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tum est"). An einem andern Orte nennt er eine: translatio, quae in usu vulgi est 4), translatio vulgata 5).

St. Thomas von Aquino hat nur unmittelbar aus dem Griechischen abgeleitete Uebersetzungen benutzt, sei es, dafs er neue verfassen liefs, oder 48 dafs er sich Collationen alter Uebersetzungen mit dem Grundtexte verschafft hatte, und sonach Varianten besafs. Wilhelm de Thou (Thuanus), in seiner uns hinterlassenen Biographie dieses grofsen Doktors, sagt zuversichtlich:,, Scripsit etiam super philosophiam naturalem et moralem et super metaphysicam, quorum librorum procuravit ut fieret nova translatio, quae sententiae Aristotelis continet clarius veritatem" ).

Aventinus, ohne Zweifel älteren Schriftstellern nachschreibend, benachrichtigt uns, dafs Heinrich, ein Mönch aus Brabant, im Jahre 1271 nach einem griechischen Texte auf Bitten des heil. Thomas eine neue Uebersetzung aller Bücher des Aristoteles verfafste. Albertus hatte sich der alten, unter dem Namen Versio Boëtiana bekannten Uebersetzung bedient 2).

Wer noch mehr Beweise verlangt, der lese die Commentare des St.-Thomas; und er wird auf jeder Seite griechische Wörter finden, welche in

3) Ibidem p. 460.

4) Ibid. p. 262.

5) Ibid. p. 262, 460.

1) Vita Sti Thom. ap. Act. SS. Mensis Mart. T. I, p. 603. 2) Annal. Boior. ad hunc annum.

die lateinischen Uebersetzungen übergegangen waren, und deren wahre Bedeutung der heil. Thomas zu erklären sich bemüht. Zuweilen citirt er sogar zwei aus dem Griechischen gemachte Uebersetzungen, vergleicht sie untereinander, und bestimmt sodann die Wahl der Lesart 3). Die Auseinandersetzung der Bücher der Metaphysik weiset die Anwendung von drei nach dem Griechischen verfass→ 44 ten Uebersetzungen auf 1). Zu Anfange des Commentars über die Bücher de coelo et mundo bemerkt er zuerst von allen Commentatoren, dafs dieses Werk im griechischen Originale de mundo betitelt sei 2). Hier wie in seinen Büchern dẹ metheoris findet man kein einziges der arabischen von Albertus angewendeten Wörter. Die Eigennamen haben ihren Charakter bewahrt, alles zeigt auf die Benutzung einer griechisch – lateinischen Uebersetzung hin.

Die berühmte Stelle endlich des Wilhelm von Bretagne, Fortsetzers des Rigorius, obgleich sie in einem besondern Sinne verstanden werden mufs 3); das Zeugnifs des Leonardus Aretinus 4);

8) Lib. commentar. in interpret. Lib. I, lect. 13, §. C; lect. 2, §. D. Analyt. poster. Lib. I, lect. 6, §. C.

1) Commentar. in Metaphys. Lib. I, lect. 4, §. 8. Lib. III, lect. 8, §. O. L. II. §. H. L. V, lect. 21. Man sehe noch Lib. I, lect. 5, §. C; lect. 6, §. C; lect. 7, §. B et C. Lib. II, lect. 11, S. C. Lib. IV, lect. 7, 8, 9, 12. Lib. V, lect. 1, §. A; lect. 22. Lib. VII, lect. 17, §. 8.

2) Comment. in lib. de coelo et mundo, fol. 1.

3) Ad ann. 1209.

4) Epistolar. Lib. IV, Ep. 22, p. 137 et 189, ex ed. Molri. [?]

und verschiedene Schriftsteller des XVten Jahrhunderts beweisen unumstöfslich, dafs vor der Eroberung von Konstantinopel durch die Türken, und der Auswanderung der Griechen nach Italien Uebersetzungen des Aristoteles, unmittelbar aus griechischen Texten verfasst, existirten; diese Uebersetzungen sind es einzig und allein, welche die Commentatoren des Aristoteles, Aegidius von Rom, Peter von Auvergne, Johann Burläus, u. a. m., be÷ 45 nutzten. Ebendieselben waren in den Schulen noch zu Trithemius Zeit in Gebrauch 1).

Mit grofsem Unrechte also stellen mehrere Gelehrte den St.-Thomas als den ersten dar, welcher die Lehrweise ?) der Araber in die Scholastik eingeführt, und von ihren Philosophen die barbarischen Kunstausdrücke des Zeitalters 3) entlehnt habe. Mit gleich geringem Grunde hat man die, durch Buhle wiederhohlte Behauptung aufgestellt, dafs St.-Thomas nur Uebersetzungen des Aristoteles hebräischen oder arabischen Ursprungs benutzt habe 4).

1) Aventinus loco supra citat.

Continuat. Chronic.

Rob. de Mont. ad ann. 1828. [1288.]. Chron. salv.
[slav. ap. Lindenbrog., No. 206.

2) De scriptorib. eccles. - Catalog. illustr. viror. germ.
3) Rapin Comparaison de Platon et d'Aristote. [Paris 1671.
8.] Langius Instit. in histor. litterar.

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4) Buddeus [Joh. Franz] Isagoge [hist. theologica ad Theologiam universam,] p. 346. - Mansi [Herausgeber der, von dem Kardinal Cäsar Baronio († 1607) gesammelten Annales ecclesiae Romanae, Lucca 1738 1759, 38 Bän

de, Fol.] in annal. Eccles. ad ann. 1209, No. XXVIII.

Doch es ist wenig, die Zeit zu wissen, in welcher die Aristotelische Philosophie in unsern Schulen Eingang gefunden; zu wissen, dafs es seit der Zeit Wilhelm's, Bischofs von Paris, Uebersetzungen griechischen und arabischen Ursprungs gegeben habe. Obgleich diese Ergebnisse schon eine Masse irriger Meinungen umstofsen, so bleibt doch noch der wichtigste Punkt der Untersuchung zu bestimmen übrig welches das verhältnifsmässige Alter, der verschiedenen Gattungen von Uebersetzungen, unter einander verglichen, sei? Diese Untersuchung soll der Vorwurf des zweiten Kapitels dieses Buches sein.

Casiri Bibl. arab. -hispan. T. I, p. 185.

Middeldorpf

De institut. liter. in Hispania, [quae Arabes auctores ha

buerunt. Gottingae 1810. 4.] p. 68.

46

Zweites Kapitel.

Untersuchungen über die Verfasser und das Alter der lateinisch - griechischen Uebersetzungen des Aristoteles.

§. I.

Betrachtungen über das Studium des Griechischen im Occidente, und die Ursachen, welche die Kenntnifs dieser Sprache im XIIIten Jahrhunderte verbreiteten.

Es würde gleich unrichtig sein, die Meinung aufzustellen, dafs sich die Kenntnifs des Griechischen während des Mittelalters gänzlich verloren habe, als zu behaupten, dass diese Sprache in demselben mit Erfolge und durch eine grofse Anzahl von Gelehrten betrieben worden sei. Alles leitet auf die Annahme hin, dass mehrere Gelehrte des Zeitalters Karl's des Grofsen dieselbe verstanden 1). 47 Alte Chroniken melden uns, dafs dieser Monarch sie lehren liefs, und das Studium derselben in mehreren Klöstern Deutschlands anempfahl. Un

1) „Ne mireris autem velim, Hermannum Abbatem Graecum Testamentum more suo secum portasse. Doctus et religiosus princeps erat et magnae auctoritatis, graecaeque linguae probe gnarus, quam in Collegio Carolino, quae Osnabrugi est, didicerat: in hujus enim fundatione Carolus Magnus sanxit, ut tam graecum quam latinum sermonem docerent et discerent singuli, omnemque adeo clericum eleganter bilinguem esse voluit." Chronic. Coenob. virgin. Ottberg. ap. Fr. Paulini rer. et antiq. german. syntagma, p. 183.

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