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will. Während man allen andern erlaubt die Gottheit auf ihre Weise zu verehren, werden wir Christen allein gezwungen, keine eigene Religion zu haben: denn, sezt er mit Bitterkeit hinzu, bei euch darf gesezlich alles verehrt werden, nur nicht der wahre Gott 24.

Viel mehr aber als alle diese Argumente haben ohne Zweifel die Märtyrer dem Christenthume genüzt und die Anerkennung und Achtung seiner Gegner erzwungen. In ihnen ist nach dem Ausdrucke des Augustinus gleichsam Christus selbst unter den Heiden auferstanden um sie zum Glauben zu führen 25. Der Enthusiasmus womit diese Männer in den Tod giengen, hat die Römischen Statthalter am meisten frappirt und ihnen eine unwillkürliche Achtung eingeflösst vor dem Glauben der solches hervorbrachte. Als der Römische Statthalter Arrius Antoninus in Asien eine anhaltende Verfolgung angeordnet hatte und die Christen freiwillig massenweise vor seinem Richterstuhle erschienen waren, konnte er nicht umhin sie mit den Worten anzureden: Unglückliche, wenn ihr sterben wollt, so habt ihr ja Felsen und Stricke! 26 Wir siegen allein indem wir getödet werden: Kreuziget, foltert, verurtheilt, zerstampfet uns, unsere Unschuld ist der Beweis euerer Ungerechtigkeit. So oft ihr uns abmähet, mehrt sich unsere Zahl, denn ein guter Same

24 Tertullianus Apol. 24.

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Augustinus in Ps. 43, 22 T. IV, 1 p. 283, C. Vergl. auch die vortrefflichen Gedächtnisreden auf die Märtyrer von Maximus Taurinensis Serm. 83 ff. p. 623 ff.

26 Tertullianus Ad Scapulam 5.

ist das Blut der Christen 27. In der That Männer der Art hinrichten hiess nur mit dem Schwerte ins Feuer schlagen, es blieb gar nichts anderes übrig als sie ruhig ihre Wege gehen zu lassen. Viele Römischen Statthalter denen diese Processe zuwider waren, suchten darum den Angeklagten auf alle Weise durchzuhelfen: Cincius Severus gab selbst den Christen die Art an, wie sie antworten sollten um entlassen zu werden; Vespronius Candidus entliess einen Christen gleich als wäre er ein Aufrührer, um die Bürger zu beschwichtigen; Asper hielt einen andern, der nur wenig gefoltert sogleich abfiel, gar nicht mehr an zu opfern, indem er bereits vorher erklärt hatte, dass ihm der ganze Process zuwider sei; Pudens entliess einen ihm zugeschickten Christen sogleich, indem er die Anklageschrift zerriss und erklärte, er werde wie das Mandat verlange niemanden verhören, wenn nicht der Ankläger selbst zugegen sei 28. Unter diesem 27 Tertullianus Apol. 50: vicimus cum occidimur.. cruciate, torquete, damnate, atterite nos. probatio enim est innocentiae nostrae iniquitas vestra.. plures efficimur quoties metimur a vobis, semen est sanguis Christianorum. Ad Scapulam 5: crudelitas vestra gloria est nostra.. nec tamen deficiet haec secta, quam tunc magis aedificari scias, cum caedi videtur. Augustini Sermo 22, 4 T. V p. 83, D: sparsum est semen sanguinis, surrexit seges ecclesiae, und schon die Epist. ad Diognetum 7 p. 237, D: ovx ógas oσo πλείονες κολάζοντες, τοσούτῳ πλεονάζοντας ἄλλοις; Ein sehr anschauliches Bild, wie es bei jenen Processen zugieng und dass gegen Männer der Art jede feindselige Legislation ohnmächtig war, geben die Acta Proconsularia Cypriani in Ruinart's Acta martyrum p. 188 ff., ferner die Passio Agaunensium martyrum ib. p. 243, und die Acta Maximiliani martyris p. 264 der Voroneser Ausg. vom J. 1731.

25 Tertullianus Ad Scapulam 4.

Mandate ist ohne Zweifel das bekannte des Trajanus zu verstehen, worin den kaiserlichen Statthaltern befohlen war: sie sollten die Christen nicht aufsuchen lassen; wenn sie ihnen aber angezeigt und überwiesen würden, so sollten sie dieselben bestrafen, so jedoch, dass wer Christ zu sein leugne und dies dadurch bethätige dass er den Göttern opfere, wegen des Vergangenen ungestraft ausgehe; auch solle anonymen Anklagen keine Folge gegeben werden 29: woraus klar hervorgeht, Trajanus habe durch dieses Mandat die Christen auf alle Weise geschont wissen wollen, soweit es nach den bestehenden Gesezen möglich war. Ja es ist, hiemit übereinstimmend, ausdrücklich überliefert, dass als Tiberianus, Praefect von Palaestina, an den Kaiser berichtete, es sei mit der Todesstrafe nichts mehr ausgerichtet, da die Christen selbst freiwillig der Strafe sich darböten, Trajanus ihm und den übrigen Praefecten befohlen habe, alle Verfolgungen einzustellen 30.

In das Einzelne dieser Verfolgungen einzugehen ist nicht dieses Ortes; es genügt die Bemerkung des Origenes zu wiederholen, dass vor der blutigen Verfolgung des Decius (249-251) verhältnismässig nur wenige und leicht zu zählende Opfer für den christlichen Glauben zeitweise gefallen seien 3. Von Ha

29 Plinius Epist. X, 98. Vergl. X, 43.

30 Johannes Malalas Chronogr. p. 273 und aus ihm Suidas v. Toaïavós p. 1193.

31 Origenes Adv. Celsum III, 8 p. 452, D: óhiyo xaτà xaιgovs xai σφόδρα ευαρίθμητοι περὶ τῆς Χριστιανῶν Θεοσεβείας τεθνήκασι.

drianus, der in alle Mysterien eingeweiht war 32, und von Alexander Severus wird berichtet, auch sie hätten Christum unter die Götter aufnehmen und ihm Tempel wollen errichten lassen; die heidnischen Priester aber hätten ihnen vorgestellt, dass wenn diess geschehe, Alle Christen werden und die Göttertempel leer stehen würden 33. Alexander Severus selbst, dessen Mutter Mammaea den Unterricht des Origenes genossen hatte 34, verehrte in seiner Hauscapelle Abraham und Christus, Orpheus und Apollonius von Tyana 35; und der Kaiser Carinus (283-284) soll von einer bösen Krankheit, gegen die er sonst vergeblich Hilfe gesucht, durch das Gebet zweier christlichen Ärzte, Kosmas und Damianus, in auffallender Weise geheilt, sofort befohlen haben, die Christen nirgendwo mehr zu verfolgen, noch in der Ausübung ihres Glaubens. zu stören 36. Zwei Decennien später aber erliess, aus unbekannten Ursachen, Diocletianus im neunzehnten Jahre seiner Regierung am 24. Febr. 303 ein Edict worin befohlen wurde: die christlichen Kirchen bis auf den Grund abzutragen und ihre heiligen Bücher dem Feuer zu übergeben; die Christen, welche Staats

32 Tertullianus Apol. 5: curiositatum omnium explorator. Oracula Sibyllina VIII, 56 und X, 169: οὗτος καὶ μαγικῶν μυστήρια πάντα καθέξει ἐξ ἀδύτων.

33 Aelius Lampridius in v. Alex. Sev. 43.

34 Eusebius Hist. eccles. VI, 21. Orosius VII, 18. Leo Grammaticus Chronogr. p. 74. Zonaras XII, 15 p. 574. Cedrenus I p. 450. Michael Glycas p. 453. Nicephorus Callistus V, 17.

35 Aelius Lampridius in v. Alex. Sev. 29. Tillemont Hist. des empereurs III p. 163 f.

36 Joh. Malalas Chronogr. p. 305.

ämter bekleideten, sollten derselben entsezt werden, die im Hausdienste befindlichen Sklaven aber, wenn sie im Bekenntnis des Christenthums verharrten, unfähig sein freigelassen zu werden. Bald darauf befahl er durch ein zweites Edict, alle Kirchenvorsteher überall zuerst in Fesseln zu legen und dann auf jede Weise zum opfern zu zwingen 37.

Der Kaiser aber auf dessen Befehl diese lezte und blutigste neunjährige Christenverfolgung stattfand, gab zulezt sich selbst den Tod, nachdem er selbst die Eitelkeit aller seiner Bestrebungen, den Umsturz der ganzen Staatsordnung die er zu begründen vermeinte, und die feierliche Anerkennung dessen was er ausrotten wollte, erlebt hatte. Er starb durch Hunger, oder Herzensangst, oder Gift 38. Gerade in den scheuslichen Metzeleien dieser Verfolgung war vor aller Welt Augen die grosse Zahl und der unerschütterliche Glaubensmuth der damaligen Christen, und ihnen gegenüber die gänzliche Ohnmacht jeder feindseligen Legislation offenbar geworden: man musste von der Verfolgung abstehen und gewähren lassen, was nicht zu ändern war; denn Dutzende oder

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Eusebius Hist. eccles. VIII, 2 p. 240, C. Vergl. Ruinarti Acta martyrum p. 313. 338. Die romanhafte Art, wie neuerlich J. Burckhardt in dem Buche über die Zeit Constantins p. 327 ff. diese ganze Diocletianische Verfolgung der Christen zu motiviren versucht hat, ist in hohem Grade widerlich.

38 Aurelius Victor Epit. 54: morte consumtus est per formidinem voluntaria .. venenum dicitur hausisse; und Lactantius De mort. persec. 42: fame atque angore confectus est. Tillemont Hist. des empereurs IV p. 54.

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