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kriegsman zu werden. So hat es alle zeit um ein ding gewen det."1 Der edelman spricht: „Weiser herr, was ist doch das gewesen?" Der gelert man antwortet: „Ich hab allzeit besorget, ich müße auch so übel schweren.“ Der edelman schweigt still und schandlechlet darzů; aber sein knecht, der vor dem tisch stund, spricht: „Herr, es mag einer wol ein kriegsman sein, müß darum nit so übel schweren." Also ward ob dem tisch ein ganze stille, und schemet sich zum teil der edelman. Warzů ist es leider komen, das man schier kein wort me reden kan, man laße dann ein schwür damit laufen. Und misbrauchen also Christi unsers herren leiden und sterben zu unseren unnüşen worten. Wie müßen wir gott dem herren so große rechenschaft darum geben.

139. Ein Feind des Fluchens.

Ein fürst, der ein grausamer und strenger kriegsman war, der ward einsmals von seinen landpflegern, vögten und ampt: leuten angesucht, womit man doch dem unbillichen schweren und gottslestern widerstand tete, das es verboten und gestraft würde, also, welcher weiter zu flüchen und so grausam zů schweren, als: Sacrament, wunden, marter, fleisch, blüt unsers herren, gehöret, das der selbige mit seinem leib oder geld, ie nach gelegenheit der schwür, solchs beßern solt. Das anbringen gefiel dem fürsten wol, und sagte: „Gotts marter! Das ist ein gut fürnemen. Stellet die artikel und laßet die selbigen alsdann mich anhören, so will ich sie confirmieren und bestettigen." Als nun die ordnung begriffen war und der herr wider zům lande kam, brachten die landvögt im solche gestellte ordnung für. Als er die gehört, sprach er, wie er dann ein ungestüwer kriegischer man war: „Ja, warlich, es gefellt mir bei gotts sacrament, die ordnung wol! Bei dem leiden gotts, wann einer diese artikul übertritt, so müß er, jamer gotts herrgott! tapfer gestraft werden." Die landpfleger jahen einander an und lächelten züsamen. So hebt der herr wider an und sagt: „Wo ich nicht zů land bin, so gedenket, das ir über dieser ordnung steif haltet und keinem nichts übersehet, er sei

138. 1 gewendet, sich gestoßen an.

139. Frey, Gartengesellschaft 49 (Frankf. 1590), BI. 43. Bebel 110. Vgl. Wright, stories 68. Cognatus 82.

hoch oder niders standes, reich oder arm, sie müßen, samer gotts tausend sacrament! des gottslestern abstehen oder nicht leibs und guts genug haben." Mit dem ist man von einander geschieden und das schweren verboten worden.

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140. Die finstre Mette.

Im Sibental, im Schweizerland, da heißt ein dorf Erlebach, da kam einsmals ein alpenknecht in die finster mettin, auf den Karfreitag zu nacht. Und demnach die mettin aus was, der pfarrer das kyrieleison zu singen anhub und die bauren gleich darauf die liechter leschten und in der kirchen groß boßeln und rumplen anfiengen, erschrack der gut Heine, stünd1 in ein winkel, zuckt sein wer von leder und forcht sich übel, denn er vermeint, der lerman wer über in zủ tůn. Als man aber die liechter wider angezündet het, schrei er zu seinem nachbauren, der bei im in der kirchen stund, fragt in, ob er nit wund wer? Der güt freund sagt: Nein", er solt still sein. Der Heiny steckt sein wer wider ein. Indem so bringt der pfarrer und sigrist 2 ein crucifix und tragen das empor in den chor. Nun hett aber der Schweizer nie kein crucifix gesehen und sagt, so ers ersicht also mit blüt besprengt:,,Ei, nun sei dir gott gnedig, lieber gesell! Werest bei mir gewesen, es müst dir nicht geschehen sein! Ich hab vor wol gewist, das balgen und stürmen würde nit zergon3, es müste leut kosten. Das ist das erste mal, muß mir auch das leztmal sein, das ich in die kirchen kom; wann man also haushalt, so müst ich lezlich auch darüber zü scheitern gehn. Ich bin ein fremder gsell; auf mich hat man nit vil acht gelegt." Gienge also aus der kirchen zu seinem viehe und ist in kein kirch mer komen. Ich glaub, er lig noch unter den melkküblen begraben.

140. J. Frey, Gartengesellschaft 100. Kirchhof, Wendunmut 1, 280; aus Bebel 185. 1 stund, stellte sich, trat. 2 sigrist, Sacristan, Meßdiener, -3 zergon, zergehen, enden.

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141. Der Bäurin Beichte.

Es ist an vilen enden noch der brauch, das man in der fasten das gemein volk zu der beicht vermanet, nemlich in der karwochen, so ist man denn ein wenig geistlich. Wenn nun die osteren hinweg sind, so ist der geist auch hinweg, denn so jagen wir den Judas über den zaun und gan alle kirchweichen 1 an, so müß sich Zacheus leiden, gleich wie Judas in der finsteren metten; mit dem und über den schreigt, singt und boldert man, wenig aber wird das leiden Christi bedacht. Also predigt man vom Zacheo auf allen kirchweichen, niemand aber folget im in den werken nach. Zacheus steig auf den feigenbaum, damit er den herren. sehen möcht, und als er von im herab ward gefordert, verließ er allen wollust dieser welt und folget dem herrn nach. Wir aber sind ießund eines andern gesinnet, denn so bald ich und ander mer das euangelium vom Zacheo hand hören verkünden, verlaßen wir den herrn und sein wort, laufen den nechsten aus der kirchen dem schlamm 2 zu. Also gehet es auch mit der beicht. Ein ieder meint, wenn er nur den leuten die augen erfüllen mag, hab er im schon genüg getan. Also gieng es auch mit dieser guten frauen, die kam für den beichtvater, erzalte ire sünd ganz einfeltiglich. Zuletst als sie nicht mer wust, fieng er an zu fragen, aber ganz unnotwendige sachen. Under andern fragen was die ein, ob sie auch in der fasten eier und fleisch geßen het. Sie sagt: Ja, herr, aber nicht die ganz fasten." Der beichtiger sagt: ,,Liebe frau, ir hand große und schwere sünd begangen, ir haben denn semlichs 3 von unserm heiligen vater, dem bapst, erkauft.“ „Ach“, jagt sie,,,lieber mein herr, ich hab nie gewüst, das der heilig vater auch eier und fleisch feil hett, sunst wolt ich im mein geld ehe und lieber gegünt haben, dann unsern meßgern; sic land mich allmal so lang an der meßig stan; es solt eins das fleisch nit geschenkt nemen.“ Dies was gleich ein antwort, wie sie gefragt ward. Warzů aber semlich beichten dienet, laß ich ein andern, so die sach baß verstat, ausecken.5

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141. Wickram, Rollwagen 60.

2 schlamm, Schlemmen.

1 kirchweich, Kirchweihe, Kirmes. 3 semlichs, selbiges, solches. 4 land, lassen.

5 ausecken, ergründen, erforschen.

142. Des Gesellen Beichte.

Im Schweizerland zu Lucern ist es in der fasten beschehen, so iederman beichten müß, das auch allda ungefert gewerchet 1 hat ein junger freudiger gsell, mit namen H. R. E. Zů dem selben spricht sein meister: „Es ist der brauch allhie, das iederman müß beichten; darum so schick dich auch darzů.“ Welcher antwortet: „Das will ich tůn, meister“, und gat in dem hin gen beichten. Als er nun vor dem pfaffen nider kneuwet2, spricht er: ,,Herr, ich gib mich schuldig“, und schweigt darmit. Der pfaff spricht: Sagt weiter!" Er beichtet: „Ich bin dem wirt zür kronen anderthalbe gulden schuldig, die ich allda verzeret hab; weiter dem wirt zu dem löwen ein gulden; dem wirt zům salmen zwölf bazen.“ Nach dem besinnt er sich, wo er me schuldig sei; so spricht der pfaff: „Kanst auch beten?" Antwortet er: „Nein.“ Spricht der pfaff: „Das ist bös!" Antwortet der da beichtet: ,Darum hab ichs nit wöllen lernen.“ Der pfaff schandlechlet und sprach: Wes bist?" Er antwortet: „Meins vaters.“ Der pfaff sprach: Wie heißt dein vater?" Er antwortet: Wie ich.“ Der pfaff sprach: Wie heißst du?" Er gab antwort: Wie mein vater." Der pfaff fragt in herwider: Wie heißen ir all beide?" Er antwortet: „Einer wie der ander.“ Der pfaff, wiewol er ergrimmt was, spricht dennoch sanftmütiglich gegen dem jüngling: ,,Gang hin; ich kan doch nichts mit dir schaffen.“

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143. Unmöglich.

Ein verwegener böser bauer saß in einem dorf, der vil güter hett und ser reich war. Nun was es eben um die ernt, das er solt schnitter auf dem feld haben, die im das korn und ander frücht abschnitten. So tauret in das geld übel, das er den taglönern geben solt, wie dann der reichen gewonheit ist, ie mer sie guts haben, ie mer karger sie sind. Derhalb er tag und nacht trachtet, wie er doch solche frücht on sein kosten möchte heim zů haus bringen. Und in solchem seinem betrachten kam der teufel

142. Wickram, Rollwagen 1. wet, kniet.

1 wercheu, werken, arbeiten. 2 kneu

143. Montanus, Gartengesellschaft 2, 51.

in menschen gestalt zu im und fraget in, warum er doch in so großen engsten leg? er solts ime anzeigen, ob er ime möcht be hilflich sein. Der baur sagt:,,Lieber brüder, ich hab vil frücht auf dem feld, die soll ich nun all tag abschneiden und heim füren laßen; so tauret mich nur das geld. Darum, vermeinest du mir ein guten rat zu geben, so tů es." Der teufel sprach:,,Wenn du hernacher mein wilt sein, so will ich dir die frucht alle zu haus füren. Der listig bauer, der wol getrauet, den teufel zu betriegen, bald antwort und sprach: „Wenn du drei ding tůn wilt, die ich beger, so will ich hernacher mit dir, wa du hin wilt." Der teufel war solchs wol züfriden und fraget, was er tůn solt? „Wolan“, sprach der baur, „dieweil du dich solches underwunden hast, so geh hin und tů mir alle frucht on schaden herein, die auf dem feld stond. Wann solches geschehen, so tů mir all mein holz, das auf dem feld und in den welden ligt, zu haus. Wann solches auch geschehen, will ich dir weiters sagen, was du tůn solt.“ Der schwarzman, den solches nit schwer deucht, bald hin gieng und die geheißenen ding verbracht, und bald wider zum bauren. fam, in fraget, was das dritt und letst were? Da ließ der baur einen großen seufzer und zům teufel sprach: „Hör, brüder, fach den und mach ein knopf1 dran.“ Solches war dem teufel unmöglich, hinzoge und den bauren sigen ließ.

144. Der entlaufene Kittel.

Es war ein baur von Vischbach an einem samstag mit holz gen Nürnberg gefaren, und es war im sommer, etwan um Bartholomei. Als er nun het sein holz verkauft und abgeladen, zohe er mit seinen rossen bei Sanct Lorenzen zum grünen baum, wolt also ein seidlein wein oder ein maß trinken, auch ein hering oder sonst etwas eßen, alsdann wider heim faren. Und kunt also der gut baur nicht heimfaren die meil ungeßen oder trunken. Als er, der baur, nun hett seine ross in stall getan, auch in ein wenig fütter geben, da gieng er die stiegen hinauf in die stüben. Es hette aber der baur ein guten neuen barcheten kittel, den er hette laßen an dem wagen hangen; gedachte nicht, das er in solt ver

143. 1 knopf, Knoten.

144. Val. Schumann, Nachtbüchlein 2, 11.

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