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werden mag, der Anspruch keineswegs genügend begründet. Zunächst läßt sich aus dem angezogenen Geseze, welches sich lediglich mit den auf das Einkommen gelegten Abgaben beschäftigt,*) jedenfalls ein Anhalt für die völlige Befreiung des Klägers nicht entnehmen, da die fraglichen Umlagen für den Kläger nicht bloß nach seinem Einkommen, sondern auch nach der in H. veranlagten Grund- und Gebäudesteuer berechnet find. Dem eventuellen Antrage aber fehlen alle Unterlagen; denn der Kläger hat nähere Angaben über die von ihm gezahlten Steuern überhaupt nicht gemacht, insbesondere aber versäumt, die in der Gemeinde H. veranlagte Grund- und Gebäudesteuer ziffernmäßig anzugeben. Weiter wird vom Kläger zwar behauptet, er beziehe sein gesammtes Einkommen nur aus dem in der Stadt X. betriebenen Fabrikgeschäfte; allein er besißt in H. ein Wohnhaus mit Garten und seine Annahme, daß er hiervon keine Einnahme habe, kann ohne Weiteres als zutreffend nicht anerkannt werden; so lange aber nicht feststeht, wie hoch sich sein Einkommen aus den verschiedenen Steuerquellen beläuft, kann das Gesez vom 27. Juli 1885 nicht zur Anwendung gebracht werden. Endlich hat der Kläger im Laufe des Streitverfahrens eingeräumt, daß der Beklagte berechtigt sei, den vierten Theil des Gesammteinkommens heranzuziehen; er hält aber trotzdem an seinem Klageantrage fest, von der fehlsamen Anschauung ausgehend, daß es nunmehr erst einer neuen Veranlagung Seitens des Kreisausschusses bedürfe, während vielmehr, falls die Steuerforderung des Kreisausschusses sich als zu hoch auswiese, im gegenwärtigen Verfahren der vom Kläger zu entrichtende geringere Steuerbetrag festzusehen gewesen sein würde.**)

Für die Beurtheilung des eingelegten Rechtsmittels kommt es übrigens hierauf nicht wesentlich an; denn der Vorderrichter hat, ohne auf die hervorgehobenen formellen Mängel einzugehen, den Kläger um deswillen abgewiesen, weil die Bestimmungen des Gesezes vom 27. Juli 1885 auf die Wege

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verbandslasten nicht anzuwenden seien. Dieser Auffassung kann nur beigetreten werden. Es mag vielleicht zu Mißdeutungen Anlaß geben, wenn der Vorderrichter ausspricht, jenes Gesetz finde da keine Anwendung, wo das Kreisbedürfniß, wie im vorliegenden Falle, auf Grund besonderer gefeßlicher Vorschrift durch Zuschläge zu den Staatssteuern zu decken sei; nicht mit Unrecht wendet der Kläger ein, sämmtliche Kreisabgaben würden auf Grund der in den verschiedenen Kreisordnungen enthaltenen gefeßlichen Anordnung als Zuschläge zu den Staatssteuern erhoben. Gerade hiernach läßt sich indeß nur annehmen, daß der Vorderrichter hat betonen wollen, entscheidend sei die Eigenart der im vorliegenden Falle maßgebenden gefeßlichen Vorschrift. Diese schließt in der That eine Hereinziehung des mehrgedachten Gesezes aus. Wie dem Kläger zugegeben werden muß, gehören die Landstraßen-Umlagen an sich zu den Kreislaften im Sinne des §. 10 der Kreisordnung für die Provinz Hannover vom 6. Mai 1884. Sie unterscheiden sich aber sehr wesentlich von den regelmäßigen Kreisabgaben, wie sie in Gemäßheit der §§. 10-16 dieser Kreisordnung gehoben werden. Das bringt nicht bloß der Schlußsaß des §. 10 bestimmt zum Ausdrucke, sondern hat auch bei den Verhandlungen über den Erlaß der Kreisordnung namentlich in dem hier ausschlaggebenden Punkte Anerkennung gefunden. In der Begründung der dem Landtage in den Jahren 1882 und 1883/84 vorgelegten Entwürfe (Aktenstücke des Abgeordnetenhauses 1882 Nr. 5 S. 62 zu B. §§. 6-19 Nr. 1 und 1883/84 Nr. 7 S. 70 zu B. §§. 6-19 Nr. 1) wird hervorgehoben, daß außer den §§. 10-15 auch der §. 16 auf die Wegeverbandslasten unanwendbar sei; die Bestimmungen der Kreisordnung über die „Unzulässigkeit einer Doppelbesteuerung desselben Einkommens" beziehen sich also auf die Wege= verbandslasten nicht. Der Grund hierfür leuchtet ohne Weiteres ein. Der §. 16 ist, wie die Entstehungsgeschichte der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 ergiebt, nur deshalb aufgenommen, weil das Gesetz die forensalische Einkommenbesteuerung einführte und es in Folge dessen nothwendig

wurde, einer zweimaligen Besteuerung desselben Einkommens

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in dem Domizil- und in dem Forensalkreise vorzubeugen. Die Hannoversche Wegegefeßgebung kennt aber eine forensalische Einkommenbesteuerung bei Veranlagung der Landstraßen= Umlagen überhaupt nicht; es kann also auch eine Doppelbesteuerung desselben Einkommens nicht eintreten. Die fraglichen Umlagen werden nach §. 35 des Hannoverschen Gesezes vom 28. Juli 1851 und dessen späteren Abänderungen (Preußische Geseze vom 12. März 1868 und 11. Februar 1870 bezw. 3. Januar 1874) in der Weise ermittelt, daß der ganze Betrag der Grund- und Gebäudesteuer der im Verbande belegenen Grundstücke und Häuser sowie 2/5 der Klassen= bezw. klassifizirten Einkommensteuer und der Gewerbesteuer exfl. Hausirsteuer der Eingesessenen zusammengerechnet werden. Unter Eingesessenen" versteht das Geseß diejenigen Personen, welche innerhalb des Verbandes jezt überall des Kreises ihren Wohnsiz haben (Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Bd. XIII. S. 53 ff.). Der Forensalkreis besteuert daher als Wegeverband allerdings den Grundbesitz als solchen mittelst Heranziehung der Grund- und Gebäudesteuer, nicht aber das Einkommen aus dem in seinem Bezirke belegenen Grundbesize. Dieses wird vielmehr immer nur insoweit es nämlich in dem zur Klassensteuer veranlagten Einkommen steckt von dem Domizilkreise, demjenigen Kreise, in welchem der Pflichtige Eingesessener ist, besteuert. Der Kläger befindet sich demnach von vorn herein in einem Irrthume, wenn er seinen Anspruch auf eine angebliche Doppelbesteuerung seines Einkommens stüßt. Ein anderer Hannoverscher Wegeverband, als der Landkreis H., kann sein Einkommen bei Berechnung der Landstraßen-Umlagen nicht mit in Betracht ziehen. Das dies geschehen oder rechtlich möglich sei, behauptet der Kläger auch nicht; er meint aber, in den Gemeindeabgaben, welche die Stadt X. von ihm hebe, seien auch Kreislasten mitenthalten, folglich treffe der §. 13 des KommunalabgabenGesetzes vom 27. Juli 1885 hier zu. Diese Anschauung muß als irrig bezeichnet werden. Der Stadtkreis X. ist nach

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§. 101 Absay 2 der Hannoverschen Kreisordnung nicht in der Lage, Kreisabgaben in Gemäßheit der §§. 10 ff. der Kreisordnung zu erheben; diejenigen Bedürfnisse, welche er in seiner Eigenschaft als Kreisverband zu decken hat, muß er regelmäßig durch Gemeindesteuern decken; auf Gemeindeabgaben bezieht sich aber der §. 13 a. a. D. nicht; derselbe handelt vielmehr nur von solchen Abgaben, welche Seitens der Kreise, d. h. als wirkliche Kreisabgaben ausgeschrieben werden.*) Nun würde der Stadtkreis X. allerdings auch Landstraßen-Umlagen, welche an sich zu den Kreislasten gehören, einfordern können; auf diese läßt sich der §. 13 aber ebenfalls nicht anwenden. Um dies als rechtlich zulässig betrachten zu können, müßten in erster Linie die Wegeverbandslasten sich als „vom Einkommen erhobene Abgaben" darstellen. Schon in dieser Richtung entstehen wesentliche Bedenken. Die Umlagen werden nicht etwa, wie die übrigen Kreislasten, als Zuschläge zu den einzelnen Staatssteuern in der Art erhoben, daß jeder Zuschlag sich als eine besondere Abgabe kennzeichnet (vgl. Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Bd. III. S. 13; Bd. VII. S. 79); vielmehr muß, wie bereits oben angedeutet, zunächst der Gesammtbetrag der anrechnungsfähigen Steuern also der Grund-, Gebäude-, Klassen- 2c. und Gewerbesteuer zu= sammengerechnet werden und von dieser Gesammtsumme gelangt dann der erste Steuerthaler (3 M.) bei der ersten Umlage mit 50 Pf., jede weitere volle Mark aber überhaupt mit 41% Pf. zum Ansay. In denjenigen Fällen also, wo nicht lediglich die Klassen- 2c. Steuer herangezogen wird, dürfte es kaum thunlich sein, die fraglichen Umlagen auch nur theilweise als „vom Einkommen erhobene Abgaben“ zu behandeln, da die Umlage als solche ein unzerreißbares Ganzes bildet. Soll aber auch von diesem Gesichtspuukte abgesehen werden, so steht dem Kläger doch immer der schon oben betonte Umstand entgegen, daß die Wegeverbandslasten, welche nach einem. grundsäglich verschiedenen Systeme aufgebracht werden, den

*) Vgl. S. 37 ff. dieses Bandes.

gewöhnlichen Kreislasten nicht gleichzustellen sind und bereits aus dem Grunde, weil sie eine forensalische Einkommenbesteuerung nicht in sich schließen, von den zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung desselben Einkommens im Abschnitte B des Kommunalabgaben-Geseßes gegebenen und im §. 13 auf die Kreislasten ausgedehnten Vorschriften nicht getroffen werden können.

Wie der Vorderrichter zutreffend angenommen hat, erledigen sich hiermit die Anträge des Klägers, da sie lediglich auf diesen §. 13 gebaut sind und sonst im geltenden Rechte eine Stüße nicht finden. Die angegriffene Entscheidung war daher zu bestätigen.

Nr. 4.

1. Das reichsgesehlich gewährleistete Recht der örtlich unbeschränkten Erwerbung von Grundeigenthum steht einer (ortsstatutarischen) Verpflichtung des Erwerbenden zu demnächstiger Gewinnung des Bürgerrechts und damit zusammenhängender Zahlung der Bürgergewinngelder nicht entgegen. 2. Die Klage wider Beschlüsse der Gemeindevertretung auf Beschwerden und Einsprüche, betreffend die vorbezeichnete Verpflichtung, ist gegen die Gemeindevertretung zu richten, nicht gegen den Gemeindevorstand.

Reichsgesetz über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 §. 1 (B.-G.-BI. S. 55).

Zuständigkeitsgesetz vom 1. August 1883 §§. 10, 11.

I.

Endurtheil des II. Senats vom 10. Juni 1887. Rep. II. B. 28/87.

I. Bezirksausschuß zu Hildesheim.

Ein Ortsstatut der Stadt H. (Provinz Hannover) ver= pflichtet zum Erwerbe des Bürgerrechts einen Jeden, der

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