Thierstrafen und Thierprocesse

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Verlag der Wagner'schen Universitäts-Buchhandlung, 1891 - Animals - 57 pages
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Page 55 - ... Vettern, unterscheiden sich von diesen allerdings, indem sie den Krieg nur im Bedarfsfall führen, zwischen hinein sogar sehr freundschaftliche Verhältnisse herstellen. Diese Beobachtungen führen uns zum Thema zurück. Die Verurtheilung im Thierprocess ist aufzufassen nicht sowohl als Verurtheilung von Thieren wie als zauberisches Bannen von Menschen- oder Dämonenseelen und solchergestalt als Parallele zu dem bei den klassischen und slavischen Völkern, aber auch anderwärts nachgewiesenen...
Page 36 - Thierexcommunicatibnen gebracht werden sollen. Denn dass zu diesen der griechische Thierprocess nur eine ganz äusserliche Analogie darstellt, bedarf keiner Erörterung mehr. Die Annahme eines genetischen Zusammenhangs, wie er hier angedeutet, würde aber auch noch mit den Bedenken zu rechnen haben, welche die Chronologie der mittelalterlichen und der modern-slavischen Thierstrafeu und Thierprocesse aufdrängt. Wir bedürfen eines sehr triftigen Grundes, wenn wir uns für befugt erachten sollen,...
Page 25 - Excommunicationen erstreckt sich während des 15. Jahrhunderts von Portugal und Spanien aus in nordöstlicher Richtung durch Frankreich bis in die französische Schweiz. Einzelne Spuren finden sich ausserdem in Tirol, hier schon 1338, später in Kursachsen und in Italien4). Damit scheint die west-europäische Betheiligung erschöpft. ') Beispiele bei Rolland Faune populaire III 320. *) Cretella in der Fanfulla 1891 aa 0.
Page 35 - geweiht" sein, dh geopfert werden. Nach ihrem ursprünglichen Sinne setzte die Bestimmung voraus, dass der ausgepflügte Grenzstein unter dem Schutz eben dieser Gottheit stand, — ein ,sacrum saxum' war. Also nicht erst die Ahndung, sondern schon der geahndete Thatbestand fiel unter das Sacralrecht. Weil der Gott beleidigt ist, deswegen wird der Beleidiger sammt seinen Werkzeugen dem Gott übergeben. Denn dass die Zugthiere in unserm Fall nur als Werkzeuge nicht als Gehilfen anzusehen sind, ergibt...
Page 21 - Abschnittes bilden würde 8), eine bedingte Malediction s- oder Excommunicationssentenz verbunden wird 3). Andererseits unterbleibt öfters die Androhung der Malediction oder Excommunication, wenn das weltliche Gericht das Ausweisungsurtheil fällt, so dass ebenso sehr der vorbereitende wie der kirchliche Charakter des ersten Verfahrens schwindet. Dieses ist nicht nur im protestantischen Dänemark das Regelmässige , sondern kommt auch schon 1520 in Tirol vor. Doch ist es vielleicht nicht bedeutungslos,...
Page 29 - Leicht eutsteht dabei der Schein der Malediction. Wichtig ist auch, dass nicht bloss Ungeziefer, sondern auch Wölfe und Füchse als „heidnisch" (pogani) mit dem Exorcismus verfolgt werden. Bei weitem nicht so sicher beglaubigt wie bei den Südslaven sind öffentliche Thierstrafen bei ändern slavischen Völkern. Bekannt geworden scheint bis jetzt überhaupt nur die Erzählung von einem Falle aus Bussland 1650 — 1700, wo ein stössiger Bock zur Verbannung nach Sibirien gerichtlich verurtheilt...
Page 29 - Processe aber sind oder können wenigstens sein rein weltliche. Auch scheinen sie nicht mit einer kirchlichen Malediction in Verbindung zu stehen. Das Verfahren ist ein minder streng geregeltes, als es in Westeuropa war. Bemerkenswerther ist aber bei aller sonstigen Verschiedenheit die schlagende Uebereinstimmung des neuzeitlichen südslavischen Brauches mit dem Lausanner des 15. Jahrhunderts in dem einen Punkt, dass, auch wenn sich das Verfahren gegen eine ganze Thiergattung kehrt, doch ein Exemplar...
Page 50 - ... aus ist der Grundsatz ins schottische Recht eingedrungen, und hier hat er seine ursprüngliche Gestalt bewahrt: Das schottische Recht kennt keine Deo danda, sondern nur eschetae 2). D. h. die confiscirten Sachen braucht der König nicht wie in England pro anima regis et omnium fidelium defunctorum zu verwenden, sondern er darf sie in seinen Nutzen kehren. Während in den westeuropäischen Ländern die Confiscation seit Beginn des Spätmittelalters allgemein verbreitet war, haben es in Deutschland...
Page 23 - excommunico eas" aus, ohne dass ein Process oder processähnliches Verfahren auch nur möglich gewesen wäre. Es ist dies ein in der Legende nichts weniger als vereinzelntes Beispiel, und bei der sog. Excommunication von Pflanzen und leblosen Sachen wurde überhaupt niemals umständlicher verfahren 6). Der protestantische Prediger, der 1559 zu Dresden während einer Kanzelrede Sperlinge in den „Bann...
Page 25 - Laden" noch später in Dänemark bekannt3). Aber freilich sind diese Erinnerungen doch nicht sowohl von breiten Volksschichten als von einzelnen Wissenden fortgepflanzt worden. Man sieht es deutlich an den dänischen Thierprocessen, zu denen sich die Kläger allemal erst durch den Bath eines besonders Kundigen, bald eines „Wunderdoktors", bald eines alten Weibes bestimmen lassen. Noch weniger als in Bezug auf das zeitliche Vorkommen lässt sich in Bezug auf das räumliche ein Parallelismus zwischen...

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