Prinz ALEXANDER von Heffen. In dem Bahnhofe zu Gatfchina war eine Abtheilung des LeibgardeKüraffier-Regimentes Ihrer Majestät der Kaiserin von Russland als Ehrenwache aufgeftellt, deffen Mufikchor beim Herannahen des Zuges die öfterreichische Volkshymne fpielte. Als der Train vor dem Bahnhofe hielt, verliefs Se. Majestät der Kaiser den Waggon und wurde von Sr. Majestät Kaiser ALEXANDER mit der herzlichften Umarmung begrüfst. Eine gleich herzliche Bewillkommnung fand von Seite der anderen anwefenden Mitglieder der

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