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,,Wo sie hingehen, verbreiten sie Jammer und Unglück." ,,Um ein friedliches Nachgeben wissen sie nichts."

„Die Gottesfurcht ist ferne aus ihren Augen verschwun,,den."

Unwissenheit, grober Unglaube und Aberglaube haben sich gleichsam in die arme Menschheit getheilt. Daher gieng bei Christus seine Hauptsorge, und sein Hauptbemühen anfangs dahin, als er unter den Menschen auftrat: einsweilen (einigen wenigstens) seine göttlichen Lehren, die er vom Himmel aus dem Schooße seines Vaters mitbrachte, mitzutheilen diese wenigstens einsweilen dahin zu bringen, daß sie dieselben glåubig annahmen.

Die er nun selbst unterrichtet hatte, machte er hernach zu Lehrern der übrigen Menschheit, indem er ihnen den Auftrag ertheilte: Fortzugehen in die ganze Welt, und alle Vôl,,ker zu unterrichten, wie, und worin er sie selbst unterrichtet „hatte."

Von diesem Auftrage Christi an seine Schüler schreibt sich das öffentliche Lehramt her, welches noch immer fortbehalten wird unter denen, welche sich nach seinem Namen Christen nennen im weitern Sinn dieses Wortes genommen.

Wer nun dieses Lehramt verschmähet, in so fern es sich an Christi Lehren und Aufträge hålt; der verschmähet Christi vortreffliche Anstalt, und ein nicht unbedeutendes Beförder ungs-Mittel der Tugend.

Um seinen Schülern selbst die Wichtigkeit ihres Umtes, und der übrigen Menschheit die Größe der Pflicht, den zu ertheilenden Unterricht mit Lernbegierde, und mit überlegsamer Wahrheits- Liebe anzuhören und aufzunehmen um beides mit einem Male nachdrucksam darzulegen, sagte er Mark. 16, 16: Wer da glaubt, und getaufet wird; der wird selig ,,werden: wer aber nicht glaubt; der wird verdammet werden.“

Luk. 10, 16. sagte er zu seinen Schülern: Wer euch „anhört, der håret mich an: und wer euch verachtet, der ver=

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,,achtet mich. Wer aber mich verachtet, der verachtet den, ,,welcher mich gesendet hat."

Wiederum nach Joh. 8, 47. sagte er: „Wer aus Gott ,,ist, der höret Gottes Worte gern.“

Wer Gottes Wort, da es ihm verkündiget wird, versåumt, und verschmähet; der hat keinen Sinn für Gott und für das Göttliche: er steht mithin auch in keiner Gemein= schaft mit Gott.

§. 111.

Die besondere Vortheile des öffentlichen Unterrichtes.

Der öffentliche Unterricht über Gegenstände der Religion, welcher seit Christi Zeiten in seiner Kirche, d. i. in den Versammlungs-Orten seiner Gläubigen ertheilt wird, macht die Menschheit, welche an diesem Unterrichte Antheil nehmen mag, je mehr und mehr bekannt

1. mit den wichtigsten Wahrheiten, die sie glauben;

II. mit den wichtigsten Lebens-Regeln, die sie ausüben - oder befolgen;

III. mit den wichtigsten Beweggründen, auf die sie sich

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IV. mit den wichtigsten Verheißungen und Aussichten, auf die sie sich fest verlassen;

V. mit den wichtigsten Trostgründen, mit denen sie sich in allen je möglichen Schicksalen dieses Lebens beruhigen kann und foll.

Die Verfäumung des öffentlichen Religions - Unterrichtes (besonders bei solchen, die desselben unverkennbar noch wohl bedürftig wåren zu besserer Führung ihres Lebens) ist immer auch ein ziemlich sicheres Zeichen

entweder von grobem Stolz, und egoistischer Selbstgenügsamkeit,

oder von verderblicher Gleichgültigkeit und Kålte gegen Gott, und gegen das eigene Weiterkommen in fittlicher Vollkommenheit.

Die Verfäumung dieses Unterrichtes, besonders wean

sie aus eitel Nachlässigkeit geschieht, ist immer auch eine nicht unbedeutende Sünde desto bedeutender, wichtiger je mehr man dieses Unterrichtes noch wirklich benöthiget ist; je unstatthafter, nichtswerther an sich die Ursachen oder Gründe find, womit man sich von diesem Unterrichte freispricht ; je länger ein solches Versäumniß fortgesezt zu eigenem großem Schaden, und zum Anstoß für Andere fortgeseht wird.

Aber was soll ich dem öffentlichen Religions - Unterrichte viel nachlaufen, und da zuhorchen gleich dem unwissenden und rohen Pöbel heißt es bei Solchen, die sich ihrer Gelehrsamkeit wegen hoch důnken, eine solche Mühe kann ich mir wohl ersparen! Was ich nöthig habe an solchem Unterricht, das kann ich mir leicht auf eine bequemere Weise selbst verschaffen durch das Lesen erbaulicher und belehrender Schriften u. s. w.

Dieses Vorgeben mag bei einigen wirklich wahr seyn; aber wie Viele thun das nicht bei all ihrem Vorgeben? Die Erfahrung_lehret es: daß gerade diejenigen, welche sich - dem öffentlichen Religions Unterrichte am meisten entziehen, auch die Privat- Belehrungen und Erbauung betreffend die Nachlâffigften find.

Bei Andern heißt es wohl gar: Viel Wiffen, macht Kopfwehe: wenn man weniger weiß, hat man weniger Schul- · digkeit und Verantwortung auf sich, u. s. w. Unter solchen Vorwänden entziehen sich wieder Viele dem öffentlichen Religions = Unterrichte; sie berauben sich aber auch dadurch all der herrlichen Vortheile, welche aus diesem Unterrichte für sie hervorgehen könnten. Der öffentliche Religions - Unterricht bringt eigene Vortheile, welche die beste Privat = Erbauung und Belehrung nicht haben. In dem öffentlichen Religions= Unterricht vernimmt man nicht selten aus dem Munde eines Lehrers gewisse

=

Wahrheiten, welche man aus zu großer Eigenliebe, oder aus Bequemlichkeit und Trägheit entweder gar nie bedenken, würde, oder sie doch nie so bedenken würde, wie sie hier vorgetragen und dargestellt werden.

Außerdem senken sich die Wahrheiten, die man aus dem ` Munde eines Lehrers vernimmt, tiefer in das mensch= fie machen weit mehr Eindruck, und

liche Gemüth ein
bleiben långer im Andenken.

Bei öffentlichen Vorträgen; besonders wenn fie feierlich gehalten werden, wirken gewöhnlich mehrere Dinge zusammen, um die guten Wirkungen in den Zuhörenden hervorzubringen, welche durch solche Vorträge beabsichtiget werden. Das Lebendige der Stimme, die Gebehrdung, die Regsamkeit des Lehrers, der Ernst womit er spricht selbst der Anblick der übrigen Zuhörer umher alles macht hier Sensation, die man bei einer Privaterbauung und Belehrung nie haben wird.

§. 112.

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Die rechte Weise, wie der öffentliche Religions-Unterricht angehört und benußt werden soll.

Damit der öffentliche Religions-Unterricht die gewünsch= ten Vortheile bringen könne, dahin ist erfoderlich, daß man die Anhörung desselben betreffend gewiffe Dinge beobachte, die ihn erst zu etwas Gedeihlichem machen. Der öffentliche Religions-Unterricht kann, wie jedes andere Beförderungs-Mit= tel der Tugend, seine guten Wirkungen oder Früchte erst hervorbringen, wenn der Mensch selbst von seiner Seite das Seinige redlich beiträgt und thut. Und zwar hat man den öffentlichen Religions - Unterricht betreffend

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Manches zu besorgen, schon ehe man ihn anhört;

Manches während dem Anhören selbst;

Manches nachdem man ihn angehört hat.

I.

Ehe man den öffentlichen Religions-Unterricht anhört

man zu besorgen?

was hat

Schon ehe man ihn anhört, soll man sich so viel mög= lich vorläufig eine hohe Idee zu verschaffen suchen von dieser göttlichen Anstalt, oder Einrichtung selbst, und von ihrer wohlthätigen Absicht, wegen welcher sie errichtet worden ist von Christus, dem Wiederhersteller der Menschheit.

Die öffentliche Lehranstalt in der Kirche ist Christi Anstalt, errichtet zum Heile der Menschen, zur Aufhellung ihres sonst verfinsterten Verstandes, und zur Zurechtstellung ih= res verkehrten Willens in seinen Verlangen. Gesuchen und Streben.

Was hier vorgetragen wird, das wird vorgetragen auf Gottes Befehl, und aus Gottes Wort.

Bei dem öffentlichen Religions-Unterricht soll man demnach jedesmal nur in der Absicht, und mit der guten Gesinnung erscheinen, um da zu vernehmen

Was Gott gefällig,

Was der Menschheit dienlich oder gedeihlich seyn mag in Hinsicht auf ihre hohe Würde und Be= stimmung.

Jede beunruhigende Sorge, jede profane Spekulation lege man, so viel möglich, von sich; man erwecke den Geist zur erfoderlichen Attention, zu nüchterner Ueberlegung, und schicke sich mit eigener Sorgfalt dazu an, um recht unbefangen vernehmen zu können, was uns der Herr durch seinen Diener und Lehrer kund machen will.

II.

Während dem Anhören des öffentlichen Religions Unterrichtes was hat man zu besorgen?

=

Während dem Religions - Unterrichte hefte man sein Gemüth ganz auf das hin, was vorgetragen wird. Durch nichts in der Welt lasse man sich in seiner Aufmerksamkeit stören oder hindern. Bei jeder wichtigen Wahrheit, welche man vernimmt bei jedem merkwürdigen Ausspruch, welchen der Lehrer aus Gottes Wort vorbringt: bei jeder Erläuterung, Erörterung, die er darüber ertheilt, werfe man in der Stille einen Blick auf sein Inneres, um zu sehen, ob dieses uns keine Erinnerungen zu machen, keine besondere Warnungen oder Weisungen zu geben, keine Vorwürfe zu machen habe.

Zu einem Beispiele in diesem Fache sey uns die Maria, der Martha und des Lazarus Schwester, welche sich bekanntlich

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