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Säugethierschöpfung eben so wunderbar und eigenthümlich ist, als seine gefiederten Bewohner und seine Pflanzen.

Neuholland hat nur 53 Gattungen von Landsäugethieren, darunter kein einziges wiederkäuendes, kein Rüssel- und kein Hufthier. Rind, Hirsch, Elephant, Schwein, Pferd, alle sind ihm vollkommen fremd, obgleich die grasreichen Fluren zur Viehzucht jeder Art geeignet sind, wie sich seit Einführung vieler der gedachten Thiere durch Colonisten gezeigt hat. Auch Affen giebt es in Neuholland nicht, dieses ist allerdings nicht so wunderbar, denn es fehlt ihnen ihr Hauptnahrungsmittel, es fehlt jede Baumfrucht; daß aber die grasfressenden Thiere so wenig oder gar nicht vertreten sind, hat die Naturforscher schon lange beschäftigt.

Die Hauptbevölkerung von Säugethieren erhält Neuholland durch die Marsupialien, von welchen die Weibchen an ihrem Leibe eine Tasche haben, in die ihre unreif geborenen Jungen gesteckt werden und in welcher sie, an den darin verborgenen Brüsten hängend, bis zur völligen Reife und Behaarung ausgetragen werden. Alle Glieder dieser zahlreichen Familie kommen in der Eigenschaft des Doppelt - Gebärens überein, im Uebrigen aber zeigen sie sehr bedeutende Unterschiede in ihrem Körperbau, ihren Zähnen, Füßen, ihrer ganzen Lebensweise. Einige fressen Pflanzen, andere sind Insectenfresser und haben als solche keine Vorder- und Eckzähne, daher man sie zahnlose (Edentata) nennt, noch andere gehören zu den Nagethieren, wie Biber und Eichhörnchen, wieder andere sind eigentliche Raubthiere. Einige gehen auf den Hinterbeinen (springen vielmehr, wobei sie ihr Schwanz, der knochig und muskulös ist, unterstüßt und ihnen auch beim Aufrechtsizen als drittes Bein dient) und bringen mit den sehr kurzen Vorderpfoten die Nahrung zum Munde, so das Känguruh und die Känguruhratte, andere leben auf den Bäumen, klettern und springen wie die Meerkazen und bedienen sich ihres langen Wickelschwanzes auch wie diese. Das fliegende Beutelthier, welches die Eingebornen Hepoona Roo nennen, von der Größe eines Windspiels, glänzend dunkelbraun behaart, lebt am Fuße der blauen Berge auf den schönen Gummibäumen und schwingt sich vermöge seiner ausgespannten Flughaut und seines breiten buschigen, fast ellenlangen Schwanzes, der ihm als Steuer dient, auf große Entfernungen von Ast zu Ast. Eigentliche Fleischfresser, über ganz Neuholland und VanDiemensland verbreitet, sind die,,Tigerhhäne“ und der einheimische Leufel", beides Wombats, Beutelwölfe, nächtliche, blutdürstige, sehr bösartige Thiere.

Die zahlreichen Species von Beutelthieren, welche Neuholland besigt, variiren von der Größe des stärksten Hundes (sie übertreffen einen wohlgenährten, ausgewachsenen Neufoundländer noch an Länge und Gewicht)

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bis zu der einer Maus, einige schweifen in großen Heerden auf den Gebirgen umher, andere haben mur Bäume zum Aufenthalt, noch andere sind Wühler und graben sich wie Maulwürfe und Mäuse in die Erde. Von den eigentlichen Känguruhs giebt es über 40 ganz verschiedene Species: weil aber viele derselben ein sehr schmackhaftes Fleisch haben, werden sie so stark verfolgt, daß sie in der Nähe der Colonien ganz verschwinden und nur noch im Innern und auf der weniger bewohnten Van - Diemensinsel in größeren Heerden anzutreffen sind. Einige sind auf sehr enge Grenzen beschränkt. Das schönste Känguruh, das gestreifte, von der Größe eines Hasen, hellbraun mit dunkelbraunen Streifen, wie sie der Tiger hat, kommt nur auf den kleinen Inseln an der Endrachtsküste (unter 25° füdl. Br. auf der Westküste von Neuholland) vor. In ähnlicher Art verhält sich's mit vielen anderen. Die Edentaten sind wunderbare Thiere. Das hierbei abgebildete ist

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der Ornithorhynchus, welcher alle Systeme der Zoologen umstoßen hilft, ein Vergnügen, das denselben von mehreren neuholländischen Thieren bereitet wird. Seine Eigenthümlichkeit besteht darin, daß er gegen die nachträglich gegebenen Geseze der Wissenschaft, sich einen breiten Entenschnabel angeschafft hater, ein vierfüßiges, ein Säugethier, einen Schnabel, den doch nur die Vögel tragen dürfen! Es ist nun einmal so und der Schnabel ist demnach nicht mehr ein Kennzeichen der gefiederten Bewohner unseres Planeten.

Das hier nach einer sehr schönen Zeichnung in M. Edwards Zoologie gegebene Thier ist so groß wie ein Biber, mit welchem es, was seinen Körper betrifft, große Aehnlichkeit hat. Der Kopf und der Schwanz freilich weicht sehr von jenem ab, denn der Erstere hat nicht ein scharfes Gebiß, mittelst dessen Bäume abgesägt werden können, sondern ist ein zahn

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loser Entenschnabel, mit einer empfindlichen Haut überzogen und nur im tiefen Hintergrunde mit hornigen Kauflächen, statt der Backzähne der Säugethiere, versehen, der Schwanz aber ist so schön behaart, wie das Thier selbst (bekanntlich ist der des Bibers dachziegelartig breit und unbehaart), das ganze Wesen und Leben dieser Thiere würde mit kurzen Worten beschrieben sein, wenn man sagte, es sind vierfüßige, lebendig gebärende Enten, denn sie schwimmen und tauchen wie diese und nähren sich von denselben Dingen.

Ein diesem sehr ähnliches Thier wird Echidna genannt, es hat einen rundlichen Schnabel, einen kurzen Schwanz, ist behaart und mit Stacheln versehen wie der Igel, lebt auf dem Trocknen (nicht im Wasser wie sein Verwandter) fast nur von Ameisen, die es mit seiner klebrigen Zunge aufnimmt, und wurde, gleich dem Ornithorhynchus für ein eierlegendes Landthier gehalten, bis man die Brüste und die sehr verborgenen Saugwarzen entdeckte.

So isolirt Neuholland anscheinend dasteht, so ist doch eine gewisse Aehnlichkeit mit Amerika, sowohl was Pflanzen als was Thiere betrifft, nicht zu verkennen. Neuholland hat fast nur myrthenartige, wenigstens kleinblättrige Gewächse und einige Araukarien; Südamerika hat die Letztern auch und zwar nicht lauter kleinblättrige, aber doch sehr viel derartige Pflanzen. Australien hat vorzugsweise Beutelthiere und diese finden sich sonst nirgends als auch in Südamerika, wo sie als Beutelratten (Opossum) auftreten und in vielen Species vorkommen, eben so ist es mit den Zahnlosen (Edentata), welche in fünf Gattungen und zwanzig Species vorkommen, unter denen wieder besonders viele Ameisenfresser sind. Auch darin findet noch eine Aehnlichkeit statt, daß die Thiere beider Erdtheile nicht groß sind, daß sie keine Elephanten, Nilpferde und Einhufer, eben so wenig ursprünglich Schweine und Rinder haben.

Betrachten wir die uns zunächst liegenden Thiere, so sind es die Beutelratten, welche gleichfalls zwei Mal gebären wie das Känguruh und sich von den leztern vorzugsweise dadurch unterscheiden, daß sie einen Wickelschwanz haben (Kängurus nur einen Stüß- und Springschwanz), mit dem sie sich sowohl an den Bäumen aufhängen können wie die Meerkazen, als er auch den Jungen dient, um, auf dem Rücken der Mutter sigend, sich an dem, über den Rücken hinweg gelegten Schweif wie an einem Zweige fest zu halten. Eine an Species zahlreiche Familie ist über ganz Südamerika verbreitet und geht sogar über den Isthmus hinweg, bis nach dem südlichsten Theile von Nordamerika.

Die Zahnlosen zerfallen in drei Unterabtheilungen, in Ameisenfresser, Armadille oder Gürtelthiere und Faulthiere. Das lang behaarte Fell jenes

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ziemlich großen, wie sein Name sagt, von Ameisen lebenden Thieres ist jezt beinahe bei jedem Pelzhändler zu sehen, wenn schon nur als Rarität, denn es ist als Pelz unbrauchbar; das Gürtelthier ist hinten und vorn mit hellfarbigen, fast weißen Schuppen bedeckt und hat um den Leib her knochige Bänder; einige der größeren Thiere (es giebt deren von sechs Zoll bis 3 Fuß Länge) sind auch braun und beinahe schwarz. Die Zahl der Gürtel schwankt zwischen eins und dreizehn und nach ihnen theilt man sie gewöhnlich ein. Sie leben meistens von Pflanzen, sind nächtliche Thiere, waffenlos, rollen sich daher bei Angriffen auf sie wie die Igel zusammen und haben nur in ihrer harten Bedeckung einigen Schutz. Das große oder Riesenarmadill lebt nur in den Urwäldern und es soll die Leichen vergrabener Menschen aufscharren und verzehren. Gräber sind sie zwar alle, machen sich Gänge in der Erde und wohnen über Tag in warm ausgefütterten Höhlen, allein das Aufwühlen von Leichen hat noch Niemand als Augenzeuge befundet.

Das vielverkannte und gelästerte Faulthier scheint ein schwerfälliges, unbeholfenes Geschöpf; seine Vorderfüße, mit starken Krallen versehen, sind doppelt so lang als die Hinterfüße und daher zum Gehen nicht geschickt, wozu das Thier überhaupt nicht eingerichtet ist was Wunder, wenn es sich dabei langsam bewegt. Man konnte mit gleichem Recht sagen: der Krebs sei ein faules, träges Thier. Bringe man beide nur in die, ihnen angemessenen Verhältnisse, so werden sie überraschend schnell Bewegungen machen. Das Faulthier ist gewandt und rasch auf einem Baum, auf dessen Zweigen es nicht geht, sondern an ihnen hängt, wie ein Matrose am Stag oder schräg gespannten Seile, mit dem Körper unten, mit den vier Extremitäten das über ihm befindliche Tau umschlingend. Auf diese Weise kriecht nicht, schleicht nicht, sondern läuft munter und behende das Ai von einem Baume zum andern, indem innerhalb der Urwälder die Zweige alle entweder durch sich selbst oder durch die dicken und starken Lianen verbunden sind, und hierzu sind seine Gliedmaßen allein geschickt, denn sie sind durch starke Contractoren, nach innen ziehende, den Streckmuskeln entgegengesezt wirkende Muskeln, so sehr geneigt, sich einzuziehen, daß das Ai auch im schlafenden Zustande an dem Aste eines Baumes hängen bleibt, ja in der Freiheit nie anders als so aufgehängt schläft, weil die nach innen ziehenden Muskeln seine Beine um den Ast geschlungen erhalten, auch ohne den Willen des Thieres.

Die übrigen Thiere von Südamerika sind zwar zum Theile sehr eigenthümliche abgeschlossene Arten, doch nicht ferne mit den australischen verwandt. Die Familie der Affen ist ungemein zahlreich an Species und sie unterscheidet sich von denen der alten Welt durch eine viel geringere Men

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schenähnlichkeit. Sie haben einen starken, muskelreichen Wickelschwanz, mittelst dessen sie sich theils zu ihrem Vergnügen an einem Aste schaukeln, theils sich daran von einem Baume zum andern schwingen oder sich vor dem Falle schüßen.

Der hier abgebildete Maki gehört zu den in Amerika sehr verbreiteten

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Rollschwänzen; er ist von der Größe des Fuchses, boch wenn er auf seis nen vier Händen läuft, bedeutend höher als dieser, da seine Beine und Arme beinahe so lang sind als der Körper. Das abgebildete Exemplar trägt sein Junges und flüchtet sich damit vor seinem Verfolger; das Junge hat sich um die Mutter herumgelegt und mittelst des Schweifes beschreibt es mehr als eine ganze Umschlingung.

Die langgeschwänzten Affen theilt man in solche mit behaarter, und in solche mit kahler Schwanzspite. Diese lettere sieht aus wie ein Finger, dient zum Ergreifen und Halten; so gestaltete heißen Affen mit Greifschwänzen, die anderen solche mit Wickelschwänzen. Von diesen Affen giebt es in Amerika ganze Heerden in jedem Walde, jedoch nur in den heißen Theilen desselben; südlich begrenzt der Rio de la Plata ihr Vorkommen, nördlich die Landenge von Darien. Die meisten dieser Affen werden als Wild geschoss sen und gegessen; es ist ein entsetzlicher Anblick, solch einen großen gebras

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