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Quarzbänke hindurchziehen, eine noch langsamere und kostspieligere Arbeit. Im Frühling werden die Sande in Waschbänken oder Wiegen (cradles), welche infolge der Höhe der Holzpreise kostspielig sind, gewaschen.

IV. Die Bevölkerung und Natur des Landes. H. de Windt erzählt: Das Land ist so dünn bevölkert, dafs man kaum 12 Indianer während der Reise von Juneau bis Forty Miles City sah, d. i. auf einer Strecke von etwa 960 km. Die Einwohnerzahl von Alaska betrug nach den Zählungen von 1890: 31 795 Einwohner, das würde eine Bevölkerungsdichte von 0,02 Einw. auf 1 qkm bedeuten, oder es würden auf je 1 Menschen etwa 43 qkm Land entfallen.

Alles Land, welches Ogilvie von den Flüssen aus erblicken konnte, ist von schlechter Qualität und angesichts der widrigen klimatischen Verhältnisse erscheint eine Ausnutzung der Gegend als Ackerland ganz ausgeschlossen zu sein; allerdings liegen z. B. an der Ostseite des Bennetsees einige Strecken, die notfalls zur Bebauung sich eignen würden, aber mehr wie ein paar Sorten Rüben, Kohl und ausdauernde Futtergräser dürften dabei nicht herauskommen.

Der Bestand an passendem Bauholz in den von Ogilvie besuchten Gegenden ist sehr gering und nach den letzten Berichten von Ende 1896 schnell abnehmend, zum wenigsten an den Ufern der Flüsse das auf den vielen Inseln befindliche Holz ist von schlechter Art und kann für gewerbliche Zwecke kaum in Betracht kommen. Ogilvie brauchte z. B. einen Baum, der zwecks Aufstellung als Grenzstange 22 Zoll im Durchmesser haben sollte, doch konnte er nach langem Durchstöbern als bestes Exemplar nur einen Baum von 18 Zoll Durchmesser und 5 Fufs Höhe finden; ob beim Aufschliefsen des Innern bessere Bestände gefunden werden, mufs abgewartet werden, ebenso ob sich der Abbau der an verschiedenen Stellen in gröfseren Mengen vorgefundenen Kohlen jemals lohnen wird; am Lewesflusse, unweit der Finger Rapids, hat man z. B. eine etwa 1 m dicke Schicht angeblich guter Kohlen entdeckt.

Die Tierwelt ist an Fischen, Wild und Pelztieren gut vertreten; von ersteren giebt es nur eine Forellenart, die arktische Forelle und dann den Lachs, der in grofsen Zügen zur Laichzeit den Yukon und seine Nebenflüsse heraufzieht, in dem Golddistrikte aber infolge der langen Reise gewöhnlich in abgemattetem Zustande eintrifft.

Der rote, silbergraue und wertvolle schwarze Fuchs, ferner Zobel, Marder und Luchs sind zahlreich in Alaska anzutreffen, Otter nur sehr wenig und Biber gar nicht - Hochwild ist durch den prächtigen Elch und Caribou

vertreten, doch fürchtet Ogilvie, dafs die zunehmende Einwanderung, dann aber auch die Mordlust der Indianer, diese Tiere bald ausrotten wird; noch vor 10 Jahren erlegten die Indianer an einem Tage 18 Elche, deren Wildpret sie an die Goldgräber für 10 Cents per Pfund verkauften; heute müssen die Jäger schon 20 Meilen die kleinen Nebenflüsse hinaufziehen, um etwas zu erlegen, und nach weiteren 10 Jahren wird der Name Elch und Caribou nur noch der Erinnerung angehören! Möglich ist, dafs, wie die Indianer behaupten, im Oberlande noch grofse Herden Caribous sich aufhalten, aber es wird schwer halten, dem Wilde in solche unwirtliche Gegenden zu folgen.

Die Species der Bären ist oder vielmehr soll durch den schlimmen Grizzly, den braunen, schwarzen und Silver-tip-Bären vertreten sein und letzterer soll, nach Angabe der Indianer, den Menschen ohne weiteres angreifen.

Zu erwähnen sind noch Hasen oder eigentlich Kaninchen, die besonders an der Küste in gewissen Jahren ungemein zahlreich vorkommen, dann aber wieder fast ganz verschwinden, und ferner die immer seltener werdenden Bergschafe und Bergziegen.

Was seitens des Arztes der am Yukon stationierten kanadischen Polizei über das Klima gesagt wird, dürfte an dieser Stelle wohl auch interessieren; im Sommer soll stets eine feuchte, unangenehme Temperatur vorherrschen, die dadurch hervorgerufen wird, dafs das von dem dicken Moos aufgesaugte Wasser nur sehr langsam verdunsten kann, und die Zucht von Myriaden blutdürstiger Mosquitos prächtig fördert). Der Winter, von zahlreichen Blizzards (Schneestürmen) begleitet, ist natürlich sehr kalt und Ogilvie registrierte im Januar verschiedentlich 65 bis 70 Grad unter Null nach Fahrenheit, meldet aber auch, dafs die zahlreichen im Winter offen bleibenden Stromschnellen ebenfalls eine feuchte Luft erzeugen, die besonders Asthmatikern, Rheumatikern und Podagristen sehr leicht verhängnisvoll werden kann. Verlockend sind die Verhältnisse am Klondike also nicht und wer nicht ganz gesund und widerstandsfähig ist, möge sich vom Golddurst nicht verleiten lassen, dorthin vorzudringen, um sein Glück zu versuchen. Haupthindernisse für die Entwickelung des Landes sind die Kürze des Sommers, der gefrorene Zustand des Bodens und der Mangel an Nahrung, welcher zum Teil zusammenhängt mit den noch ungünstigen Verkehrsverhältnissen.

5) Temperatur unter 50° Fahrenheit nichts Ungewöhnliches. 45 bis 500 Celsius unter Null Maximum.

Die alten und neuen Grenzen Erythräas.

Von Carl v. Bruchhausen. Hameln.

Truppen im Ostsudan ergeben haben.

Für eine Geschichte der italienischen Kolonialpolitik | dem glücklichen Vordringen der englisch-ägyptischen in Afrika liefse sich kaum ein treffenderes Motto finden als: „Himmel hoch jauchzend, zum Tode betrübt." Einmal unrühmliche Zagheit in den Zielen, dann ein über jedes vernünftige Mass hinausgehendes Vorwärtsstürmen; heute eine Art „Kolonialrausch", der die ganze Nation ergriffen zu haben scheint, und morgen ein so starker Überdrufs an dem kostspieligen afrikanischen Abenteuer", dafs man sich am liebsten der ganzen, keineswegs wertlosen Kolonie mit einem Schlage entäufsern möchte. Schliefslich will man aber doch lieber dort bleiben, innerhalb der engeren Grenzen, welche sich im Süden aus dem Verlust der Schlacht bei Adua und im Westen aus

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Am 5. Februar 1885 legten die Italiener in überraschender Weise die Hand auf den bis dahin ägyptischen Hafenplatz Massaua. Was sie dazu veranlasst hat: eine Aufforderung Englands zu gemeinsamer Aktion gegen die Mahdisten oder der Wunsch, bei der Aufteilung des schwarzen Erdteiles nicht ganz leer auszugehen ist bis zum heutigen Tage nicht einwandlos klargelegt. Genug, sie waren dort und liefsen sich in dem dürren Küstenstrich (Samhar) von der glühenden Sonne braten. Ein arabisches Sprichwort sagt: „Dschedda ist ein Ofen, Aden ein Schmelztiegel, Massaua eine Hölle." That

sächlich steigt in letzterem Orte die Hitze nicht selten bis auf 55° C. im Schatten. Da ist die Fieberfreiheit ein nur geringer Trost.

Dort

Verlockend stieg dagegen westwärts, in Sichtweite, das abessinische Hochland terrassenförmig auf. oben gab es gemäfsigtes Klima und anbaufähigen Boden, während in Massaua sogar für den Handel nicht viel zu holen war: reichte doch das „Hinterland" kaum so weit von der Küste, wie ein modernes Geschütz sein Geschofs schleudert. Eine weitere Ausdehnung war geradezu Lebensbedürfnis für die junge Kolonie. Als aber die Italiener am 23. November 1886 Ua-à (35 km südlich von Massaua) besetzten, war sogleich der Konflikt mit Abessinien da und er wurde verschärft, als am 14. Januar 1887 auch nach Saati (27 km westlich von Massaua) ein Posten vorgeschoben wurde. Ras Alula, der Statthalter des Negus Negest Johannes in Hamasen, warnte und als er kein Gehör fand, schlug er zu: 500 italienische Soldaten fielen ihm am 26. Januar 1887 bei Dogali zum Opfer. Saati wurde geräumt. Darauf entsandte Italien Ende 1887 eine etwa 20000 Mann starke Vergeltungsexpedition nach Afrika. Sie führte nur bis Saati zurück, welcher Ort mit der Küste durch eine schmalspurige Eisenbahn verbunden wurde. Zu einem Zusammenstofs mit den Abessiniern kam es nicht, denn der Negus Negest zog am 3. April, nachdem er den Italienern eine Zeitlang mit 80000 Mann gegenübergestanden, wieder ab, weil in seinem Rücken die Mahdisten in sein Reich eingefallen waren. Ungefähr ein Jahr später am 9. März 1889 - büfste Johannes in einem neuen Kampfe gegen die Derwische bei Metemmeh sein Leben ein. Diesen Umstand machten sich die Italiener zu nutze, indem sie am 2. Juni 1889 Keren, und am 3. August desselben Jahres Asmara besetzten und so auf dem Hochlande festen Fufs fafsten. Das war eine

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gewaltsame Verrückung der Grenze. Sie wurde zu einer gesetzlichen durch den Vertrag, den der Graf Antonelli am 2. Mai 1889 mit dem Negus (König) Menelik von Schoa schlofs. Italien hatte diesen schwarzen Fürsten in seinen Auflehnungsgelüsten gegen Johannes unterstützt und es half ihm auch, als er gleich nach der Kunde von dem Tode Johannes die Würde des Negus Negest (König der Könige) für sich in Anspruch nahm. Als Pretium amicitiae bewilligte Menelik im Vertrage von Utschalli eine Grenzlinie, die von Arafali an der Küste ausgehend über Halai und Saganeiti nach Asmara führte, von dort nach Adi-Johannes abbog und sich dann in gerader Linie von Osten nach Westen erstreckte. Die genannten Ortschaften wurden Italien zugeteilt. Das nordöstlich von Asmara gelegene Kloster Debra Bizèn verblieb abessinischer Besitz, durfte jedoch von diesem Reiche nicht zu militärischen Zwecken benutzt werden.

Kaum war der Vertrag zu stande gekommen, als sich auch schon die italienische Regierung (Crispi) unzufrieden mit der erlangten Grenze zeigte. In einem mit dem damaligen Deschak (General) Makonnen 1), der als Meneliks Abgesandter Italien besuchte, vereinbarten und von Menelik später vollzogenen Zusatzvertrag vom 1. Oktober 1889 wurde die Einsetzung eines gemischten Grenzregulierungsausschusses vorgesehen. Im März 1890 trat dieser auch wirklich zusammen; da aber die Italiener hartnäckig aus militärischen und kolonisatorischen Gründen die durch den Lauf der Flüsse Mareb-Belesa-Muna bezeichnete Grenze forderten und da Menelik seine Leute angewiesen hatte, höchstens in ganz kleine Änderungen

1) Heute ist er der Ras (eine Vereinigung der höchsten bürgerlichen und militärischen Gewalt in einem Teilreiche) von Harrar.

der am 2. Mai 1889 festgesetzten Grenzlinie zu willigen, so liefs sich natürlich eine Einigung nicht erzielen. Der Ausschufs vertagte sich nach ein paar fruchtlosen Versammlungen ad calendas graecas.

Wie es dann bald zum Bruch zwischen Menelik und Italien kam, wollen wir hier nicht erzählen. Aber des Hauptdifferenzpunktes zwischen den Beiden müssen wir doch kurz gedenken, weil die italienische Auffassung seit Jahren auf unseren Karten Afrikas zum Ausdruck gelangt ist. Dort finden wir das ganze weite abessinische Reich in den hübsch abgerundeten italienischen Einflussbereich eingeschlossen. Diese Thatsache gründet sich zunächst auf den Artikel 17 des Vertrages von Utschalli, wonach Abessinien im Verkehr mit fremden Mächten sich der italienischen Vermittlung bedienen mufs. Hieraus leiteten die Italiener eine regelrechte Schutzherrschaft über das Land ab und liefsen auf Grund des Artikels 34 der Kongo - Akte (über Besitzergreifungen u. s. w. auf afrikanischem Boden) eine entsprechende, unbeanstandet gebliebene Mitteilung an die Mächte gelangen. Menelik behauptete aber: nach dem amharischen Text des Vertrages heifse es nicht: Abessinien mufs, sondern Abessinien kann sich der Vermittlung Italiens bedienen. Fremden, und zwar hauptsächlich französischen Einflüssen unterliegend, wies er jeden Gedanken an eine italienische Schutzherrschaft weit von sich.

Zur Beseitigung des gespannten Verhältnisses wurde Graf Antonelli Ende 1890 abermals nach Schoa entsandt. Nach wie vor weigerte sich Menelik auf das Entschiedenste, die Mareb - Belesa - Muna - Grenze zuzugestehen und Antonelli gab in diesem Punkte nach. Es wurde am 6. Februar 1891 eine Grenzlinie vereinbart, die mit der allerneuesten (von 1897) eine grofse Ähnlichkeit besafs. Wir kommen daher weiter unten noch kurz darauf zurück. Rechtsverbindlich wurde dieses Übereinkommen nie, denn da— nach Antonellis Bericht 2) — Menelik in der letzten Stunde, als schon alle Schwierigkeiten behoben schienen, in grober Weise zu täuschen suchte, warf der heifsblütige Italiener Sr. schwarzen Majestät die bereits unterzeichneten Verträge zerrissen vor die Füsse und reiste ab. Der Bruch war vollständig.

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Nun suchten sich die Italiener hinsichtlich der Abgrenzung auf andere Weise zu helfen. In Tigré, dem nördlichsten Teilreiche Abessiniens, herrschte damals noch als primus inter pares, später als allein Gebietender - Ras Mangascha, ein natürlicher, aber anerkannter Sohn des Negus Negest Johannes. Nach des Letzteren Tode trat Mangascha selbstverständlich als Kronprätendent auf, mufste sich aber im Februar 1890 vor dem mit Heeresmacht bis Makalla herangerückten Menelik beugen. Gleichwohl blieb eine gewisse Feindschaft zwischen den Beiden bestehen und sie wurde noch verstärkt durch den Gegensatz, in dem von alters her die Nordabessinier zu den Südabessiniern stehen. Bis der Schoaner Menelik die Negus Negest-Würde an sich rifs, war die Vorherrschaft im Reiche fast immer dem Norden zugefallen.

Diese Lage geschickt ausnutzend liefsen sich die Italiener in einer feierlichen Zusammenkunft am Mareb (6. Dezember 1891) von den Ras Mangascha, Alula u. s. w. das Gebiet bis zum Mareb-Belesa-Muna abtreten und schoben alsbald ihre Posten bis dahin vor. Selbstverständlich erhob Menelik Einspruch und forderte Ras

2) Antonelli hatte auf der Beibehaltung des Schutzherrschaftsartikels bestanden und war damit durchgedrungen. Beim Austausch der Vertragsurkunden entdeckte er nun, dafs vor diesem Artikel in feiner amharischer Schrift geschrieben stand: ,, Gestrichen". Nach abessinischer Lesart hätte sich der Vorgang ganz anders abgespielt.

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Gebiet aufheben wird, sondern dafs diese Rechte blofs in der Schwebe bleiben, bis die ägyptische Regierung in die Lage kommt, den fraglichen Bezirk. . . . . . wieder zu besetzen und daselbst Ordnung und Ruhe aufrecht zu erhalten." Mit anderen Worten: England - denn das ist in diesem Falle gleichbedeutend mit "ägyptischer Regierung" will keinen Fremden in der Stadt Kassala wissen, die nach Niederwerfung des Mahdismus für den Handel des Ostsudan sicherlich rasch die Bedeutung wieder gewinnen wird, welche sie bis zu den 80er Jahren hatte. Bekanntlich hat nun General Baratieri, wie jetzt fest

Die Grenzen zwischen Abessinien und Erythräa.

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Grenze des italienischen Einflufsgebietes.

Vertrag mit England, 15. April 1896.

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An Ägypten zurückgegeben.

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Grenze nach dem Vertrage von Utschalli, 2. Mai 1889.

eine nüchterne Aufzählung ihrer einzelnen Punkte. Auf der beigegebenen Kartenskizze ist diese Grenze für den Nordwesten und Westen des Kernes der Kolonie Erythräa angegeben. Hinsichtlich des schraffierten Stückes das Gebiet um Kassala trifft der Vertrag vom 15. April 1891 ganz eigenartige Bestimmungen, die gerade in diesen Tagen ein besonderes Interesse beanspruchen dürfen. Die Besetzung des schraffierten Stückes wurde den Italienern gestattet, falls sie durch die Anforderungen der militärischen Lage dazu gezwungen werden sollten. Die beiden Regierungen sind aber übereingekommen, dafs keinerlei zeitweilige militärische Besetzung des in diesem Artikel bezeichneten ergänzenden

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Gebietes die Rechte der ägyptischen Regierung auf dieses

Von Ras Mangascha am 6. Dezember 1891 zugestandene Grenze.

Von Menelik 1897 vorgeschlagene und von Italien wahrscheinlich angenommene Grenze.

steht: mehr den Befehlen von Rom aus als dem eigenen Triebe folgend, am 17. Juli 1894 Kassala besetzt. Seitdem halten die Italiener dort unter nicht unbeträchtlichen Kosten eine ständige Garnison und sie haben zur Behauptung des Platzes wiederholt ernste Kämpfe mit den Derwischen zu bestehen gehabt. Da inzwischen die Südgrenze Ägyptens bis Alt-Dongola und Berber vorgeschoben ist, fordert England nunmehr die Auslieferung Kassalas und das afrikamüde Italien ist aufserordentlich geneigt, sich sobald als möglich des Platzes zu entäussern. Wahrscheinlich wird die Übergabe Ende Dezember 1897 stattfinden.

Nun sollte man annehmen, dafs die alte Grenze des italienischen Einflussbereiches - also ohne das schraffierte

Stück auch die neue Grenze Erythräas im Westen sein müsste. Es verlautet aber, dafs Italien noch ein Stück seines eigentlichen Gebietes an England abtreten und dafs dann, bis zum Schnittpunkt mit der alten Linie, der Barka die Grenze bilden werde. Das Fort Agordat bliebe der westlichste Posten Italiens.

Kehren wir zur Südgrenze Erythräas zurück. Ihrer Politik, Ras Mangascha gegen Menelik auszuspielen, blieben die Italiener zu ihrem Schaden nicht getreu. Sie erwiesen dem Negus Negest, trotz seiner feindseligen Haltung, allerlei Rücksichten und behandelten Mangascha mehr als kühl. Die Folge davon war, dafs letzterer im Sommer 1894 entschieden zu der Fahne Meneliks abschwenkte und nach abessinischer Sitte mit dem auf den Nacken gebundenen Steine in Adis Abeba erschien. Aus dieser Unterwerfung entwickelten sich: der rasch niedergeworfene Aufstand des Batha Agos im Dezember 1894, der bei Coatit am 13. und 14. Januar 1895 glücklich abgewehrte Einbruch Ras Mangaschas in die Landschaft Okulè Kusai; die Einverleibung Agamès (Hauptstadt Adigrat) und der Landschaft Tigré (Hauptstadt Adua) im März und April 1895 und endlich die Vorschiebung der Südgrenze bis zum Takazze und seinem rechten Nebenflufs Tsellari, dessen Quellgebiet fast im Süden des Aschangisees liegt. Von nationalabessinischer Auflehnung gegen die Fremdherrschaft kann nicht wohl die Rede sein; der Abessinier fügt sich geschmeidig und folgt gern dem, der die Macht hat. Diese aber fehlte den Italienern zur Beherrschung eines so weiten Gebietes

jede Übersichtskarte läfst die thatsächliche Grenze vom Herbst 1896 erkennen ganz und gar im Vergleich zu den Kampfmitteln, über die Menelik verfügte. Der sonst friedfertige Fürst entschlofs sich, unablässig gedrängt von fremden Ratgebern, wie von seinen eigenen Grofsen, im Spätherbst 1895 endlich zum Vormarsch. Wie die kriegerischen Ereignisse am 7. Dezember 1895 mit der Vernichtung des Detachements Toselli bei der Amba Aladschi begannen und am 1. März 1896 mit der Schlacht bei Adua endeten, ist in noch zu frischer Erinnerung, als dafs wir weitere Worte darüber verlieren möchten. Am 26. Oktober 1896 kam der Friede von Adis Abeba zu stande, der unter Aufhebung des Vertrages von Utschalli Menelik die volle Souveränetät zusicherte. Es erscheint nun als eine völkerrechtliche Doktorfrage, ob Abessinien damit aus dem italienischen Einflussbereich ausscheidet. Wir möchten diese Frage vor der Hand verneinen, denn die neuerdings von den Franzosen aufgestellte Theorie, dafs erst der thatsächliche Besitz Rechte auf afrikanisches Gebiet verleihe, dürfte schwerlich allgemeinen Eingang finden. Anderseits ist die veränderte Machtstellung Abessiniens nicht zu verkennen. Menelik beginnt bereits einen verhängnisvollen Einfluss auf die afrikanische Politik der europäischen Mächte auszuüben und dürfte der Tag nicht fern sein, wo ihm nicht allein de facto, sondern auch de jure eine Sonderstellung unter den afrikanischen Herrschern eingeräumt wird, wie das z. B. bezüglich des minder bedeutenden und viel lockerer regierten Marokko geschehen ist.

Im Frieden von Adis Abeba ist nun die wichtige Grenzfrage so gut wie offen gelassen. Der Unterhändler Italiens, Dr. Nerazzini-ein Afrikakundiger ersten Ranges

- musste sich damit zufrieden geben, um die Freilassung der Gefangenen zu erlangen. Der bezügliche Artikel (4) lautet:

„Da ein Einverständnis der beiden vertragschliessenden Parteien über die endgültige Festsetzung der Grenze nicht hat erzielt werden können und da sie den Wunsch hegen, trotzdem ohne Verzug Frieden zu schliefsen und

ihren Ländern die Segnungen des Friedens zu sichern, wird vereinbart, dafs innerhalb eines Jahres, vom Vertragsschlusse an gerechnet, Vertrauensmänner Sr. M. des Königs von Italien und Sr. M. des Kaisers von Äthiopien die endgültige Grenze in freundschaftlichem Einvernehmen festlegen sollen. Bis dahin soll der status quo ante in Geltung bleiben und beiden Parteien streng untersagt sein, die vorläufige Grenze, d. i. die Linie der Flufsläufe Mareb-Belesa-Muna, zu überschreiten."

Hieraus folgerte man in Italien, dafs Menelik trotz seines Sieges diese Grenze im Princip zugestehen wolle und dafs es sich daher nur um geringfügige Regulierungen der angegebenen Linie handeln werde. So war man denn, trotzdem Regierung und Volksvertretung, der ewigen Sorgen um die Kolonie überdrüssig, am 22. Mai 1897 übereingekommen waren, Erythräa bis auf den Hafenplatz Massaua zu räumen, recht unangenehm überrascht, als der abermals nach Schoa entsandte Dr. Nerazzini anfangs August 1897 die Neuigkeit mit heim brachte, dafs Menelik eine viel weiter nördlich laufende Grenzlinie vorschlage und zwar in der peremptorischen Form, dafs er sich bereits an diese Linie für gebunden erachte". Die italienische Regierung that das beste, was ihr in dieser Zwangslage zu thun übrig blieb: sie billigte die Vorschläge Meneliks und so werden dann halb Dembelas (Deca Tesfa), ganz Seraë und ganz Okulè Kusai demnächst an Abessinien zurückfallen. Leider sind das gerade die fruchtbarsten, besiedelungsfähigsten Gebiete der Kolonie. Man lese, was Prof. Dr. Schweinfurth, ein genauer Kenner des Landes, aus eigener Anschauung darüber schreibt 3).

Inzwischen hat sich auch in Italien ein Umschwung dahin vollzogen, dafs man nun wieder entschlossen ist, das verbleibende Stück der Kolonie, bessere Zeiten abwartend, nicht zu räumen.

Die voraussichtliche neue Grenze ist aus der Skizze ersichtlich. Sie verläuft etwas günstiger als die am 6. Februar 1891 zwischen Antonelli und Menelik vereinbarte (siehe oben). Die Ortschaften Debaroa, Gura und Digsa, die damals bei Abessinien verbleiben sollten, sind jetzt Italien zugeteilt und das ist namentlich in Bezug auf Gura wichtig. Dort haben die Italiener in günstiger strategischer Lage ein Fort errichtet und dort soll auch die Eisenbahn enden, die als Zweigarm der projektierten Linie Massaua-Keren-Kassala geplant ist 4).

Am 27. Oktober d. J. hat der Hauptmann Cicco di Cola Neapel verlassen, um sich auf seinen Posten als Resident an Meneliks Hofe zu begeben. Er überbringt dem Negus Negest die Antwort der italienischen Regierung auf seine Grenzvorschläge. Wie es freilich nicht ganz verbürgt bürgt heifst, wünscht sie Adi Cajè in das italienische Gebiet mit einbezogen zu sehen. Dort ist nämlich mit nicht geringen Kosten ein reichlich ausgestattetes, verschanztes Lager angelegt. Vor Mitte Februar 1898 kann von Cicco di Cola kaum Botschaft in Rom eintreffen. Wenn wir von den den Grenzen Erythräas" reden, müssen wir schliesslich noch einen Blick weiter südwärts werfen. Von dem Punkte ab (Hochfläche der Galline Faraone), wo die Nordgrenze Abessiniens südwestlich abschwenkt, begleitet die Grenze zunächst auf eine Entfernung von etwa 60 km die Küste, dann folgt sie dem Ostabfall des abessinischen Hochlandes. Die zwischen

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3) Sonderabdruck aus den Verhandlungen der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Heft 6 u. 7, 1892, und Heft 7, 1894. 4) Wir haben dies Bahnprojekt, dessen Verwirklichung freilich vorderhand noch aussichtslos erscheint, nach der neuen, vom militärgeographischen Institut zu Florenz herausgegebenen Karte Erythräas und der angrenzenden Gebiete (1:250000) in die Skizze eingetragen.

diesem und der Küste sitzenden Danakil sind der abessinischen Herrschaft nie unterworfen gewesen. Über den südlichsten Ausläufer dieses Volkes das Sultanat Haussa beansprucht Menelik freilich die Oberhoheit. Das italienische Gebiet reicht an der Küste des Rothen Meeres bezw. des Golfs von Aden von Ras Kasar bis zur Südgrenze des ehemaligen Sultanats Raheita. Doch ist es bis heute nicht gelungen, die Grenze zwischen diesem und der französischen Kolonie Obok vertraglich festzulegen. Dort, an der Grenze Oboks, hat das eigentliche Erythräa, das Land am Mare Erythräum, ein Ende; man hat sich aber vielfach daran gewöhnt, unter dieser Beziehung das ganze italienische Afrika zusammenzufassen, wie denn auch die Ausgaben für die Benadirküste im Haushalt für Erythräa erscheinen.

Über das Hinterland der englischen Kolonie an der Somaliküste hat sich Italien mit England durch den Ver

trag vom 5. Mai 1894 auseinandergesetzt. Die Benadirküste hat es durch Vertrag vom 12. August 1892 vom Sultan von Sansibar auf zunächst 25 Jahre ermietet. Auch gegen die Somali- und Benadirküste (streng genommen ist letztere ein Teil der ersteren) macht sich die erstaunliche Expansionskraft des abessinischen Reiches geltend. Seine Grenze soll nach Meneliks neuestem und von Italien zugestandenem Verlangen auf 180 englische Meilen längs der Küste des Indischen Oceans laufen und daher den Juba hart nördlich Bardera treffen. Lugh, seit Dezember 1895 eine geographische und händlerische Station Italiens, fällt also an Abessinien. Indes soll der Ort vor Bedrängung durch die abessinischen Horden bewahrt bleiben.

Den ersehnten Zugang zum Meere hat Abessinien also bislang weder im Norden noch im Süden zu gewinnen vermocht.

Noch einmal der Ursprung der Slaven. (Entgegnung.)

Von K. Rhamm.

L. Niederle

Meine Besprechung der Schrift von L. Niederle „O Původu Slovanů" (Globus, Bd. LXXI, S. 317 bis 319) hat zwei bezügliche Zuschriften an die Zeitschrift zur Folge gehabt, von denen die eine dem Verfasser (L. Niederle „Über den Ursprung der Slaven") angehört, die andere dem Freiherrn v. Hormuzaki („Zur Frage über den Ursprung der Slaven"). Wenn ich dieselben nicht unerwidert lassen möchte, so mufs ich betonen, dafs ich ebenso hier wie bei meiner früheren Besprechung nur auf die Hauptsachen eingehen kann. Was zunächst den Beitrag des Herrn v. Hormuzaki betrifft, so steht der Verf. im wesentlichen auf meiner Seite, indem er die Möglichkeit einer Veränderung des Knochengerüstes in einer so kurzen Zeit ablehnt, er unterscheidet sich jedoch von meiner Auffassung dadurch, dass er die Erklärung der von Herrn Niederle behaupteten Veränderungen in der Erscheinung des Schädels im Verhältnis der heutigen und der vorgeschichtlichen Bevölkerung der alten Slavenheimat in einem von de Lapouge und O. Ammon entwickelten Gesetze der „natürlichen Auslese" (selection sociale") sucht, das, wie er meint, mir unbekannt geblieben sei. Dies ist jedoch nicht der Fall, nur kann ich mich noch nicht von seiner Richtigkeit und, selbst diese in gewissen Grenzen angenommen, davon überzeugen, dafs ihr eine so weittragende Redeutung zuzuerkennen sei. Dafs die Deckschicht eines kastenmäfsig abgeschlossenen Stammes sich im Laufe der Zeit zu Gunsten der Grundbevölkerung mehr und mehr verdünnen mufs, ist eine Thatsache von fast allgemeiner Gültigkeit, die niemand leugnen wird, der nur einen Blick auf die Geschichte des Adels in Europa geworfen hat und insoweit habe ich nichts gegen das Gesetz einzuwenden. Dafs aber dieser gewissermassen ethnologische Vorgang, nachdem eine vollständige Verschmelzung und Mischung beider Elemente eingetreten. ist, sich auch auf das anthropologische Gebiet übersetzen sollte, ist ein Satz, von dessen Richtigkeit mich nur die strengste, als alter Jurist möchte ich sagen, juristische Beweisführung überzeugen könnte 1). Auf keinen Fall

1) Gegen eine derartige Erweiterung des Gesetzes habe ich das äusserste Mifstrauen, schon deshalb, weil die Gefahr nahe liegt, dafs man überall, wo man einen Vorgang auf streng wissenschaftlichem Wege nicht erklären kann, das „Gesetz" aus der Tasche zieht und folgendes einfache Exempel

endlich könnte das bezügliche Gesetz für unsere Frage in Anwendung kommen, da in den einfachen und unentwickelten Verhältnissen des inneren Rufslands für das Eingreifen eines derartigen Gesetzes für jene Zeiten alle Voraussetzungen fehlen; vor allem die Unterscheidung städtischer und ländlicher Bevölkerungen. Dies hat Herr v. Hormuzaki, wie mir scheint, übersehen 2).

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macht: Die bezügliche Bevölkerung war ehedem langköpfig, ist jetzt kurzköpfig; die Langköpfe waren selbstverständlich Arier, folglich mufsten sie nach dem „Gesetz" verschwinden. Ein redendes Beispiel für die Gemeingefährlichkeit des „socialen Gesetzes" zeigt uns ein in der Innsbrucker Festschrift „Beiträge zur Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte in Tirol", Innsbruck 1894, veröffentlichter Briefwechsel zwischen Ammon und dem Dr. Tappeiner über die Frage des Zusammenhanges der heutigen kurzköpfigen Rätier mit den alten langköpfigen Etruskern, in welchem letzterer, der einen solchen Zusammenhang auf Grund jener anthropologischen Verschiedenheiten leugnet, von Ammon auf sein „Gesetz“ und die Möglichkeit einer im Laufe der Jahrhunderte erfolgten inneren Umwandlung verwiesen wird. Dies Gesetz ist in der That souverän! Die armen Schädelmesser! Sie haben nur mehr die Wahl zwischen dem Schwerte Niederles und dem Dolche Ammons! Und wie pafst denn zu dem „Gesetze" die Beobachtung, dafs in Welschtirol die Stadtbezirke von Trient, Roveredo und Riva gerade die niedrigste Ziffer der Lichtheit zeigen (Wiener Anthropologische Mitteilungen 1894, SitzungsBericht, S. 81), wobei bemerkt wird, dass ähnliche „rätselhafte" Verhältnisse auch für die bayerischen und die Mehrzahl der österreichischen Stadtbezirke aufgedeckt sind. Allerdings hat ja Ammon auch für die badischen Städte nur ein Vorwiegen dolichocephaler Neigungen feststellen können, nicht aber eine gröfsere Lichtheit, aber es ist doch undenkbar, dafs sich die zwei Kennzeichen des germanischen (und arischen?) Typus in ihrem Zusammenhang mit der geistigen Veranlagung gerade umgekehrt verhalten!

2) Das Buch von de Lapouge ist mir allerdings unbekannt. Wenn ich jedoch das Ganze nach der von Herrn von Hormuzaki mitgeteilten Probe beurteilen soll, so kann ich mir keine grofse Erwartungen davon machen. Man höre! Nach de Lapouge soll sich die Bevölkerung Frankreichs auf Grund jenes Gesetzes in den letzten zwei Jahrhunderten dermafsen verändert haben, dafs die heutigen französischen Kanadier, deren Vorfahren vor jener Zeit ausgewandert sind, nicht mehr mit den heutigen Franzosen sich vergleichen lassen, sondern nur mit den Gräberfunden. Wenn eine solche Verschiedenheit sich nicht schon dadurch erklärt, dass jene Auswanderer, wenn ich nicht irre, hauptsächlich aus der Normandie (und Bretagne) hervorgegangen sind, so würde ich doch eher meine Zuflucht in einer Abartung auf dem fremden amerikanischen Boden nehmen, die eine - - rein zufällige — An

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