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einer Veränderung und eines Wechsels, sondern eines stehenden oder bleibenden Verhältnisses.

Anmerkung. Wenn wir das Aeußere im Raum uns ganz ohne alles Innere vorstellen, so sagt es uns immer nur ein Dasein außer uns aus, welches so tßt, wie es ́ ist und welches gegen alle Veränderung gleichgültig ist. Sezen wir zu dem einen im Raume Wahrgenommenen noch ein anderes im Raume Wahrgenommenes hinzu und beziehn wir es äußerlich oder im Raume auf ienes, so ist es neben demselben im Raume, aber ebenfalls gegen alle, Veränderung gleichgültig. Diese Gleichgültigkeit gegen, alle Veränderung in dem Aeußerlichen oder Körperlichen hat man in der Physik die Trägheit der Körper genannt.

7. Ju jener Beziehung des Inhalts der innern Wahrnehmung auf die zeitlichen Verhältnisse und des Inhalts der äußern Wahrnehmung auf die räumlichen Verhältnisse liegt die allgemeine Verschiedenheit des Inhalts in beiden Arten der Wahrnehmung. In ihrer Besonderheit drückt aber die Empfindung immer zugleich ein Leiden und ein Thun aus (II, 4.), so jedoch, daß: Leiden und Thun ganz anders in der innern, als in der äußern Wahrnehmung gefaßt werden. In der ins nern Wahrnehmung wird das Leiden in dem Nichts Ich: und das Thun in dem Ich gesekt, dagegen in der außern Wahrnehmung das Leiden in dem Ich und das Thun in dem Nicht Jch (II, 8.). In dem Inhalte der. außern Wahrnehmung wird also das als Leiden geseßt, was in dem Inhalte der innern Wahrnehmung als Thun gilt und in jenem das als Thun, was in diesem als Leiden. Daher muß auch der Inhalt der äußern

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Wahrnehmung gerade das Gegentheil von dem auss drücken, was der Inhalt der innern Wahrnehmung ausdrückt und umgekehrt.

8. Es wird demnach auch eine und dieselbe Eme pfindung, je nachdem sie auf das Aeußere oder auf das Innere bezogen wird, in die Wahrnehmung einen ganz verschiedenen Inhalt bringen. In der äußern Wahrs nehmung wird ein Thun des Aeußern als das bejahte Sein, welches wahrgenommen wird, ausgedrückt; dies ses Thun aber erscheint im Raume, also als gleichgüls tig gegen die Veränderung; als solches nennen wir es einen Zustand. In der innern Wahrnehmung wird ein Thun des Innern als das bejahte Sein, welches wahrgenommen wird, ausgedrückt; dieses Thun erscheint aber in der Zeit und also als sich dem Uebergehn in ein Anderes zuneigend, als solches nennen wir es eine Thätigkeit,

Anmerkung. Eine und dieselbe Empfindung z. B. der Farbe giebt uns zwei ganz verschiedene Vorstellungen, nemlich in der äußern Wahrnehmung die Vorstellung des Farbigen, welche einen Zustand ausdrückt, und in der innern Wahrnehmung die Vorstellung des Schens der Farbe, welche eine Thätigkeit ausdrückt.

9. Da alle Wahrnehmungen aus dem Zusammens treffen des Reizes und der Aufmerksamkeit hervorgehn, Reiz und Aufmerksamkeit aber eines Mehr oder Minder, d. h. einer Steigerung fähig sind, so müssen sich die Wahrnehmungen auch nach einer geringern oder größern Lebhaftigkeit unterscheiden oder sie müssen uns

tereinander Gradunterschiede zulassen, die in einans der übergehn und keine strenge Sonderung verstatten.

10. Dagegen findet zwischen dem Inhalte der åus ßern und dem der innern Wahrnehmung eine strenge Sonderung, die durch keinen Uebergang vermittelt werden kann, statt und diese giebt uns zwischen beiden einen Unterschied der Art (specifischen Unterschied). Sor weit können wir von unserm Standpunkte aus den Ins halt der Wahrnehmung verfolgen; da aber die Befon: derheit der Wahrnehmung von der Beschränkung, in welcher sich die Vernunft findet, abhängt und die Bez schränkung der Bernunft nicht wesentlich ist, so läßt sich auch nichts weiter aus dem Wesen er Vernunft über den Inhalt der Wahrnehmung hier ableiten.

Fünftes Kapitel.

Von dem Gegenstande der äußern und bem der innern Wahrnehmung.

1. Die äußere und die innere Wahrnehmung sind sowohl ihrer Form, als ihrem Inhalte nach von einans der gänzlich unterschieden. Dasjenige also, was als ihr Gegenstand erscheint oder als das Sein, welches in ihnen dargestellt wird, muß sich auch ganz verschieden zeigen.

2. Der Gegenstand der innern Wahrnehmung ist das Ich oder die im Denken sich entwickelnde Vernunft; er ist ein rein zeitliches Nacheinander des Denkens. Wir nennen ihn den Geist.

3. Der Gegenstand der äußern Wahrnehmung ist. das, welches das Denken erregt; er zeigt sich als ein räumliches Nebeneinander, welches in einem Zustande ist, der uns zum Denken erregt. Wir nennen ihn den Körper.

4. Es frägt sich, ob Körper und Geist ein gånz lich (absolut) verschiedenes und entgegengesettes Sein bezeichnen, oder ob die verschiedene Erscheinung beider nur von der verschiedenen Art herrührt, in welcher fie uns, der Körper durch die äußere, der Geist durch die innere Wahrnehmung, zur Erkenntniß kommen.

5. In Beziehung auf unsere Wahrnehmung sind uns Aeußeres und Körper und eben so Inneres und Geist gleichbedeutende Ausdrücke, Die Empfindung aber, als Grundlage aller unserer Wahrnehmungen, können wir nur ableiten aus wechselseitigem Thun und Leiden des Innern und des Aeußern; es muß also ein Zusammenthun und Zusammenleiden des Körpers und des Geistes oder eine Gemeinschaft zwischen Körs per und Geist möglich und uns wirklich gegeben sein.

Anmerkung. Oft nimmt man die Wörter Körper øder Leib in dem Sinne, um damit die Erscheinung eines Dinges zu bezeichnen, wogegen man denn die Wörter Geist oder Seele dazu gebraucht, das der Erscheinung zum Grunde Liegende anzudeuten. Dieser Sprachgebrauch ist aber verwirrend; ursprünglich soll der Ausdruck Körper die raumliche Erscheinung, das nach drei Dimensionen Meßbare, der Ausdruck Geißt aber das Denkende als Erscheinung in der Zeit anzeigen. Das Zeitliche ist ebensowohl Erschetnung, wie das Räumliche, nicht aber das der Erscheinung zum Grunde liegende.

6. Sollten nun Körper und Geist sich durchaus oder absolut entgegengeseßt sein, so würde die Schwies rigkeit daraus entstehn, daß nicht einzusehn wäre, wie durchaus Entgegengesehte mit einander Gemeinschaft haben Edunten. Durchaus entgegengeseßt heißt unter keiner Bedingung vereinbar; unter Dingen aber, die: unter keiner Bedingung vereinbar sind, läßt sich auch keine Vereinigung zu irgend einem Producte oder keine Gemeinschaft denken.

Anmerkung 1. Was nicht im Raume ist, kann nicht im Raume thun øder leiden, und was nur im Raume ist, kann auch nur im Raume thun øder leiden, würden zwek unumsidßliche Säße sein und entweder zum Materialismus oder Idealismus führen oder die Unmöglichkeit zeigen, daß eine Gemeinschaft zwischen Geist und Körper sein könne, wenn das räumliche Sein dem geistigen Sein geradezu entgegengeseht wäre. Die Art, wie man den Gegensaß zwischen Körper und Geist zu einem absoluten zu machen suchte, ist immer sehr unlogisch gewesen. Wenn man den Körper als das Materielle, den Geist als das Immaterielle fich dachte, so gab dies nur einen verneinenden Gegensatz, der seine weitere Bestimmung noch aus den Begriffen des Immateriellen und Materiellen erwartete. Wenn man ferner den Körper als das ausgedehnte und den Geißt als das denkende Ding erklärte (seit Cartesius), so ist auch dieser Gegensah nicht richtig gefaßt, denn der Körper wird darnach nur durch einen Zustand (der Erfüllung eines Ortes) bezeichnet, der Geißt aber durch eine Thätigkeit (vergl. IV, 8.); sollte dieser Gegensah nun richtig sein, so müßte man sagen, der Körper båtte gar keine Thätigkeiten, sondern nur Zustände (wozu auch wirklich die Occasionalisten ka

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