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Salzsäule vor uns haben, welche Josephus Flavius mit eigenen Augen gesehen zu haben versichert und welche auch von seinem Zeitgenossen Clemens von Rom, sowie von Irenäus, der im 2. Jahrhundert blühte, erwähnt wird. Doch sollen sich in der Umgegend von Sodom noch mehrere ähnliche Salzkegel vorfinden. Die Verwandlung der zögernden und zweifelnden Frau des Lot geschah wohl nicht nach Art einer Ovidischen Metamorphose; höchst wahrscheinlich ereilte sie, wie der gelehrte Aben Esra glaubt, die Strafe in der Weise, daß sie von dem aufsteigenden Schwefeldunste erstickt und ihr Leib von Salz incrustirt ward. Weniger mit dem Bericht der Genesis im Einklang steht die von Dr. Sepp ausgesprochene Vermuthung, Lot's Frau, die sich verspätet hatte, sei von den einstürzenden Bergtrümmern zermalmt worden, und als Lot sich umsah, habe er an ihrer Stelle einen Salzblock erblickt, unter dem sie begraben war.

Noch haben wir schließlich auf eine vielfach bezweifelte und doch wahre Thatsache hinzuweisen, die zu dem göttlichen Strafgericht über Sodom und die Pentapolis der Siddimebene in Beziehung steht. Wir meinen das gleichfalls schon von Tacitus und Josephus Flavius geschilderte trügerische Aussehen der ungenießbaren Sodomsfrüchte. Auch hiefür gibt Lynch einen merkwürdigen Beleg. Einige Araber, erzählt er, brachten eine Art Melone mit, die sie auf der nördlichen Landzunge von Usdum oder Sodom gefunden hatten. Sie war länglichrund, geribbt, von dunkelgrüner Farbe, einer Cantalupe (Nezmelone) ähnlich. Als wir sie aufgeschnitten hatten, fanden wir an dem Fleische und den Kernen dieselbe Aehnlichkeit, von Geschmack war sie aber außerordentlich bitter. Ein Mundvoll Chinin hätte nicht widriger schmecken oder länger und stärker in dem sich das gegen sträubenden Gaumen bleiben können. (Dr. Meißner 190.) Josephus Flavius sah im sodomitischen Land Früchte, quae specie quidem et colore edulibus similes sunt, manibus autem decerptae in favillam et cinerem resolvuntur, die an Gestalt und Farbe den eßbaren ähnlich waren, sobald man sie aber mit den Händen pflückte, in Asche und Staub zerfielen. Es sind dies die sogenannten Sodomsäpfel, deren Existenz man lange in Frage stellte, bis man in neuester Zeit auch in dieser Beziehung durch gründliche Forschung von der Richtigkeit jener Beschreibung sich überzeugte. Man ist jetzt fast allgemein der Ansicht, daß die fraglichen Sodomsäpfel identisch sind mit den Früchten des Descherbaumes (asclepias gigantea vel procera). Dieser namentlich bei Engaddi am todten Meer sich findende Baum hat apfelsinenartige, zu drei bis vier gruppirte

Früchte, im reifen Zustand von gelblicher Farbe. Schön und lockend für das Auge, fühlen sie sich weich an; wenn man aber sie drückt, so zerplazen sie, und nur die Feßen einer dünnen Schale bleiben in der Hand. In der That, sagt Tobler in seiner Beschreibung weiter, ist die Frucht hauptsächlich wie eine Blase mit Luft gefüllt. Innen in der Mitte zeigt sich eine kleine, vom Stiel aus durchlaufende, durch Fäden mit der Schale verbundene Hülse mit einer kleinen Menge zarter Seide und mit Samenkörnern. (Topogr. II 915.) Die aufgesprungene Kapsel wird, nach Dr. Zschokke's Beobachtung, schnell von Baumwanzen und anderen kleinen rothen Käfern bevölkert, was vielleicht zur Sage Veranlassung gegeben, daß die Sodomsäpfel eine Frucht seien voll Würmer und Ungeziefer.

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Wenn ich aus eigener Anschauung und auf Grund glaubwürdiger Zeugnisse der Wissenschaft in Obigem ein wahrheitsgetreues Bild der jetzigen Beschaffenheit des todten Meeres und der sodomitischen Gegend, wenn auch nur in allgemeinen Umrissen, zu zeichnen versucht habe: so bin ich doch weit entfernt, auch nur ein Tüpfelchen von dem, was die heilige Schrift über die Vertilgung der sündhaften Städte berichtet, in Zweifel zu ziehen oder gar in Abrede stellen zu wollen. Ich bin vielmehr der festen Ueberzeugung, daß durch gewissenhaftes Fernhalten von Uebertreibungen und fabelhaften Ausmalungen die biblische Wahrheit eher befestigt als erschüttert wird. Die Bestrafung Sodoms und seiner Mitschuldigen dieses furchtbare Gottesgericht bedarf keiner weitern Zuthat von Seiten der Menschen; die Sache ist an und für sich schon ernst genug. Heilsamer wäre es, wenn die in sündhafte Lüste immer tiefer versinkende Gegenwart bisweilen das 19. Capitel der Genesis beherzigen und in dem Spiegel des todten Meeres den Abscheu des allheiligen Gottes vor jeder Unzucht betrachten möchte. Es wird wohl Niemand läugnen können, daß die Unsittlichkeit und das öffentliche Sittenverderbniß weit um sich gegriffen hat in unserer Zeit. Das unlautere Wesen dringt wie feines Gift in das Mark der Menschheit; Sittsamkeit und Keuschheit wird für eine Schwachheit gehalten; Genußsucht und Ausschweifung drohen die schönsten Blüthen des christlichen Lebens zu ersticken. Es gibt Städte in Europa, die an Lüderlichkeit jenen alttesta= mentlichen Städten nicht nachstehen; es gibt Christen, über deren Sünden selbst die besseren Heiden erröthen würden. Es

kann nicht fehlen, daß, wenn die Entsittlichung der Nationen noch weiter fortschreitet, die Menschheit schweren Katastrophen entgegengeht. Der Herr wird zu Gericht sizen über die Völker und sie lehren, daß ein heiliger und gerechter Gott im Himmel thront, in dessen Auge die Unzucht ein Gräuel ist. „Sodom, deine Schwester", spricht der Herr durch den Propheten Ezechiel 16, 18, hat zugleich mit ihren Töchtern nicht gethan was du (o Jerusalem) und deine Töchter gethan habt." Hoffart, Schwelgerei, Müßggang und gefühllose Härte gegen Arme und Hilfsbedürftige haben Sodom und ihre Töchterstädte lasterhaft ge= macht, und ich habe sie, sobald ich es sah, ausgetilgt. Aber du . . . .“ Jerusalem, Jerusalem, convertere ad Dominum Deum tuum!

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13. Der lezte Act der jüdischen Nationaltragödie.

Auf der Westseite des todten Meeres, gegenüber der erwähnten Halbinsel, liegt ein gegen 1200 Fuß hoher, isolirter Felsberg, dessen Gipfel mit Ruinen gekrönt ist. Der Name dieses merkwürdigen, sehr schwer zu ersteigenden Kegels heißt jetzt bei den Arabern Sebbeh; durch die Beobachtungen und Untersuchungen von Robinson und Lynch ist außer allen Zweifel gestellt, daß auf dieser schwindelerregenden Höhe die alte und berühmte Festung Masada lag, in welcher der lezte Act des grauenvollen jüdischen Nationaldrama's vor sich ging. Schon der Makkabäer Jonathan hatte diesen Ort befestigt; Herodes der Große aber ließ auf demselben so umfassende Vertheidigungswerke anlegen, daß dieser Waffenplag für unüberwindlich gehalten wurde. Rings von tiefen Abgründen umgeben, lag die Festung nach des Josephus Flavius Beschreibung auf einem hohen Felsen von sehr bedeutendem Umfang. Nur zwei in den Felsen gehauene Pfade machten das Aufsteigen möglich. Der eine, minder schwierige Weg befand sich an dem westlichen Abhang; der andere aber, wegen seiner im Zickzack angelegten Krümmungen auch der Schlangenpfad genannt, führte über die östlichen Vorsprünge herauf und war äußerst schwierig und gefährlich. Der abgeflachte Gipfel des Berges war mit einer fieben Stadien im Umfang messenden Mauer umzogen; im Nothfalle konnte diese Ebene angebaut werden und dadurch war

einer durch lange Belagerung etwa entstehenden Hungersnoth vorgebeugt. Ueberdies hatte Herodes in dieser Zwingburg einen solchen Vorrath von Waffen und Proviant aufhäufen lassen, daß zehntausend Mann auf viele Jahre damit ausreichten. So war Masada zu einem der festesten Puncte des jüdischen Landes durch Natur und Kunst geschaffen worden. Noch ehe Titus die Hauptstadt Jerusalem einschloß, hatten sich die berüchtigten Sicarier oder Räuber dieser Festung bemächtigt. Als Jerusalem gefallen und der Tempel in Flammen aufgegangen, richteten die Römer ihr Augenmerk auf die noch unbezwungenen Räuberburgen Herodium, Machärus und Masada. In Folge ihrer natürlichen Festigkeit hielt sich die lezte am längsten. Endlich gelang es dem römischen Procurator Flavius Silva durch die Aufwerfung von Belagerungswerken, wie nur das kriegsgeübte römische Heer sie zu errichten im Stande war, von den benachbarten Höhen aus die Festung dermaßen zu bedrängen, daß die eingeschlossenen Vertheidiger an ihrer Rettung verzweifelten. Unter Anderm hatte Silva einen außerordentlich hohen Thurm aus Holz bauen und mit Eisen beschlagen lassen. Von der Höhe dieses Thurmes aus vertrieben die römischen Soldaten vermittelst ihrer Wurfgeschosse die Vertheidiger von der Festungsmauer, damit die römischen Mauerbrecher ungestört ihre Arbeit fortseßen konnten. Um die Kraft der Stöße zu schwächen, bauten die Belagerten eine zweite Mauer und füllten den Zwischenraum mit Erde und Querbalken aus. Aber auch diese äußerste Anstrengung erwies sich gegenüber von den römischen Belagerungsmaschinen als erfolglos. Von Wuth und Verzweiflung getrieben, faßten die Sicarier auf den Rath ihres Anführers Eleazar zuletzt den Entschluß, ihr Leben durch Selbstmord zu enden. Zehn Männer wurden erwählt, den Act der Todesweihe zu vollziehen und alle Uebrigen zu ermorden. Aber auch diese wollten nach der Beendigung ihrer blutigen Arbeit den Tod der Ihrigen nicht überleben. Nachdem einer aus ihnen die neun anderen getödtet, steckte er die königliche Burg in Brand, stieß sich selbst das Schwert durch die Brust und sank lautlos auf den gräßlichen Leichenhaufen. Neunhundert und sechzig Personen, mit Inbegriff von Weibern und Kindern, hatten durch freiwilligen Entschluß mit ihrem Blute die Felsen von Masada geröthet. Nur zwei Frauen und fünf Knaben hatten sich dem gräßlichen Tode dadurch entzogen, daß sie sich in einer unterirdischen Cisterne versteckt hielten. Der Ruf des jüdischen Volkes: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! hatte in diesem lezten Acte der jammervollen Tragödie eine entsetzliche Erfüllung gefunden.

Die amerikanische Expedition unter Lynch fand die Oertlichkeit von Masada gerade so, wie Josephus sie beschrieben hatte. Ueber steile und höckerige Klippen, deren senkrechte Seiten gleich den Felsen von Gibraltar emporstarren, krochen sie auf Händen und Füßen die steile Höhe hinan. Der von Josephus erwähnte Schlangenpfad ist so schmal und durch hervortretende Felsenspizen unterbrochen, daß man nur je einen Fuß einsehen. konnte. Wehe dem, der hier ausgleiten sollte! Ein sicherer Tod würde ihn ereilen, denn zu beiden Seiten liegt ein ungeheuer tiefer und steiler Abgrund. Durch ein im Spizbogenstyl gebautes, aus mächtigen Quadern aufgeführtes Thor betraten die Forscher das mit Trümmern besäete Felsplateau, auf dem jezt nur Distelgestrüpp und üppiges Unkraut gedeiht. In der südwestlichen Ecke des Felsens fanden sie ein großes Gewölbe, das mit Stuffaturarbeit geschmückt war, eine Galerie und eine Treppe von 40 Stufen hatte und durch zwei Fenster an der südlichen Vorderseite sein Licht empfing. Dieses große Zimmer war mit Kieselsteinen ausgelegt und so glatt und rein, als wäre es eben erst vollendet worden. Etwa hundert Fuß vom nördlichen Gipfel entfernt, sahen sie die Ruinen eines runden Thurmes, und vierzig bis fünfzig Fuß tiefer auf einem andern Felsenvorsprung die Grundmauern eines viereckigen geschlossenen Raumes. Ferner fanden sich noch Ueberreste von Mauern mit kreisrunden Nischen, aus würfelförmigen Quadern erbaut, gewölbte Thorwege und verzierte Fenster, die theilweise einen eingeschlossenen Raum umgaben, der ehedem vielleicht den Schloßhof oder das Viereck der Herodesburg bildete, der aber jezt mit Schutt, Marmorbruchstücken, Mosaik und Scherben angefüllt war. Herodes hatte um den ganzen Gipfel des Felsen eine zwölf Ellen hohe und acht Ellen breite Mauer in einem Umkreise von sieben Stadien aufführen und überdies 37 Thürme, deren jeder 100 Fuß hoch war, errichten lassen. Die Grund- . Lage und der untere Theil dieser Mauer ist an dem Ostrande des Felsen noch sichtbar. Die Officiere lösten einige Steine von dem Felsen ab und beobachteten, wie dieselben mit unglaublicher Schnelligkeit über die 1200 Fuß hohe Wand hinab in die Tiefe rollten. Ein oben bogenförmiges Fenster, das die Amerikaner für den Theil einer Kapelle hielten, ging auf das Meer hinaus. Von hier konnte man das Meer in seiner ganzen Länge, vom Nordstrand bis zur Südküste überschauen. Die Gestalt der Halbinsel lag deutlich wie ein ausgebreiteter Flügel vor ihnen. Am Fuße der Felsen von Masada konnte die Richtung des Walles, den Silva rings um die Festung hatte ziehen lassen, um

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