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treten haben. Allein dies kann niemals dahin führen, den Kreistag oder den Vorsteher des Kreises als dasjenige Organ anzusehen, welches sie einstweilen etwa bis zur Bestellung eines Bevollmächtigten zu vertreten und welches insbeson= dere für sie Zustellungen mit Rechtswirksamkeit entgegen= zunehmen habe. Wo der Kreistag dem betreffenden Amte in dem Verfahren gegenübergetreten ist, verbietet sich das nach allgemeinen Rechtsgrundsäßen von selbst, da weder im Beschlußnoch im Streitverfahren eine Partei zugleich sich selbst und ihren Gegner vertreten kann. Aber auch in dem Falle, wenn der Kreistag gewissermaßen zufällig in seinen Ansichten mit der Vertretung des betreffenden Amtes übereinstimmt, ist er nicht berufen, die Parteirolle dieses Amtes nach irgend einer Richtung hin zu übernehmen. Fehlt es an einer Person, welcher für die Vertreter des Amts zugestellt werden könnte, so muß entweder vorab für die Bestellung eines Bevollmächtigten Sorge getragen werden oder die Zustellung an die sämmtlichen einzelnen Vertreter erfolgen. Völlig abwegig

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ist der Hinweis des Beklagten auf die §§. 113, 116 und 117 der Kreisordnung, wonach der Kreistag das zur Vertretung der Anstalt legitimirte Organ sei; denn die Anstalt ist nicht Partei in dem Auseinanderseßungsverfahren und die angezogenen geseßlichen Bestimmungen enthalten lediglich Normen für den zur Zeit eben noch nicht eingetretenen Fall, daß der Uebergang der Anstalt auf den Kreis in dem Auseinanderseßungsverfahren bereits festgestellt worden wäre; für die Regelung der Parteirollen in diesem Verfahren sind dagegen ausschließlich die Vorschriften des §. 112 maßgebend. Mit der Zustellung des Beschlusses an den Landrath war daher der Zustellungsakt nur und erst einer der drei Parteien dem Kreisverbande - gegenüber vollzogen; die Zustellung an die Vertreter des Amts H. kann dagegen wenn sie überhaupt als ordnungsmäßig erfolgt gelten soll nur im Einverständniß mit diesen Vertretern selbst in der auf dem Kreistage vom 29. Dezember 1886 stattgefundenen Mittheilung von dem Inhalte des Beschlusses erblickt werden; ihr gegenüber ist die Klagefrist gewahrt.

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War demnach auf die Sache selbst einzugehen, so lag kein genügender Grund vor, die in erster Linie vom Kläger beantragte Zurückverweisung an den Vorderrichter eintreten zu lassen: Die Angelegenheit ist in den bisherigen Verhandlungen nach allen Seiten hin eingehend beleuchtet; auch hätte es dem Kläger freigestanden, etwa früher nicht zur Sprache gebrachte Thatsachen oder Gesichtspunkte noch in dieser Instanz geltend zu machen; da dies nicht geschehen ist, muß angenommen werden, daß weiteres Material von seiner Seite nicht beizubringen ist. Deshalb konnte kein Bedenken obwalten, sofort von hier eine fachliche Entscheidung zu treffen. Diese aber mußte zu Gunsten des Beklagten erfolgen. . .*)

Somit ist die Klage gegen den Beschluß vom 4. November 1886 zu II. zurückzuweisen und insoweit die Vorentscheidung zu bestätigen.

Zu I. liegt die Sache anders. Folgerichtig hätte der Vorderrichter von seinem Standpunkt aus diesen Theil des Klageantrages ebenfalls wegen Fristversäumniß abweisen müssen; er hat ihn aber sachlich geprüft und dabei zunächst seine vom Kläger bestrittene Zuständigkeit zu der ausgesprochenen Genehmigung aus den geseßlichen Bestimmungen, wonach der Bezirksausschuß über die Auseinanderseßung zu befinden habe, gerechtfertigt, sodann aber den sachlichen Angriff des Klägers als gegenstandslos bezeichnet, weil nur der einmüthige Beschluß aller Betheiligten bestätigt sei. Gegenwärtig behauptet der Kläger, für ihn entstehe eine Benachtheiligung, wenn er auf der einen Seite die Anstalt X. allein behalten solle, auf der anderen Seite dagegen nach Auflösung der drei Nebenanlageverbände zu der außerordentlichen Armenlast des Amtes T. beitragen müsse. Die Ausführung entbehrt zwar der erforderlichen thatsächlichen Unterlagen, scheint zu übersehen, daß auch das

*) Die folgenden Ausführungen laufen im Wesentlichen darauf hinaus, daß die Eigenart der Anstalt und die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse in den beiden Amtsbezirken es angezeigt erschienen ließen, zu Gunsten des Beklagten eine Ausnahme von der Regel des §. 111 a. a. D. eintreten zu lassen.

Ami T. zu der außerordentlichen Armenlast des Amtes H. beizutragen hat, und läßt insbesondere nicht erkennen, ob der Kläger sich etwa für befugt erachtet und Willens ist, nunmehr seinerseits von dem unterm 30. Dezember 1885 gefaßten Beschlusse wieder zurückzutreten. Immerhin steht aber bei der durch die Erklärungen des Klägers geschaffenen Sachlage nicht fest, daß es rechtlich für ihn gleichgültig sei, ob dem fraglichen Beschlusse die Genehmigung des Bezirksausschusses wodurch er zu einem jeder späteren Anfechtung entrückten Gegenstande der Auseinanderseßung gemacht wird zu Theil geworden ist oder nicht. Es muß daher über den Klageantrag auch in dieser Richtung entschieden werden. Hierfür kommt Folgendes in Betracht.

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Die betheiligten Verbände haben ihre Auflösung beschlossen und der Kreistag hat die von ihnen getragene außerordentliche Armenlast übernommen, um eine größere Vereinfachung des Geschäftsganges und eine innigere Verschmelzung der einzelnen Kreistheile herbeizuführen. Sie sind dabei einer Anregung des Regierungspräsidenten gefolgt und haben, wie aus dem ganzen Verlaufe der Verhandlungen hervorgeht, nichts weniger, als eine Auseinanderseßung in Gemäßheit des §. 112 der Kreisordnung beabsichtigt. Eine solche liegt auch thatsächlich in den Beschlüssen nicht; sie hätte vielmehr erst in Folge der Auflösung der Nebenanlageverbände und der Uebernahme der außerordentlichen Armenlast auf den Kreis eintreten können, wenn nämlich ein Verband behauptet hätte, er sei bei dieser Regelung benachtheiligt und müsse dafür entschädigt werden. Eine Behauptung dieses Inhalts würde in einem gewissen Widerspruche damit stehen, daß der betreffende Verband sich freiwillig auf die Regelung eingelassen hat; und eine etwaige Auseinanderseßung würde nicht in dem durch §. 112 beziehungsweise §. 3 der Kreisordnung vorgesehenen Verfahren vorzunehmen sein, da dieses nur auf solche Auseinanderseßungen Anwendung findet, welche „in Folge der durch die neue Kreisbildung eintretenden“ Zusammenlegung von Verbänden erforderlich werden, hier aber die Auseinander

segung in Folge eines vorangegangenen freien Beschlusses der betheiligten Verbände nothwendig werden würde. Jedenfalls kann in den Beschlüssen vom 30. Dezember 1885 zu A. eine Auseinanderseßung, eine Ausgleichung der dem einen oder anderen Verbande durch ihre Auflösung und den Uebergang ihrer Verpflichtungen auf den Kreis etwa entstehenden Nachtheile, nicht erblickt werden, da diese Beschlüsse lediglich die Zusammenlegung selbst wie wenigstens inhaltlich eine solche aus der Auflösung und dem Uebergange sich ergiebt – ins Leben rufen. Wie unzutreffend es ist, wenn dem entgegen der Bezirksausschuß den Beschluß als einen die Auseinanderseßung involvirenden Theil des Auseinanderseßungsverfahrens angesehen und darnach sich zur Genehmigung für berufen gehalten hat, tritt am Klarsten darin zu Tage, daß er am Schlusse der betreffenden Erörterungen ausdrücklich bemerkt, nach Ablauf der in dem Beschlusse A. festgeseßten fünf Jahre werde eine wiederholte Beschlußfassung des Kreistages einzutreten haben, welche von Neuem der Genehmigung des Bezirksausschusses bedürfe; danach würde es sich um eine lediglich für fünf Jahre bestimmte und später regelmäßig in ähnlichen Zeitabschnitten zu erneuernde, bei etwaiger späterer Ablehnung Seitens des Kreises aber ganz entbehrlich werdende Auseinanderseßung handeln, während der §. 112, wie das schon der Begriff der Auseinanderseßung" mit sich bringt, eine solche im Auge hat, die ohne Beschränkung auf eine vorab begrenzte Periode und ohne den Vorbehalt einer sich nothwendig periodisch wiederholenden Genehmigung alsbald zu definitiver Regelung der Verhältnisse führen und die gegenseitigen Ansprüche der betheiligten Verbände aus den durch die Kreisordnung geschaffenen Veränderungen endgültig für immer ausgleichen soll. Der Bezirksausschuß, der gleichwohl nur von dem hiernach unhaltbaren Gesichtspunkte aus seinerseits eingetreten ist, befand sich daher überhaupt nicht in der Lage, die unter I. seines Beschlusses vom 4. November 1886 ausgesprochene Genehmigung zu ertheilen; auf den Antrag des Klägers war dieselbe wieder aufzuheben.

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Nr. 3.

Beitragspflicht zu den Kreisabgaben.

Die von diesen Abgaben handelnden Bestimmungen über die Doppelbesteuerung finden keine Anwendung auf die Wegeverbandslasten in der Provinz Hannover.

Kreisordnung für die Provinz Hannover vom 6. Mai 1884 §§. 10 bis 16, 101.

Kommunalabgabengesetz vom 27. Juli 1885 §. 13. Hannoversches Gesetz über Gemeindewege und Landstraßen vom 28. Juli 1851 §. 35 (Hannov. G.-S. S. 141). Endurtheil des II. Senats vom 30. September 1887. Rep. II. C. 104/87. 1. Bezirksausschuß zu Hannover.

Der in H. Landkreises H. - in eigenem Hause wohnende, im benachbarten Stadtkreise X. ein Fabrikgeschäft betreibende Ingenieur K. war von ersterem Kreise nach der Grundsteuer, Gebäudesteuer und (25 der) Einkommensteuer zu den Landstraßenbau-Kosten für das Jahr 1886/87 herangezogen, beanspruchte dem gegenüber auf Grund der von der Doppelbesteuerung handelnden Bestimmungen des Kommunalabgaben-Gesezes vom 27. Juli 1885, daß er ganz oder doch in Höhe desjenigen Theiles, welcher nicht auf die Realsteuern entfalle, freigelassen werde, unterlag aber in beiden Instanzen des Verwaltungsstreitverfahrens. Das Oberverwaltungsgericht stüßte seine Entscheidung auf folgende

Gründe:

Der Kläger beruft sich ausschließlich auf den §. 13 des Kommunalabgaben-Gesezes vom 27. Juli 1885, welcher auch auf die zu den Kreislasten gehörenden Landstraßen-Umlagen bezogen werden müsse und folglich eine Anwendung der im Abschnitte B des Gesezes zur Vermeidung von Doppelbesteuerungen gegebenen Vorschriften erforderlich mache. Selbst vom Standpunkte des Klägers aus war indeß, wie hier vorab bemerkt Entscheid. d. königl. Oberverwaltungsgerichts. XV.

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