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halten zu haben; doch wäre immerhin nicht ausgeschlossen, daß in der Zeit von 1872 bis 1890 bereits eine Vertheilung des Weges auf andere Mitglieder der Wegekommune stattgefunden hätte, in welchem Falle dann diese Mitglieder bis zur endgültigen Ausführung der am 7. Dezember 1890 beschlossenen Neuauftheilung zur Unterhaltung des Weges verpflichtet wären. Einer näheren Prüfung des Sachverhalts in dieser Hinsicht bedarf es aber nicht; es kann vielmehr dahin gestellt bleiben, ob die Kläger, falls sie mangels endgültiger Ausführung der Neuauftheilung noch nicht selbst zu den Wegearbeiten verpflichtet sein sollten, als den nach öffentlichem Rechte zu der ihnen ange= sonnenen Leistung Verpflichteten die Gemeinde B. oder etwa andere Mitglieder dieser Gemeinde in Anspruch zu nehmen hatten. Denn ganz unabhängig von der Vorschrift in §. 56 Abs. 4 des Zuständigkeitsgesehes würde für diesen Fall die Aufhebung der Verfügungen des beklagten Amtsvorstehers schon wegen ihrer dann vorliegenden völligen Unbestimmtheit erfolgen müssen. In der angefochtenen Verfügung vom 28. September 1894 ist nämlich nur ganz allgemein gesagt, daß die Kläger verpflichtet seien: „eine Strecke im Zuge des Weges Kl. W.-B. bei S. zu unterhalten". Die Verfügung läßt also völlig unbestimmt, welche Strecke des Weges von den Klägern zu bessern ist, sowie ferner, ob die Kläger die Strecke nach einzelnen bestimmten Abschnitten oder etwa die ganze Strecke gemeinschaftlich zu bessern haben, wobei im letteren Falle wieder ganz unklar gelassen ist, in welchem Verhältniß die Kläger bei der gemeinschaftlichen Besserung mitzuwirken haben, ob nach Kopftheilen oder nach welchen anderen Quoten. Auch der auf den Einspruch der Kläger ergan= gene Beschluß vom 18. Oktober 1894 enthält über diese wesentlichen Punkte keine näheren Angaben. Ueber diese erheblichen Mängel in der Verfügung und dem Beschlusse würde nur dann hinweggegangen werden können, wenn die vorgedachte Auftheilung der Wegestrecke unter die einzelnen Kläger bereits stattgefunden hätte, und aus dem darüber aufgenommenen Verzeich= nisse ersichtlich wäre, welcher einzelne, örtlich begrenzte Theil des Weges jedem der Kläger von den zuständigen Gemeindeorganen überwiesen ist. Der einzelne Kläger würde dann in der Lage sein, jederzeit durch Einsicht des Registers sich über die von ihm

zu unterhaltende Wegestrecke zu vergewissern; und auch bei zwangsweiser Durchführung der Anordnungen würde genau das Maß der von jedem Kläger zu erzwingenden Leistung auf Grund des Verzeichnisses festzustellen sein. Die Lücken der Verfügung des Amtsvorstehers würden also aus dem Verzeichniß ergänzt werden können, und danach wäre anzunehmen, daß die Verfügung stillschweigend auf dieses den Klägern bekannte oder doch stets zugängliche Verzeichniß Bezug genommen habe. Hätte dagegen die spezielle Auftheilung des Weges nicht stattgefunden und wäre folgeweise ein solches Verzeichniß nicht vorhanden, so würde die Verfügung des Amtsvorstehers der nothwendigen Ergänzung ermangeln und bei ihrer völligen Unklarheit über die von den einzelnen Klägern geforderte Leistung nicht aufrechterhalten werden können, da es an jeder Möglichkeit fehlt, die Verfügung ohne solche Ergänzung gegen einen der Kläger zwangsweise durchzuführen.

Die sonach für die Entscheidung wesentliche Frage, ob eine Auftheilung des Weges unter die Kläger stattgefunden hat, ist in den Vorinstanzen nicht erörtert worden.

Zur Vornahme der nach dieser Richtung nothwendigen weiteren Ermittelungen war daher die Sache an den Kreisausschuß unter Aufhebung seiner diese Fragen nicht berücksichtigenden Entscheidung zurückzuweisen.

Ergiebt sich bei der erneuten Verhandlung, daß eine spezielle Auftheilung der fraglichen Wegestrecke nicht stattgefunden hat, so wird die Verfügung des beklagten Amtsvorstehers wegen ihrer völligen Unbestimmtheit aufzuheben sein. Hat dagegen die Auftheilung stattgefunden und ist darüber ein Verzeichniß vorhanden, oder läßt sich das Ergebniß der Auftheilung sonst genügend nachweisen, so würde sich die Klage als unbegründet darstellen. Denn dann wäre die Pflicht zur Wegeunterhaltung rechtsgültig auf die Kläger übertragen (vergl. Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Bd. XXIII S. 196 ff.), auch würden dann die Anordnungen des Amtsvorstehers nicht der nöthigen Bestimmtheit entbehren, da sie ihre Ergänzung in jener Auftheilung finden würden.

Nr. 33.

Vorausleistungen der Gewerbetreibenden zum Wegebau. Abgrenzung der Verpflichtung zur antheiligen Uebernahme des Jahresbeitrages zwischen Veräußerer und Erwerber im Falle eines im Laufe des Jahres eintretenden Ueberganges der gewerblichen Unternehmung in die Hand eines anderen Unternehmers.

Bei Vertheilung nach der Besitzeit ist die nothwendige Voraussekung, daß es sich um regelmäßige, durchschnittliche Jahresbeiträge handelt, bei wesentlich gleichbleibendem Betriebsumfange und wesentlich gleichartiger Benukung der Wege. Berücksichtigung von Wegebaukosten, die bereits früher entstandeu find, als in dem Jahre, für welches der Beitrag gefordert wird. Zum Begriff der dauernden Abnukung von Wegen im Sinne der Gesetze, betreffend die Vorausleistung zu Wegebauten.

I.

Endurtheil des IV. Senats vom 31. März 1897. Rep. IV. B. 171/96. I. Bezirksausschuß zu Arnsberg.

Die Stadtgemeinde L. hatte klagend von dem Ziegelei= befizer Br. zu C. auf Grund des Gesezes vom 14. Mai 1888 (G.-S. S. 116) die Zahlung eines Beitrages von 1 320,75 M zu den Kosten des im Jahre 1894 erfolgten Ausbaues der Worthstraße in 2. gefordert.

Der Bezirksausschuß wies die Klage ab. Diese Entscheidung ist auf die Berufung der Klägerin vom Oberverwaltungsgericht bestätigt worden.

Gründe.

Der Klägerin kann zugegeben werden, daß der Ausbau der Worthstraße wesentlich in Folge ihrer starken Benutzung durch den Betrieb der früher der Kommanditgesellschaft Br., jezt dem Wilhelm W. gehörigen Ziegelei nothwendig wurde, daß ferner dieser durch die Verkehrsverhältnisse gebotene Ausbau auch im Sinne des vorgedachten Gesetzes zu der „Unterhaltung“ der Straße zu rechnen ist, und daß sonach die Klägerin an sich be= rechtigt war, von den Unternehmern der Ziegelei einen ange=

Entscheid. d. königl. Oberverwaltungsgerichts. XXXI.

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messenen Beitrag zu den Kosten des Ausbaues zu beanspruchen. Aber daraus folgt noch nicht, daß ihr Anspruch gegen den Beflagten begründet ist.

Denn die Kommanditgesellschaft Br., deren persönlich haftender Gesellschafter der Beklagte war, ist nicht während des ganzen Jahres 1894 Eigenthümerin der Ziegelei gewesen. Vielmehr ist die Ziegelei unstreitig im Mai 1894 an W. verkauft worden, die Uebergabe hat am 25. Mai, die Auflassung am 8. Juni stattgefunden. Zu dieser Zeit war aber der Ausbau der Worthstraße noch nicht vollendet. Wie die Klägerin selbst angegeben, haben die Besserungsarbeiten am 12. März 1894 begonnen; Mitte September war die Straße im Wesentlichen fertiggestellt, ganz beendet wurden die Arbeiten erst mit dem 1. Dezember. Als die ausgebaute Straße wieder befahren werden konnte, war also die Gesellschaft Br. nicht mehr Eigenthümerin der Ziegelei; so lange sie Unternehmerin der Ziegelei war, ist der ausgebaute Weg von dem Betriebe nicht benugt worden. Die Benuzung des ausgebauten Weges durch den Ziegeleibetrieb trat vielmehr erst ein, als die Ziegelei bereits in das Eigenthum des W. übergegangen war. Nur der Betrieb des W. hat also den neu ausgebauten Weg benußt. Bei dieser Sachlage erscheint die Handlung Br. und also auch der Beklagte als Gesellschafter derselben nicht verpflichtet, zu den Kosten des Ausbaues beizutragen.

Die geseßlichen Vorausleistungen zu den Kosten der Wegeunterhaltung stellen, wie der Gerichtshof bereits früher dargelegt hat (Entsch. Bd. XXIV S. 241), keine dingliche Belastung der beitragspflichtigen Betriebe dar, sie sind vielmehr als persönliche Verpflichtungen der Unternehmer aufzufassen. Geht ein solcher Betrieb im Laufe eines Jahres in die Hand eines anderen Unternehmers über, so fragt sich, in welcher Weise der für dieses Jahr von dem Betriebe zu leistende Beitrag auf den Veräußerer und den Erwerber zu vertheilen ist. Denn eine solidarische Verbindlichkeit der beiden Unternehmer findet im Geseze keinen Anhalt. Regelmäßig wird nun der Jahresbeitrag auf den Erwerber und den Veräußerer nach Verhältniß ihrer in das betreffende Jahr fallenden Besißzeit zu vertheilen sein. Und so will die Klägerin auch nach Inhalt ihrer Berufungsschrift im vorliegenden Falle rechnen. Aber eine solche Vertheilung nach der Besitzeit sezt nothwendig

voraus, daß es sich um regelmäßige durchschnittliche Jahresbeiträge handelt, bei wesentlich gleichbleibendem Betriebsumfange und wesentlich gleichartiger Benuzung der Wege. Für solche Fälle ist die Theilung nach der Besißzeit geboten und im Sinne des §. 1 des Gesetzes vom 14. Mai 1888 angemessen. Dabei wird dann auch nicht in Betracht kommen, ob die Ausführung der Wegeunterhaltungsarbeiten in die Besizzeit des Erwerbers oder des Veräußerers fällt; denn der Beitrag wird nicht zu den Kosten einzelner Arbeiten gefordert, sondern nach einem Durchschnittssaße, der sich nach den Kosten der regelmäßigen Wegeunterhaltung während einer längeren Periode bestimmt. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber nicht um die Vertheilung eines solchen durchschnittlichen Jahresbeitrages, um solche in regelmäßiger Folge wiederkehrende Wegebesserungen. Die Worthstraße bestand bis zu dem Ausbau im Jahre 1894 nur als ein gewöhnlicher unbefestigter Landweg, sie wurde von der Klägerin und der Handlung Br., wie die Beweisaufnahme in erster Instanz ergeben hat, durch gelegentliche Aufschüttung von Erde oder Ziegelschroten fahrbar erhalten. In Abweichung von dieser bis 1894 geübten Unterhaltung erhielt sie durch den Ausbau zum ersten Male eine Steindecke aus Kippschroten und Grauwacken-Steinschlag. Lediglich die Kosten dieses Ausbaues kommen für den jezt geforderten Beitrag in Betracht. Nun hat der Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, daß die Kosten einer umfassenderen, für längere Zeit dauernden Wegebesserung bei der Berechnung der Präzipualleistungen auf die ganze Zeit, für welche die Kosten aufgewendet sind, vertheilt werden müssen, und die Betriebe nur nach dem Maßstabe der jährlichen Abnuzung der gebesserten Wege zu Beiträgen herangezogen werden können (vergl. Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Bd. XXII S. 257, Bd. XXVI S. 243). Aus diesem Grundsaß ergiebt sich auch, daß Beiträge zu den Kosten eines Ausbaues, wie er hier in Frage steht, nicht mit der Fertigstellung des Ausbaues erst von der Zeit der Benußung des gebesserten, ausgebauten Weges ab zur Hebung kommen können, und daß folgeweise, wenn die Person des Unternehmers bei Fortdauer des beitragspflichtigen Betriebes wechselt, nur derjenige Unternehmer zu den Kosten des Ausbaues Beiträge zu leisten hat, der nach der Fertigstellung des Ausbaues den ge

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