Page images
PDF
EPUB

Ansicht, dass überhaupt nur zwei Säuren in den Harzen der Abietineen vorkommen, nämlich die Abietinsäure und die Pimarsäure. Klarheit in diesem Punkte zu schaffen, war der Zweck der ersten Arbeit von Dietrich1). Dieser benutzte für die Darstellung der Abietinsäure als Ausgangsmaterial amerikanisches Kolophonium von Pinus Taeda, Pinus strobus und Pinus palustris stammend, für Pimarsäure französisches Galipot, den an der Luft erhärteten Terpentin von Pinus maritima und Pinus Pinaster. Durch zahlreiche Analysen weist Dietrich nach, dass die prozentische Zusammensetzung bei Abietinsäure und Pimarsäure die gleiche ist, beide demnach als isomer zu betrachten sind, jedoch nicht als identisch, da sie im Schmelzpunkt, der Krystallform ihrem Drehungsvermögen und ihren Salzen von einander differieren. Auf Grund der Salzbildung bezeichnet er die Säuren als zweibasisch und giebt ihnen die Formel C40 H56 04, ohne aber Molekulargewichtsbestimmungen ausgeführt zu haben, weshalb auch die halbe Formel C20 H28 O2 berechtigt erscheint. Seine Formel bringt er in Zusammenhang mit dem ätherischen Öl des Terpentins, wonach die Säuren Produkte der Oxydation desselben sein würden:

4

2

4 C10 H16+40=C40 H56 01 +4 H2 O. Er beschäftigte sich nebenbei auch mit der künstlichen. Herstellung von Harzsäuren aus Terpentinöl, indem er auf letzteres Ozon in der Hitze einwirken liess. Er erhielt dabei aber nur harzähnliche Substanzen und kommt deshalb zu dem Schlusse, dass die krystallisierten Harzsäuren in ihrem betreffenden Harz vorgebildet sind und sich mit anderen amorphen Harzkörpern darin gemischt vorfinden.

1) Étude comparée sur l'acide abiétique et l'acide pimarique, Thèse Bern 1883.

Die Analysendifferenz der Maly'schen Abietinsäure führt er auf Unreinheit der Substanz zurück und bestreitet das Vorhandensein von Abietinsäureanhydrid im Kolophonium, da die Analysen des Mutterharzes stets weniger Kohlenstoff ergaben als krystallinische Säure selbst.

Diesen Untersuchungen Dietrichs, denen Handelsmaterial zu Grunde gelegt war, schlossen sich die von Ducommun an.1) Er wählte den einzig zuverlässigen Weg und studierte nur Harzprodukte sicherer Provenienz so die Harze resp. Harzsäfte von Pinus strobus L. (Weymouthskiefer), Picea vulgaris Lk. (Fichte), Pinus sylvestris (Kiefer), Abies pectinata DC. (Weisstanne) und Larix europaea DC. (Lärche). Er kam dabei zu folgenden Resultaten: Das Harz des Stammes von Pinus strobus enthält Abietinsäure, ebenso das Harz von Picea vulgaris, wenn auch nur in sehr geringer Menge. Das Kolophonium des Harzes aus dem Stamme von Pinus. sylvestris ergab Pimarsäure, während das Kolophonium des Harzes aus der Wurzel desselben Baumes aber merkwürdigerweise Abietinsäure enthielt. Dieses letztere Ergebnis ist der wichtigste und zugleich interessanteste Fortschritt in Ducommuns Untersuchungen; der Umstand, dass Stamm- und Wurzelharz von ein und derselben Abietineenart verschiedene Säuren enthalten, ist ein neuer Beweis dafür, dass die eine oder andere Säure nicht immer bestimmt und allein in der betreffenden Koniferenart vorkommt, was auch spätere Forschungen lehren.

In neuerer Zeit haben sich noch Vesterberg und Mach um die Erkenntnis der krystallisierten Bestand

1) Étude sur les Acides cristallisables des Abiétinées, Thèse Bern 1885.

teile von Koniferenharzen verdient gemacht; ihre Resultate können als massgebend für den jetzigen Standpunkt der Sache betrachtet werden.

Vesterberg) beschäftigte sich mit der aus französischem Galipot hergestellten Pimarsäure und erkannte, dass diese gar kein einheitlicher, sondern aus verschiedenen Säuren zusammengesetzter Körper ist.

Bei der Darstellung seiner Pimarsäure verfuhr Vesterberg zunächst in der Weise, dass er zerkleinertes Galipot mit der Hälfte seines Gewichts 70%。igen Alkohol unter Umrühren einige Tage digerierte, dann die Flüssigkeit abpresste, den Rückstand mehrmals so behandelte und die schliesslich zurückbleibende weisse Krystallmasse in nicht über 60° erwärmten 85%igen Weingeist löste. Beim Abkühlen schied sich ein Krystallmehl aus, das getrocknet wenig glatt zwischen 130° und 140° schmolz. Dieses löste Vesterberg in Natronlauge, zerlegte das daraus krystallisierende Natronsalz mit Salzsäure und krystallisierte die freigemachte Säure mehrmals aus heissem Eisessig um, bis sie bei 210o—211° glatt und konstant schmolz, eine Eigenschaft, die früher bei den Harzsäuren nicht beobachtet werden konnte. Da ihre alkoholische Lösung das polarisierte Licht stark nach rechts drehte ([x] D=+72,50) nennt sie Vesterberg Dextropimarsäure und giebt ihr seinen Analysen nach berechnet die Formel C20 H30 O2. Die Salzbildung, die er eingehend studiert, lässt auf eine einbasische Säure schliessen. Ausserdem stellt er den Äthyl- und Methylester sowie das Chlorid der Dextropimarsäure dar, zeigt ferner, dass sie im Vacuum unzersetzt destilliert und durch Einwirkung von Chlorwasserstoff in

1) Berichte der chemischen Ges. 18 (1885) 2 S. 3331, ebenda 19 (1886) 2 S. 2167 u. 20 (1887) 2 S. 3248.

eine isomere Modifikation vielleicht Sylvinsäure überführt wird. Beim Erhitzen mit HJ und amorphem Phosphor erhielt er Kolophendihydrür C20 H34, wobei zuerst wahrscheinlich Kolophen C20 H32 entsteht, und glaubt er die von Liebermann und Haller isolierten Kohlenwasserstoffe ihren Analysen nach als Gemenge von Kolophen und Kolophendihydrür betrachten zu dürfen, Prof. Brögger in Stockholm, der die Krystalle der Dextropimarsäure (x-Pimarsäure) krystallographisch bestimmte, fand, dass sie tafelförmig sind und jedenfalls dem rhombischen System angehören.

In den Mutterlaugen der aus dem Natriumsalz durch HCl freigemachten Säure fand sich nun eine zweite krystallisirende Säure, die nicht glatt bei 140°—150° schmilzt, mit der Dextropimarsäure isomer ist und stark nach links dreht ([×] D=- 272°), deshalb von Vesterberg als Laevopimarsäure (B-Pimarsäure) bezeichnet wird. „Diese gänzlich von der Dextropimarsäure zu trennen, schreibt Vesterberg gelang nur zufällig durch mechanisches Abtrennen einiger grosser gut ausgebildeter Krystalle von der übrigen Kruste“; allerdings eine wenig glückliche Methode, mit der aber vorläufig in Ermangelung einer besseren fürlieb genommen werden muss.

In den Mutterlaugen des Natronsalzes der ursprünglichen Pimarsäure konnte schliesslich Vesterberg noch eine dritte Säure wahrnehmen, sodass nun nach seiner Ansicht im Galipot drei verschiedene Harzsäuren vorkommen, und die bisher allgemein Pimarsäure genannte aus einem Gemisch dieser drei besteht. Eine ähnliche Auffassung von der Zusammensetzung der Pimarsäure hatte schon vorher Cailliot 1) gehabt, welcher angiebt, dass reine

1) Bull. soc. chim. de Paris, 21 (1874) S. 387.

Pimarsäure beim Kochen ihrer alkoholischen Lösung in drei verschiedene Säuren zerfällt, ebenso durch Einwirkung anderer Lösungsmittel wie z. B. NaOH. Diese drei Säuren seien Dextropimarsäure, Pyromarsäure und eine schwach linksdrehende Säure.

Die Abietinsäure wurde neuerdings, wie schon erwähnt, von Mach1) einer sorgfältigen Untersuchung unterzogen, wozu er sich die Säure aus amerikanischem Kolophonium verschiedener Handelssorten teils nach der alten Methode durch Behandeln mit verdünntem Alkohol, teils nach der Methode Flückigers durch Einwirkung von Salzsäuregas auf die alkoholische Kolophonlösung darstellte. Er fand dabei, dass nicht alle Handelssorten gleich gute und reichliche Ausbeute an krystallisierender Säure lieferten, ja drei dunkle, jedenfalls stark erhitzte und zersetzte Sorten gaben überhaupt kein krystallinisches Produkt. Gerade dieser Umstand beweist uns, wie nötig es ist, eine strenge Trennung bei der Untersuchung der Koniferenharze sowohl nach ihrer Genese als auch ihrer nachträglichen Behandlung einzuhalten. Mach versuchte nun zunächst durch sehr häufiges Umkrystallisieren aus Methylalkohol eine möglichst reine Säure darzustellen, was ihm auch gelang. da der Schmelzpunkt bei glatt 153–154° konstant blieb, und wodurch wie er schreibt erwiesen ist, dass selbst Harzsäuren in reinster Form wenigstens glatt und scharf schmelzen. Gestützt auf zahlreiches Analysenmaterial stellt er für seine Abietinsäure die völlig neue Formel C19 H28 O2 auf, die allerdings den früheren der Abietinsäure zugeschriebenen sehr nahe steht, aber doch durch den etwas niedrigeren Kohlenstoffgehalt abweicht. Da

1) Monatshefte für Chemie (1893) XIV, S. 186 und ebenda (1894)

XV, S. 627.

« PreviousContinue »