Lindenblüten, Volume 1

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Hartknoch, 1811
 

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Popular passages

Page 366 - Rief die Glocke sieben schon! „Soll ich mich zurücke wagen In der alten Base Haus? O gewiß! Sie wird mich schlagen; Denn ich blieb zu lange aus. „Nein ich will noch länger bleiben, Weht der Schnee gleich in's Gesicht, Mich auf offner Straße treiben; — Dem Empfang entgeh
Page 366 - Aber leer sind meine Taschen; Trockne Rinden Hab' ich kaum; Alles darf sich freu'n und naschen — Doch wer putzt für mich den Baum?" „Ja! wie hell wird's in den Zimmern! — Und die Thüre, lang bewacht, Thut sich auf — ihr seht es flimmern, Was das Christkind euch gebracht!
Page 367 - Schau'! Dort an des Marktes Ecke Guckt das Volk zum Fenster 'nein; Ha! wie flammt es an der Decke! Dort mag Pracht und Reichthum sein. „Ei, ich möcht' es auch wol sehen; Doch ich schäme mich im Troß; Drum zur Thüre will ich gehen, Und dann bück
Page 368 - Glut erscheint auf blassen Wangen, Und Entzückung hebt das Herz, Hebt die Hand, zu Gott zu beten; Furchtsam schleicht sie durch die Thür: „Laßt mich nur von ferne treten! Hohe Herrschaft, laß mich hier!
Page 371 - Denn ich bin bei bösen Leuten, Unter harten Menschen nun, Die stets zanken, lästern, streiten — Und ich will ja alles thun!" „Gern im Felde und im Garten Graben, bis die Sonne sinkt, Gern die kleinen Kinder warten, Gern gehorchen, wenn man winkt!
Page 365 - Seh' ich recht im Mondenscheine, Ist's ein schmächtig, blasses Kind. Traurig schlüpft es durch die Gassen, — Leicht und dünn ist sein Gewand, — Irrt so unstät und verlassen. Niemand führt es an der Hand. Horch ! es wimmert leis im Sturme : „Lieber Gott in deinem Thron! Zählt' ich recht — vom Slephanslhurm« Rief die Glocke sieben schon!
Page 369 - Flor und Kleide, Himmlisch schön im Thränenthau. „„Komm doch näher, liebe Kleine! Willst du meinen Engel seh'n? Ach! ich hatte nur das Eine, Und doch mußt' es von mir geh'n! „„Morgen früh wird sie begraben; — Zur Bescherung kauft' ich ein, — Oben liegt's noch, — willst du's haben? — Bist, wie sie, st blond und fein! „„Sprich, wer bist du?"" — „Eine Waise; Seit dem Iahr ist Mutter todt; Oft klag' ich am Grabe leise Ihr, der Guten, meine Roth.
Page 372 - Wohl, ich schwor's bei diesem blassen, Lieben Engelsangesicht, Nie will ich die Klein« lassen, Läßt sie Gott und Tugend nicht!"" Wiederhall zog durch die Gassen, Chorgesang bei Fackellicht Scholl: „Von Gott will ich nicht lassen, Gott verläßt die Seinen nicht!
Page 370 - Oft klag' ich am Grabe leise Ihr, der Guten, meine Noch." I- 24. „Bald ein Jahr — um Weihnacht deckte Noch der Sarg die Mutter nicht. 0! am Christtagmorgen weckte Mich ein buntes, Helles Licht." „Fern scholl Orgelklang und Mette, Und, behängt mit Müh' und Tuch, Stand ein Tannenbaum am Bette, Der vergüldte Aepfel trug.
Page 370 - Müh' und Tuch, Stand ein Tannenbaum am Bette, Der vergüld'te Aepfel trug, „Iezt — das Bett ist mir genommen, Das der Mutter sauer ward; — Lüg' ich bei der lieben Frommen, Tief, o tief im Sand verscharrt! „Denn ich bin bei bösen Leuten, Unter harten Menschen nun, Die stets zanken, lästern, streiten, — Und ich will ja Alles thun; „Gern im Felde und im Garten Graben, bis die Sonne sinkt; Gern die kleinen Kinder warten; Gern gehorchen, wenn man winkt!

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