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am 8. Mai 1790 wurde in der constituirenden Versammlung der Beschluss gefasst, die Länge des Secundenpendels unter 45° Breite zur Maasseinheit festzusetzen. Gegen diese Bestimmung erklärte sich aber die Akademie durch eine in dieser Sache ernannte Commission, welche aus de Borda, Lagrange, La Place, Monge und Condorcet bestand, und machte 1791 den Vorschlag, den zehnmillionsten Theil eines Meridianquadranten zur neuen Maasseinheit zu nehmen. Delambre und Méchain begannen die nöthigen geodätischen Arbeiten, wurden aber darin durch die Auflösung der französischen Akademie unterbrochen. Später wurden indessen diese Arbeiten wieder aufgenommen und die Commission zur Fortsetzung derselben bestand ausser Delambre und Méchain aus Berthollet, de Borda, Brisson, Coulomb, Haug, Lagrange, La Place, Monge, Prony und van der Monde. Um aber dem vorläufigen Bedürfnisse zu genügen, nahm man 1793 das „mètre provisoire et légal“ an, dessen Länge zu 443-443′′ par. nach den von Lacaille 1758 ausgeführten Messungen eines Meridiangrades bestimmt wurde; die geodätischen Arbeiten und Rechnungen der neuen Commission waren 1799 so weit vorgeschritten, dass nunmehr von einer hierzu besonders ernannten internationalen Commission, welche aus dem Niederländer van Swinden, dem Schweizer Tralles, den Franzosen La Place, Legendre, Méchain und Delambre und dem Spanier Ciscar bestand, das „mètre vrai et définitive" festgesetzt und seine Länge zu 443-296" bestimmt werden konnte. Den Mitgliedern dieser Commission wurden 40 Etalons zur Verfügung gestellt. Einen derselben, welcher früher im Besitze von Tralles war, hatte Prof. Dove nach London geschickt (Kat. 311, 53).

Ehe das Meter seine jetzige Bedeutung als wissenschaftliches Maass gewonnen hatte, benutzte man als solches die Toise von Peru, die Bouguer und Condamine aus 1734 unter dem Aequator ausgeführten Längenmessungen hergeleitet hatten. Dieselbe legt ein in Paris aufbewahrter Etalon fest, und sie hat namentlich auch als Ausgangsmaass bei der Festsetzung der Maasse anderer Länder gedient, so bei der durch Bessel1) 1835 ausgeführten definitiven Regulirung des preussischen Fusses, wobei Copien der Pariser Etalons zu Grunde gelegt wurden. Für die Vergleichung der Landesvermessungen der verschiedenen europäischen Länder ist es somit von Wichtigkeit, die Grösse der den Urmaassen derselben zu Grunde liegenden Copien der Toise zu kennen. Einen Stab von Gussstahl, auf den einige dieser Copien mit möglichster Sorgfalt im Auftrage von the ordnance survey" übertragen sind, wies die Ausstellung auf (Kat. 4293, 742). Derselbe war verfertigt zur Vergleichung des englischen Yards und der Pariser Toise und ist später mit der Standardtoise Belgiens, Preussens, Wiens, der Doppeltoise des

1) Bessel, a. a. O. 156.

russischen geodätischen Büreaus und mit dem spanischen Viermeterstab verglichen worden.

Reicheren Stoff wie aus der Geschichte der englischen Längenmaasse bot die Ausstellung aus der der englischen Hohlmaasse und Gewichte. Dass auch sie für das ganze Reich die nämlichen sein sollten, war ebenso wie für die Längenmaasse bereits im 10. Jahrhundert und in der Folge durch Wilhelm den Eroberer und die Magna Charta bestimmt. Es scheint 1), dass bereits Wilhelm I. das Gewicht des Sterling penny oder des Pennyweight als das Gewicht von 32 wohlgetrockneten Weizenkörnern definirt hatte, welcher Bestimmung Heinrich III. 2) und Eduard I. noch zufügten, dass diese Körner aus der Mitte der Aehre genommen sein sollten und dass 20 solcher Pennyweights 1 Unze (ounce) und 12 Unzen 1 Pfund (pound) ausmachen sollten, dass ferner der Zusammenhang zwischen Hohlmaass und Gewicht dadurch hergestellt werden sollte, dass 8 solche Pfunde (also 61 440 Körner) 1 Weingallon und 8 Gallons 1 Londonbushel, 8 London-bushel 1 Quart ausmachen sollten. Ausser diesem von der Gesetzgebung begünstigten Pfunde war indessen, wie aus einer Acte Heinrich's III. und einem aus den Zeiten Eduard's I. stammenden Tractatus de Ponderibus hervorgeht, noch ein anderes Pfund, die libra mercatoria, in Gebrauch, welches sich zu jenem wie 5:4 verhielt und eine allgemeine Verbreitung hatte 3).

Die folgende Zeit des Kampfes der Häuser York und Lancaster um den Thron mochte freilich die Einhaltung dieser gesetzlichen Bestimmungen verhindert haben. Es erhoben sich wenigstens Klagen wegen Uebertretung derselben, als Heinrich VII. den Thron bestiegen und das Reich beruhigt hatte. Deshalb liess der König 1495 neue Urgewichte und -Maasse herrichten und dieselben in die einzelnen Grafschaften und die Städte des Königreichs senden. Aber schon im nächsten Jahre verwarf dieselben ein neuer königlicher Erlass. Im vorigen Jahre, heisst es darin, habe der König Gewichte und Maasse aus Messing verfertigen lassen nach den in seinem Schatze befindlichen alten Etalons, welche sich bei genauerer Untersuchung als fehlerhaft erwiesen hätten. Dabei bleibt es unentschieden, ob die neuen oder die alten Etalons verwerflich erschienen. Norris 4) vermuthet, dass es die letzteren waren, dass man dieselben habe verbessern und das alte Pfund unter dem neuen Namen Troy einführen wollen, dass man aber statt dessen das jetzige Troygewicht eingeführt habe, welches sich zu dem altsächsischen wie 15:16 verhält. Dass das von Heinrich VII. eingeführte Gewicht das Troygewicht war, darüber kann nach einer Ver

1) Norris, a. a. O. 48. 2) Miller, a. a. O. 754 und 755. 3) Peacock, Treatise on Arithmetic in the Encyclopädia Metropolitana, Art. 166; Clarke, a. a. O. 96; s. Miller, a. a. O. 754 u. 755. 4) Norris, a. a. 0.54 u. 55.

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ordnung Heinrich's VIII. vom Jahre 1527, welche bestimmt 1), dass al maner of golde and sylver shall be weyed by the pound Troye," kein Zweifel sein. Im Gebrauch muss es bereits früher gewesen sein, denn erwähnt wird es schon in zweien die Goldschmiede betreffenden Verordnungen, von denen die eine unter Heinrich V., die andere unter Heinrich VI. gegeben wurde 2).

Aber auch dieses Pfund hat sich nicht als Urgewicht behauptet. Es ist neuerdings durch das 1533 von Heinrich VIII. zuerst für die Fleischer gesetzlich zugelassene Avoir-du-pois-Pfund verdrängt, welches sich zu dem Troypfund wie 175: 144 verhält. Dasselbe muss im Handel indessen schon viel früher angewendet worden sein, in zwei Verordnungen Eduard's III. wird es in Verwendung für Wein und Korn zuerst erwähnt 3).

Der Ursprung und zum Theil der Werth dieser vier Urgewichte lässt sich nicht mehr mit Sicherheit bestimmen. Das altsächsische Pfund, später, weil das Urgewicht sich im Tower befand, „Pound Tower" genannt, dessen Gewicht die oben erwähnte Verordnung Heinrich's III. gleich dem Gewicht von 20 × 12 „pennie which is called a sterling round without clipping" ansetzt, hat Folkes 4) mittelst einer Anzahl wohl erhaltener Saxon pence aus den Zeiten Heinrich's III. und Eduard's I. in Grains Troy auszudrücken gesucht, und so das Gewicht eines Penny zu 22.5 Grains, das Pfund Tower zu 5400 Grains gefunden. Dieselbe Zahl ergiebt sich aus den Bestimmungen des Gesetzes Heinrich's VIII. vom Jahre 1527. Danach würde die libra mercatoria zu 6750 Grains nahezu mit dem in sechs Städten des Continents gebräuchlichen Gewichte übereinstimmen. Dagegen bemerkt aber Miller 5): It is, however, just possible, that the weights were adjusted in conformity with the words of the Act, but that the coin called the sterling fell 15 grains short of the full weights of 32 corns of wheat, or 24 grains troy, the weight of 4 corns of wheat being usually considered equivalent to 3 grains troy." Unter dieser Voraussetzung berechnet sich das altsächsische Pfund zu 6750, wird also der Voraussetzung Norris' gemäss dem Troypfund gleich, die libra mercatoria aber zu 7200 Grains Troy, und stimmt dann mit den Pfunden von 17 Städten, darunter dem cölnischen, dessen Hälfte, die Mark, den Münzgewichten Deutschlands so lange als Einheit gedient hat. Es ist dann auch sehr nahe gleich der Ptolomäischen Mine 7199.96 Grains Troy, dem 100. Theil des grossen Alexandrinischen Talentes. Den Namen Troy leitet Bischof Cumberland 6) von der Stadt Troyes in der Champagne

1) Miller, a. a. O. 753. 2) Reynardson, State of the English Weights and Measures of Capacity as they appear from the Laws as well ancient, as modern, Phil. Trans. 46, 61; s. Miller, a. a. O. 755. 3) Reynardson, a. a. O. 68. 4) Folkes, Tables of English Coins 159; s. Miller, a. a. O. 754. 5) Miller, a. a. O. 754. 6) Reynardson, a. a. O. 25.

69; Dove, a. a. O.

her und hält dafür, dass es von den Normannen eingeführt sei, das Avoir-du-pois-Gewicht aber sei das alte römische Gewicht, welches die Römer nach England gebracht hätten. Doursther 1) dagegen vermuthet, dass das Troygewicht abgeleitet sei von dem „Roman weight of 5759-2 grains“, dem 125. Theil des grossen Alexandrinischen Talentes, welches bei den Römern, wie das Troypfund in England, in 12 Theile getheilt war. Das Avoir-du-pois-Gewicht sei dagegen wahrscheinlich von der grossen attischen Mine von 6945.3 Grains Troy, dem 60. Theil des grossen attischen Talentes, hergenommen, welches wie das Avoirdu-pois-Pfund in 16 Theile getheilt wurde. Davis Gilbert ist der Ansicht, dass das Troygewicht das alte seit Eduard dem Bekenner in England existirende Gewicht sei, und seinen Namen habe von einem bei den Mönchen im Gebrauch gewesenen Wort für London, das Wort Avoirdupois (das man auch Haberdepois, Averdepoiz und Averdupois geschrieben findet), von einem alten Worte für Gewicht.

Auch das Gewichtswesen suchte die 1758 gewählte Commission zu regeln. Sie liess unter Joseph Harris' Leitung drei Troy-Urgewichte verfertigen, von denen eines, welches der Aufsicht des Clerk of the House of Commons anvertraut war, durch Parlamentsacte von 1824 als solches acceptirt wurde, während dieselbe gleichzeitig bestimmte, wie viel ein Cubikzoll destillirten Wassers in Troygewicht wiegen sollte. 1834 ging beim Brande des Parlamentsgebäudes mit dem 1758 gefertigten Urmaass auch dies Urgewicht zu Grunde. Die 1838 niedergesetzte vorbereitende Commission, von der oben die Rede war, hielt es für am zweckmässigsten, die Urgewichte, wie die Urmaasse, nach den noch vorhandenen Copien wieder herzustellen. Da aber das Avoir-du-pois-Gewicht durch das ganze Königreich im Gebrauche war, während das Troypfund im Ganzen sehr wenig gebraucht wurde, so schlug sie vor, nun auch das erste zum Normalgewichte zu machen, das Troygewicht aber auf Gold, Silber und Edelsteine zu beschränken. Es wurde demnach ein Theil der Obliegenheiten der ebenfalls oben erwähnten 1843 ernannten Commission, das Urgewicht nach noch vorhandenen Copien wieder herzustellen, was in den Jahren 1843 bis 1856 durch Professor Miller geschah.

Dem genannten Forscher standen 2) zu dieser Arbeit 13 Copien des Ur-Troy-Pfundes zur Verfügung, davon zwei aus Platin. Fünf oder wahrscheinlich sechs dieser Gewichte, aus Kanonenmetall verfertigt, waren 1824 oder 1825 von Kater, vier, nämlich die beiden Platingewichte und zwei aus Messing hergestellte 1829 von v. Nehus mit dem verlorenen Standard verglichen worden. Die 1758 verfertigten Copien waren von Harris mit dem Urgewicht verglichen und namentlich die Untersuchung dieser letzteren, die anfangs im Besitz von Mr. Bingley waren, aber später von der Commission erworben

1) Miller, a. a. O. 753. 2) Derselbe, a. a. O.

wurden, schien wichtig. Da nun der Besitzer die Wägung dieser Stücke im Wasser nicht zuliess, so bestimmte Professor Miller das specifische Gewicht derselben durch Zuhilfenahme eines Stereometers. Dieser Apparat wurde zuerst 1797 von Say 1) angegeben, um die Dichtigkeit des Schiesspulvers zu untersuchen. Später hat ihn Leslie, der Fig. 1. die Arbeit Say's wohl nicht kannte, nochmals erfunden. 1834 verbesserte ihn Miller und der 1845 von Regnault construirte, und unter dem Namen des Volumenometers bekannte Apparat ist mit unbedeutenden Veränderungen der von Miller angegebene (Fig. 1). Das oben abgeschliffene Gefäss A ist auf die eine von zwei neben einander befindlichen gut cylindrischen Glasröhren befestigt, die in Centimeter getheilt ist. Dieselben sind bei B in eine eiserne Fassung gekittet und das getheilte Rohr ist unten durch eine Schraube geschlossen, während das andere durch den Hahn geschlossen oder geöffnet werden kann. Der Schieber D kann an den Röhren hin- und hergeschoben werden, wird aber durch Federn an dieselben gepresst, so dass er in jeder Stellung stehen bleibt. Die Platten E und F tragen als Index zwei horizontal gespannte Seidenfäden, die Elfenbeinplatte G eine Millimetertheilung. Der Rand von A ist abgeschliffen und kann durch eine aufgelegte Spiegelglasplatte luftdicht geschlossen werden. Dieser Apparat war von der Maassabtheilung des Handelsamtes ausgestellt (Kat. 256, 46).

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Ausserdem hatte dieselbe eine Copie des Urgewichtes der Königin Elisabeth von 112 Pfd. nach dem South Ken

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stehender Form (Fig. 2), welches zu Hyde Abbey in Winchester gefunden wurde (Kat. 281, 49); ein Satz von Troy und ein ebensolcher von Avoirdupois- Urgewichten von 1588, die die gewöhnliche Gewichtsform haben (Kat. 282 u. 283, 49); endlich ein Satz von vier Urgewichten

1) Ann. des Chim. An. V. Im Auszuge in Gilbert's Annalen II, 230.

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