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Hoffmann und Campe, 1838 - German literature - 166 pages
 

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Popular passages

Page 14 - Niemand hat das materielle Kostüm mehr verachtet als er; er kennt recht gut das innere Menschenkostüm, und hier gleichen sich alle. Man sagt, er habe die Römer vortrefflich dargestellt; ich finde es nicht; es sind lauter eingefleischte Engländer, aber freilich Menschen sind es, Menschen von Grund aus, und denen paßt wohl auch die römische Toga.
Page 21 - Erscheinung war mir das Trauerspiel Manfred, von Byron. Dieser seltsame geistreiche Dichter hat meinen Faust in sich aufgenommen und, hypochondrisch, die seltsamste Nahrung daraus gesogen. Er hat die seinen Zwecken zusagenden Motive auf eigne Weise benutzt, so daß keins mehr dasselbige ist, und gerade deshalb kann ich seinen Geist nicht genugsam bewundern.
Page 15 - Wenn er in der Geschichte seiner Nation große Begebenheiten und ihre Folgen in einer glücklichen und bedeutenden Einheit vorfindet; wenn er in den Gesinnungen seiner Landsleute Größe, in ihren Empfindungen Tiefe und in ihren Handlungen Stärke und Konsequenz nicht vermißt; wenn er selbst vom Nationalgeiste durchdrungen, durch ein einwohnendes Genie sich fähig fühlt, mit dem Vergangenen wie mit dem Gegenwärtigen zu sympathisieren...
Page 32 - Wechselwirkung zwischen den Literaturen des Erdbodens kann nur wachsen und inniger werden, mit dem stets wachsenden brüderlichen Bund der Völker. Eine bestimmte Literatur, z. B. die deutsche, in ihrem lebendigen Verhältnisse zu den übrigen thätigen Literaturen der Epoche, also namentlich zur französischen und englischen auffassen und deren Erscheinungen mit aufmerksamer Rücksicht auf Wirkung und Wechselwirkung folgen...
Page 153 - Jawohl die gefährlichsten Anschläge! denn wenn es offenbar wird, daß dasjenige, was Ihr für den Angel der Tugend ausgebt, weit außerhalb alles Sittlichen liegt, wenn dieser Zauber gelöst wird, wer will dann dem neuen Leben wehren, welches sich von hier aus verbreiten kann? So könnte es leicht dahin kommen, und dies sei das Schmerzhafteste, woran ich Euch erinnern will, daß Eure Nachkommen, im Geist...
Page 147 - Die Behandlung des Geschichtlichen der Religion und Philosophie ist kühn, großartig und durchaus genetisch. Die Zusammenstellung der philosophischen Revolution Deutschlands mit der politischen Revolution Frankreichs ist der Glanzpunct seines welthistorischen Witzes. Daß die deutsche Philosophie mit Hegel ihren Kreis geschlossen und nun bestimmt sey, in das Blut des deutschen Volts und den Kreislauf der Geschichte überzustießen; diesen Satz führt er mit tiefster Erfassung des deutschen Naturgeistes...
Page 140 - Hast und aufs geratewohl zu plündern. Sie hat eine sehr einfache Art, zu loben und zu tadeln, sie nennt die Dinge bei ihrem Namen. Sie protegirt nicht und scharwenzelt nicht, ist nicht gnädig und nicht unterthänig und am wenigsten trägt sie den Mantel auf beiden Schultern. Was wir ihr aber mit besonderer Hinsicht auf Heine vindiziren möchten, ist, daß sie den gewöhnlichen breitspurigen Irrweg in...
Page 2 - ... aufzuschwingen. Das Wort ist ein Wort Goethes und zugleich ein prophetischer Blick Goethes, der mit halbgebrochnem, strahlenlosem und doch so weitsichtigem Auge in die entstehende große Literaturbewegung der Völker hineinsah. Es ist wahr, der Alte machte in seinen alten Tagen viele steiffrisierte Wörter, viele spröde, brocklichte Zusammensetzungen - dem Alter gehen nicht nur die Haarwurzeln aus, sondern auch die lebendigen Wortwurzeln.
Page 140 - Irrweg in [112] seiner Beurtheilung vermeidet, der ihm einerseits nicht Lobes genug anrühmen kann, wenn von seinem Talent, seinem Witz, seinen Einfällen, seinen glücklichen Griffen in den Schatz der deutschen Sprache, seiner ganzen sinnlich plastischen Anschauungsweise die Rede ist, auf der andern Seite aber den sogenannten Mißbrauch dieses Talents an die große Glocke hängt und damit Generalsturm gegen ihn läutet.
Page 67 - Saiten tönen von selbst. Wenn die Zeit tanzt, so läßt sich leicht ihr aufspielen! Aber, wenn die Zeit lahm und mißmüthig, überreizt, erschlafft an der alten Gasttafel sitzt, dann muß der gottgesandte Spielmann hereintreten, und durch frische nie gehörte Töne die langweiligen Gesichter, halbgeschlossenen Augen, die hängenden Lippen, die müden Beine der Gäste in neue Thätigkeit setzen. Wer ist dieser Spielmann? Wie sieht er aus, wie geht er gekleidet, in welchen Gesichtszügen und Manieren...

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