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bersetzung, von der ich unter No. [XXXI. b.] eine Probe mittheile, als gleichlautend sich darthun.

Die kleine Abhandlung De coloribus scheint mir zu derselben Zeit und auf demselben Wege ins Lateinische übergetragen worden zu sein. In einer Handschrift der Sorbonne liest man zu Ende der Probleme folgende Bemerkung: Ultima particula, quae est circa colores, deficit hic, quia non erat in graeco exemplari; verumtamen de hoc per se de- 76 terminatum est in libro De coloribus, qui sequitur immediate post ipsum. Da das Büchlein De lineis insecabilibus sich häufig mit dem vorhergehenden verbunden findet, so bin ich sehr geneigt, beiden einen gleichen Ursprung anzuweisen.

Ich habe oben *) die Gründe entwickelt, welche mich bewogen, dem Robert die Uebersetzung der Ethik beizulegen. Was die Uebersetzungen be→ trifft, welche unter der Benennung Ethica vetus und Ethica nova im Umlaufe waren, so ist es ausgemacht, dafs eine von beiden im Jahre 1215 bekannt war, weil man aus der Verordnung des Robert von Courçon ersieht, dafs die Lesung der Ethik auf der Universität gesetzlich erlaubt war. Diese Ethik bestand nicht aus zehn Büchern, da, wie bekannt, Hermannus Alemannus das Werk des Aristoteles, weil es die Abendländer nicht vollständig besafsen, aus dem Arabischen übersetzte. Je genauer ich die Ethica vetus betrachte, desto mehr überzeuge ich mich davon, dafs sie über die Zeit der Scholastik hinausreicht. Die Ethica nova dagegen geht nicht über das XIIIte Jahrhundert zu

*) Vergl. S. 60.

rück. Nach dem Style, in welchem sie verfafst ist, und nach den griechischen Ausdrücken, welche in ihr enthalten sind, zu urtheilen, sollte man auf die Vermuthung kommen, dafs die acht Bücher der Politik von Robert von Lincoln übersetzt seien. Man mufs beachten, dafs der letzte Satz der Ethik andeutet, dass das Werk über die Politik in gewisser Hinsicht die Ergänzung der Ethik darstellte. So findet es sich auch hinter dem Kommentare des Eustratius, und so fast immer verbunden mit den zehn Büchern der Ethik.. Eine zweite Bemerkung 77 ist die dafs Vincent von Beauvais, der nur die Ethica vetus und die Ethica nova excerpirt hat, niemals die Politik des Aristoteles anführt; dagegen citiren alle diejenigen, welche die acht Bücher der Ethik gekannt haben, auch die acht Bücher De republica. Sollte man nicht aus dieser Bemerkung die Folgerung ziehen dürfen, dafs diese beiden Werke zu gleicher Zeit übersetzt worden seien?

Die beiden Bücher der Oekonomik sind ins Lateinische übersetzt worden zu Anagnia im Monate August des ersten Jahres des Pontifikats Bonifacius VIII., d. h. im Jahre 1295. Dies erhellt aus folgender Bemerkung in einer Handschrift der Oeconomica:,, Explicit yconomia Aristotelis translata de Graeco in Latinum per unum archiepiscopum et unum episcopum de Graecia et magistrum Durandum de Avernia, latinum procuratorem universitatis tunc temporis in curia romana. Actum Anagniae in mense Augusti, pontificatus D. Bonifacii VIII. anno primo")...

1) Manuscrit lat. Sorbonne, 841.

Dies sind die, von mir gesammelten, Aufschlüsse über das Alter und die Verfasser der griechisch-lateinischen Uebersetzungen, deren sich die Scholastiker in der letzten Hälfte des XIIIten Jahrhunderts bedient haben.

Drittes Kapitel.

Von der Einführung der Philosophie der Mohamedaner im Abendlande, und Untersuchungen über die arabisch-lateinischen Uebersetzungen.

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Es herrschte im Mittelalter die fast allgemein angenommene Meinung, dafs man seit der Zeit Karl's des Grofsen Uebersetzungen aus dem Arabischen verfasst habe. Diese Meinung hat auch unter den Gelehrten der letzten Jahrhunderte Anhänger gefunden. Tribbechovius stützt sich in dieser Hinsicht auf eine Stelle des Trithemius. Aber diese Stelle, wenn sie den Sinn enthielte, welchen er ihr unterlegt, dürfte nicht ächt sein. Trithemius, ein Schriftsteller des XVten Jahrhunderts, nimmt alle Erzählungen gläubig an, welche in den vorhergehenden Jahrhunderten im Schwange waren. Zu seiner Zeit betrachtete man die Chronik des falschen Turpin noch als ein glaubwürdiges historisches Denkmal. Uebrigens habe ich in dem Texte dieses Chronographen dasjenige, was Trithemius darin gesehen zu haben glaubte, vergeblich gesucht *). Indefs ist dieselbe Behaup- 79

1) De doctorib. schol. [Diese Note bezieht sich wahrscheinlich auf das Werk des zuvorgenannten Tribbechovius.]

tung durch Conring 1), Huet 2), Muratori3), Ackermann *), u. a. m. wiederhohlt worden. Der gelehrte Bischof von Avranches [Huet] ist hier in einen aufserordentlichen Irrthum gerathen. Die, durch den Juden Sarraguth verfafste, Uebersetzung des Tacuim al abdan von Abu Ali Jahja benDschezlah, dessen Name in Buhahylyha - Byngezfa corrumpirt worden ist 3), ist keineswegs dem K. Karl dem Grofsen, sondern dem Karl von Anjou, Bruder des heil. Ludwig und Könige von Sicilien, zugeeignet ❝). Da man im XIIIten Jahrhunderte an eine Anwesenheit Karl's des Grofsen in

1) De Academiis. [Im Texte stand Cornigius. Gemeint ist hier wahrscheinlich H. Conring's Werk: Antiquitates academicae, herausgegeben von Heumann.]

2) De claris interpretib.

3) Antiq. Ital. med. aev. T. III.

4) Stud. med. Salern. hist. p. 18.

5) Man sehe den von mir in der Biographie universelle bearbeiteten Artikel über die Medicin bei den Arabern; das dort sich findende Sarragutto ist ein Versehen. [M. s. über diesen Abu Ali, und die Corruptionen seines Namens Adelung in den Fortsetzungen und Ergänzungen zu Jöcher's Gelehrten - Lexikon, Band I, S. 2405. Er lebte zu Bagdad um 1080, und widmete sein Werk: Tacuin al abdan esi tadbes el ensan, (d. i. Tafeln von den Krankheiten des menschl. Leibes) dem Abbassid. Khalifen Moktadi Benvillah. Die Uebersetzung desselben von dem Juden Sarraguth (Adelung: Farraguth) ist zu Strasburg 1531 und 1532 Fol. gedruckt.] 6) Freind und Mathias (?), [desgleichen Mackensie, Eloy, Buläus], lassen Sarraguth und Buhahyliha am Hofe Karl's des Grossen leben, und für ihn den Tacuim verfassen. Aber um alle diese Irrthümer über den Haufen

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in Jerusalem glauben, und die Bekanntmachung der Aphorismen der Schule zu Salerno in seine Zeit setzen konnte, war es ganz ebenso leicht, arabisch - lateinische Uebersetzungen auf dies Jahrhundert zurückzuführen.

Jedoch um von derjenigen Epoche, in welcher 80 zuerst die Schriften der Araber in die lateinische Sprache übergetragen sein dürften, eine richtige Vorstellung zu erhalten, wird es nicht unzweckmäfsig sein, einen Blick auf die Periode zu werfen, in welcher sich die Philosophie bei den Arabern festsetzte, und uns den Weg zu vergegenwärtigen, auf welchem ihre wissenschaftlichen Leistungen zur Kunde der Christen gelangten. Abulpharadsch schildert uns mit wenigen Worten die Art der Studien und Kenntnisse, welche vor Mahomed's Auftreten unter den Arabern existirten:

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,, Die Bildung dieses Volks, deren es sich ,, rühmte, bestand in der Kenntnifs seiner Sprache, und der Regeln, welchen dieselbe unterworfen ,, war; in der Geschicklichkeit, in Versen wie in Prosa zu dichten. Die Bedürfnisse des täglichen ,, Lebens, verbunden mit langer Erfahrung, hatten es gelehrt, die Aufgangszeit der Himmelskörper, ,, und diejenigen Sterne zu merken, deren Sichtbar,, keit am Horizonte Regen verkündet. Aber es ,, erlangte diese Kenntnisse ohne Anweisung und Unterricht. Von der Philosophie hatte ihm Gott

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zu werfen, reicht die Bemerkung aus, dafs Ibn-Dschezlah im Jahre 1099 starb. Man sehe Freind Opp. T. II, p. 286. G. Mathias Conspectus histor. med. chron. S. 85.

Jourdain's Untersuchungen.

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