Bd. Erlösungen. Aber die Liebe. Die Verwandlungen der Vensus

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S. Fischer, 1920
 

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Page 155 - Horn des Mondes hoch. Düster wie von Blutschnee glimmt die lange Straße, Wie von Blutfrost perlt es in den Birken, Wie von Blut umtropft sitzt der im Schlitten. „Mensch, was sagt man von dem großen Kaiser?
Page 160 - Geht doch hinaus und seht die Bäume wachsen: sie wurzeln fest und lassen sich züchten, und jeder bäumt sich anders zum Licht. Ihr freilich, Ihr habt Füße und Fäuste, Euch braucht kein Forstmann erst Raum zu schaffen, Ihr steht und schafft Euch Zuchthausmauern so geht doch, schafft Euch Land! Land! Rührt Euch vorwärts, rückt aus! Richard Dehmel „Predigt ans Großstadtvolk" Nein, hier sollt Ihr bleiben!
Page 155 - Gro§ am Himmel stand die schwarze Wolke, Fressen wollte sie den heiligen Mond; Doch der heilige Mond steht noch am Himmel, Und zerstoben ist die schwarze Wolke. Volk, was weinst du ? Trieb ein stolzer kalter Sturm die Wolke, Fressen sollte sie die stillen Sterne. Aber ewig blühn die stillen Sterne ; Nur die Wolke hat der Sturm zerrissen, Und den Sturm verschlingt die Ferne. Und es war ein grofjes schwarzes Heer, Und es war ein stolzer kalter Kaiser. Aber unser Mütterchen, das heilige Rußland,...
Page 131 - AN MEINEN SOHN DER Sturm behorcht mein Vaterhaus, mein Herz klopft in die Nacht hinaus, laut ; so erwacht' ich vom Gebraus des Forstes schon als Kind. Mein junger Sohn, hör zu, hör zu : in deine ferne Wiegenruh stöhnt meine Worte dir im Traum der Wind. Einst hab ich auch im Schlaf gelacht, mein Sohn, und bin nicht aufgewacht vom Sturm ; bis eine graue Nacht wie heute kam. Dumpf brandet heut im Forst der Föhn, wie damals, als ich sein Getön vor Furcht wie meines Vaters Wort vernahm. Horch, wie...
Page 130 - Was weinst du, Sturm? — Hinab, Erinnerungen! Dort pulst im Dunst der Weltstadt zitternd Herz! Es grollt ein Schrei von Millionen Zungen Nach Glück und Frieden: Wurm, was will dein Schmerz! Nicht sickert einsam mehr von Brust zu Brüsten Wie einst die Sehnsucht, nur als stiller Quell; Heut stöhnt ein Volk nach Klarheit, wild und gell, Und du schwelgst noch in Wehmutslüsten?
Page 158 - Liegt eine Stadt im Tale, ein blasser Tag vergeht; es wird nicht lange dauern mehr, bis weder Mond noch Sterne, nur Nacht am Himmel steht. Von allen Bergen drücken Nebel auf die Stadt; es dringt kein Dach, nicht Hof noch Haus, kein Laut aus ihrem Rauch heraus, kaum Türme noch und Brücken. Doch als den Wandrer graute, da ging ein Lichtlein auf im Grund; und durch den Rauch und Nebel begann ein leiser Lobgesang, aus Kindermund.
Page 159 - Wir haben ein Bett, wir haben ein Kind, mein Weib! Wir haben auch Arbeit, und gar zu zweit, und haben die Sonne und Regen und Wind. Und uns fehlt nur eine Kleinigkeit, um so frei zu sein, wie die Vögel sind: Nur Zeit.
Page 164 - Maste rollen, durchs Möwengetümmel um Schlot und Spriet. Fremder, dann stehst du zuerst wie irr, spürst nicht das Werk, das da wachsen mag, nicht von den Werften herüber den Takt im Hammerschlag, nur das Gekrach und Gerassel, Geklirr, Geschwirr, und ziellos fragt dein Blick ins Gewirr: wird je auf Erden noch Feiertag?
Page 131 - Und wenn dir einst von Sohnespflicht, mein Sohn, dein alter Vater spricht, gehorch ihm nicht, gehorch ihm nicht: horch, wie der Föhn im Forst den Frühling braut!
Page 173 - Künstlers laß einen flügelstolzen Greifen liegen, mager, die Geiernase möglichst krumm, den edeln Pantherleib zum Sprung gereckt. Ich sehe, wie des Dichters blasse Rechte liebkosend nach dem stählern hochgeschwungnen, dem nordseegrauen Flügelpaar hintastet. Ich sehe seinen meerblau stillen Blick, die dunkeln Amethysten der Pupillen, in sich gekehrt, heimkehrend aus der Ferne; er träumt ein Lied.

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